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14.Juni 2004

Arbeitsmarkt: Kommunen machen Druck

Klarheit bis zur Sommerpause gefordert - Präsident Hundt warnt vor "kapitalem Fehler"

Berlin. (AP/dpa) Die Kommunen wollen bis zur parlamentarischen Sommerpause Anfang Juli Klarheit über die Reform von Arbeitslosen und Sozialhilfe. Sonst könne das Projekt nicht zum 1. Januar 2005 umgesetzt werden mahnten der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund am Wochenende.

Neben dem Streit ums Geld gibt es auch verfassungsrechtliche Bedenken bei den geplanten Arbeitsgemeinschaften aus Sozial- und Arbeitsämtern. Die Arbeitgeber halten das ganze Vorhaben für "einen kapitalen Fehler".

Die Arbeitsagenturen wären mit der neuen Klientel "völlig überfordert", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Die Mithilfe der Kommunen bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen reiche nicht aus. Hundt rügte das Modell als "grundsätzlich falsche Weichenstellung".

Die Geschäftsführer von Städtetag und Städte- und Gemeindebund, Stephan Articus und Gerd Landsberg, riefen den Vermittlungsausschuss zu einer raschen Einigung auf. Dabei müsse den Kommunen die versprochene finanzielle Entlastung von 2,5 Milliarden Euro unbedingt garantiert werden. Sie erinnerten an die Verabredungen mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, der eine sofortige Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten Langzeitarbeitsloser sowie eine Revisionsklausel zugesichert habe, wonach die Mehrbelastungen der Kommunen durch nachträgliche Zahlungen ausgeglichen werden könnten. Die bisher angebotenen 1,8 Milliarden Euro reichten bei weitem nicht aus, tatsächlich drohten Belastungen von mehr als 4,8 Milliarden.

Die Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialämtern zu Arbeitsgemeinschaften verstößt derweil womöglich gegen das Grundgesetz. Das geht aus einem Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, einer Dachorganisation von Städten, Gemeinden und Wohlfahrts verbänden, hervor. Dessen Juristen haben schwere Bedenken und fürchten eine unerlaubte "Ver- mischung der Verwaltungszuständigkeiten", weil die Sozialämter den Ländern, die Arbeitsagenturen aber dem Bund unterstehen.

Wie ein Hamburger Nachrichtenmagazin indessen berichtet, habe der Bundesrechnungshof die Vermittlungsgutscheine, mit der Arbeitslose private Stellenvermittler einschalten können, als "wenig erfolgreich" und "in hohem Maße missbrauchsanfällig" gerügt. Von den zwischen März 2002 und Juni 2003 ausgegebenen 400000 Scheinen seien nur 33000 eingelöst worden. Dabei seien Problemgruppen nicht erreicht und die Eingestellten oft nach einem Monat wieder arbeitslos geworden.