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Straubinger, Landshuter, 24.Mai 2004

AUGENWISCHEREI
VON TORSTEN HENKE

Bürgerversicherung - klingt das nicht herzerwärmend nach sozialer Kuschelecke? Privilegien von Beamten und Selbstständigen fallen weg, das freut den "kleinen Mann", hoffen SPD und Grüne. Eigentlich wollten die Sozialdemokraten einen Systemwechsel im Gesundheitswesen sorgfältig vorbereiten. Sie scheinen es sich anders überlegt zu haben. Dafür spricht sowohl, dass SPD-Chef Franz Müntefering jetzt angesichts des fortwährenden Stimmungstiefs aufs Tempo drückt, als auch die Besetzung der Spitze der zuständigen Arbeitsgruppe. Die Parteilinke Andrea Nahles hat bislang nicht mit nennenswerten gesundheitspolitischen Beiträgen auf sich aufmerksam gemacht.

Was man bisher aus Nahles Team hört, ist unausgegoren. So sollen private Versicherer in das Modell einbezogen werden. Wie das? Sollen sie etwa zu einfachen Krankenkassen degradiert werden? Die strukturellen Probleme ,werden so nicht gelöst. Den von der SPD angestrebten "echten Wettbewerb zwischen den beiden Systemen" wird es auf diesem Weg nicht geben. Die Bürgerversicherung ist auch nicht sozialer. Die Ausweitung der Umlagefinanzierung wird das Problem der Generationengerechtigkeit vielmehr verschärfen.

Außerdem vernachlässigen die Befürworter der Bürgerversicherung, dass Privatversicherte einen überproportional hohen Anteil an den Lasten im Gesundheitswesen tragen. Wer also meint, mit der Bürgerversicherung könnten die Beiträge gesenkt werden, irrt. Beamte und Selbstständige würden zudem nicht nur einzahlen, sondern auch Ansprüche erwerben. Auch die Finanzen der Bürgerversicherung wären wie die der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung von der demographischen und von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Darum ist zu hoffen, dass Wirtschaftsminister Wolfgang Clement mit seiner Kritik Gehör findet.

R.Kiehl: Die Umgestaltung der jetzigen Versicherung in eine Art Bürgerversicherung, mit Erhöhung der Versicherungsgrenzen, Bonus-Systemen für eine gesunde Lebensführung, etc., ist das einzig richtige Mittel, um unseren Sozialstaat – nicht den Wohlfahrtstaat - weiterzuführen: eine Kopfpauschalenregelung der beste Weg, um diesen abzuschaffen und unser bewährtes "System" auf den Kopf zu stellen. Das Problem der sogenannten Generationengerechtigkeit" ist von den Jungen verursacht, für diese sind ein Haus, ein Auto, ... also Wohlstand jetzt, wichtiger als Kinder in die Welt zu setzen und damit den Generationvertrag zu erfüllen.