Straubinger, 11.Febr2005

Bayern lehnt Abschluß im öffentlichen Dienst ab

Auch klare Mehrzahl der Bundesländer will die Tarifvereinbarung nicht übernehmen
Möllring: "Nicht finanzierbar" - ver.di-Chef Bsirske gegen längere Arbeitszeiten

München/Berlin. (dpa/AP) Die Staatsregierung wird den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst für Bayern nicht übernehmen. Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) nannte die Vereinbarung von Bund, Gewerkschaft ver.di und Kommunen am Donnerstag zu teuer. Für Bayern würde dies nach ersten Schätzungen eine Steigerung der Personalkosten von zwei Prozent bedeuten, sagte Faltlhauser. Der neue bayerische Städtetagspräsident Hans Schaidinger (CSU) kritisierte die Arbeitszeitregelung als "unbefriedigend".

Schaidinger bedauerte, dass die Gewerkschaft ver.di längere Arbeitszeiten ablehnte. Der Regensburger Oberbürgermeister begrüßte jedoch, dass die Angestellten des öffentlichen Dienstes künftig nach Leistung bezahlt werden sollen.

Die Beschäftigten des Bundes arbeiten nach der Potsdamer Einigung vom Mittwoch künftig im Osten und im Westen einheitlich 39 Stunden pro Woche. Die kommunalen Beschäftigten werden im Westen 38,5 Stunden arbeiten. "Die Regelungen zur Arbeitszeit sind höchst unbefriedigend", sagte dazu auch Faltlhauser. Im Westen werde die Arbeitszeit nur um eine lächerliche halbe Stunde angehoben. "Das sind sechs Minuten pro Tag. Welch eine Jahrhundertreform", spottete der Finanzminister.

CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Hermann betonte: "Wir in Bayern halten auf jeden Fall an der 42-Stunden-Woche fest." Herrmann übte Kritik an den Kommunen. Diese klagten oft lautstark über ihre finanzielle Lage, hätten aber nicht einmal eine halbe Stunde Mehrarbeit durchsetzen können.

Auch eine klare Mehrzahl der Länder lehnt den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst als zu teuer und nicht übertragbar ab. Nach einer dpa-Umfrage sehen lediglich Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz in dem Abschluss eine gute bis akzeptable Grundlage für Verhandlungen.

Der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), sagte, der Abschluss sei für die Länder nicht finanzierbar. Die Bundesländer mit ihren 900000 Beschäftigten waren im Vorjahr aus den Tarifgesprächen ausgeschert.

Dagegen sieht NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) in dem Kompromiss vernünftige und interessante Aspekte. Auch für Schleswig-Holsteins Finanzminister Ralf Stegner (SPD) ist die Einigung eine gute Basis für Verhandlungen. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Gernot Mittler (SPD) meinte, es gebe eine Reihe akzeptabler Elemente.

Der für den Osten zuständige Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) begrüßte den Abschluss. "Damit sind wir dem Ziel, die Lebensverhältnisse in Ost und West weiter anzugleichen, einen großen Schritt näher gekommen." Die Union kritisierte das Potsdamer Ergebnis als unzureichend. Die Einigung sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, die Arbeitszeitregelungen angesichts der prekären Finanzlage der Kommunen aber problematisch, erklärten CDU Chefin Angela Merkel und CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Auch der FDP-Innenexperte Max Stadler hält die Arbeitszeitregelung für die Länder für nicht akzeptabel.

Ver.di-Chef Frank Bsirske lehnte unterdessen die Forderung aus den Ländern nach längeren Arbeitszeiten ab. "Dieser Weg ist falsch", sagte er. Das sei nicht die Reform, "für die jetzt die Weichen gestellt worden sind bei den Kommunen und dem Bund". Ver.di-Vorstandsmitglied Kurt Martin hatte angekündigt, notfalls werde es Streiks geben, wenn die Länder dem Abkommen nach einer Frist nicht beitreten.

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