Straubinger, 10.03.06
"In der Vorbesprechung haben sie zugestimmt"
Bürgermeister nahm Stellung zu Aussagen der Fraktionssprecher - Drohung "nie gefallen"

Furth im Wald. (t1) Es gibt drei Wahrheiten: Meine Wahrheit, deine Wahrheit und die Wahrheit. - Dieses alte chinesische Sprichwort passt in diesen Tagen zu Furth im Wald. Grund: Die Auseinandersetzung zwischen dem Bürgermeister und dem Stadtrat, die genau vor einer Woche an die Öffentlichkeit getragen wurde - und deren Folgen.

In einer Stellungnahme hatte Bürgermeister Johannes Müller "vielen" Stadträten mangelnde Kooperationsbereitschaft vorgeworfen, sogar unterstellt, manche wurden nur darauf warten, ihm "eine reinwürgen zu können". Darauf reagierten am Montag die Stadtratsfraktionssprecher, indem sie die Vorwürfe zurückwiesen. Zudem kreidete SPD-Sprecher Bernhardt dem Bürgermeister an, er habe gedroht, an die Öffentlichkeit zu gehen, "wenn ihr nicht spurt". Das bestritt der Bürgermeister gestern in einem Pressegespräch vehement und lieferte gar seinen Geschäftsführenden Beamten als Zeugen. Franz Thurner versicherte: "Dieser Ausdruck ist nie gefallen."

Verkauf bereits 2002 beschlossen Doch dem noch nicht genug. Bürgermeister Johannes Müller hatte in einem Pressegespräch vor einer Woche geäußert, dass er im Vorfeld zur nichtöffentlichen Stadtratssitzung am 23. Februar, in der auch der Verkauf von städtischen Gebäuden auf der Tagesordnung stand, die Fraktionsführer zu einer Vorbesprechung geladen hatte. Dabei erläuterte er ihnen seine Pläne. Wie Thurner gestern wissen ließ, hatte der Stadtrat bereits am 12. November 2002 beschlossen, zur Konsolidierung der städtischen Finanzen neben anderen Maßnahmen auch städtische Wohnungsbestände zu veräußern. Es wurde die Verwaltung beauftragt, mit möglichen Investoren konkrete Verhandlungen aufzunehmen. "Damals ist keine öffentliche Ausschreibung gefordert worden", gab Müller gestern zu bedenken. Nach Informationen der Chamer Zeitung/Further Chronik lag die gewünschte Summe bei 1,9 Millionen Euro.

Doch aus dem Verkauf der Wohnungen wurde nichts; die Bemühungen blieben erfolglos, obwohl mit diesem Erlös offensichtlich fest gerechnet wurde. Nun zeichnete sich jedoch ein Interessent ab. Nachdem auch ein Angebot vorlag, wollte Müller diese Sache, die sein Interims Vorgänger Michael Mühlbauer mit vorbereitet habe, zum Abschluss bringen.

"Das ist rechtlich abgesichert" Dabei sei die gebotene Summe (sie liegt sehr weit unter den 1,9 Millionen Euro) von der Kommunalaufsicht des Landratsamtes Cham geprüft worden. "Das ist rechtlich abgesichert worden. Wir bekamen eine positive Stellungnahme", betonte gestern Franz Thurner.

Im Pressegespräch der Fraktionssprecher am Montagnachmittag hatte Siegfried Ehrnböck für die Freien Wähler bestätigt, dass er bei der Vorbesprechung der Fraktionen mit Bürgermeister Müller dem Vorschlag der Stadt zugestimmt hatte. Ähnlich Hans Ziesler, der jedoch einräumte, dass sich sein anfängliches "Ja" im Gespräch mit seiner Fraktion zu einem "Nein" drehte, bei dem es dann in der nichtöffentlichen Stadtratssitzung auch blieb. Anders dagegen Hans-Jürgen Bernhardt. Während Müller am Freitag von einer einheitlichen Zustimmung aller Fraktionsführer sprach, betonte der SPD-Sprecher am Montag, er habe nicht zugestimmt, da ihm der Preis zu niedrig erschien.

Das wies Müller gestern wiederum entschieden zurück: "Das ist definitiv falsch! Ich habe eindeutig die Frage gestellt: Stimmen alle zu, sind alle einverstanden. Und das war so. In der Fraktionsführervorbesprechung haben sie zugestimmt." Schützenhilfe bekommt der Bürgermeister dabei von seinem Geschäftsführenden Beamten Franz Thurner, der wie Franz Würz diesem Gespräch beiwohnte und Müller beipflichtete. "Der Not gehorchend stimmen wir zu, hieß es", fügte Thurner an.

Stadtrat-Forderung abgelehnt" Meine Stellungnahme (die in der Samstagsausgabe, Anmerkung der Redaktion) entspricht der Wahrheit", betonte Bürgermeister Müller am Donnerstag noch einmal. Falsch sei hingegen, wenn von den Fraktionssprechern versucht werde, die von ihm geäußerte Kritik auf die besagte nichtöffentliche Sitzung zu konzentrieren. "Diese hat mit meinen Äußerungen nur marginal zu tun. Das war vielmehr eine gesamte Bilanz der letzten beiden Monate."

Auf die Frage, ob Müller dem Antrag der Stadträte nachkommen und seine Vorwürfe wie auch den Inhalt der letzten nichtöffentlichen Sitzung in einer öffentlichen Stadtratssitzung auf die Tagesordnung setzen werde, antwortete er mit einer Gegenfrage: "Warum sollte ich ... ?" Er sieht dazu keine Veranlassung. Es will dies vielmehr intern mit den betreffenden Stadträten besprechen. "Von mir kommt dazu keine Stellungnahme mehr. Weitere Vorgehensweisen behalte ich mir aber vor."

Und er stellt auch in Frage, weiterhin die Fraktionsführervorbesprechungen beizubehalten oder nicht. Müller: "Auf Grund dieser Vorkommnisse ist es zu überlegen, ob sie zukünftig noch sinnvoll sind."

 

Dresden verkauft Wohnungsbesitz

Dresden. (dpa) Dresden verkauft als erste deutsche Stadt ihren kompletten Wohnungsbestand. Am Donnerstagabend stimmte der Stadtrat dem Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Woba mehrheitlich zu. Damit kann die Stadt auf einen Schlag ihre Schulden in Höhe von 741,4 Millionen Euro tilgen. Die US-Investorengruppe Fortress hat für die rund 48000 Wohnungen 1,7 Milliarden Euro geboten. Der Verkauf blieb bis zuletzt umstritten. Eine Bürgerinitiative legte vor der Sitzung 45 000 Unterschriften gegen den Komplettverkauf vor. Die Gegner befürchten langfristig einen gravierenden Abbau der Rechte von Mietern.

Anmerkung von R.Kiehl: ...Allerdings unter entsprechenden Klauseln für einen effektiven Mieterschutz (Mieten, etc., 10 Jahre festgeschrieben, u.a.mehr).

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