Straubinger, 7.März2006
"Uns ist gedroht worden: Wenn ihr nicht spurt..."
Stadträte über Vorwürfe des Bürgermeister sehr überrascht: "Soll Roß und Reiter nennen"

Furth im Wald. (t1) Bürgermeister contra Stadtrat, Runde zwei: Nun kontern die Bürgervertreter. Nachdem in der Samstagausgabe der Chamer Zeitung/Further Chronik Bürgermeister Johannes Müller mit überraschenden Worten die mangelnde Kooperationsbereitschaft "vieler" Stadträte kritisiert hatte ("die warten nur darauf, mir eine reinwürgen zu können"), trafen sich die Fraktionssprecher am Sonntag zu einer Besprechung. Gestern Nachmittag fand die dazugehörige Pressekonferenz im Tagungsraum des ATT statt. Das Ergebnis: Nichts ist so wie's klingt! Die Stadtväter, die sich am Wochenende einem "Spießrutenlauf" ausgesetzt sahen, können sich nicht erklären, auf was sich Müller bezieht, wollen klare Aussagen. Zweifelsohne schwerwiegend ist, was der Bürgermeister laut Hans-Jürgen Bernhardt in der letzten nichtöffentlichen Sitzung angedroht haben soll: "Uns ist in der Sitzung gesagt worden: Wenn ihr nicht spurt, gehe ich an die Öffentlichkeit!"

Dabei ging es um 15 städtische Wohnungen, die Müller zusammen mit der Verwaltung an einen Interessenten verkaufen wollte. Die Stadträte argumentierten jedoch, die Wohnungen zunächst öffentlich auszuschreiben, um einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Angeblich, so hieß es zumindest gestern, sei man einstimmig so verblieben. Doch laut des Bürgermeisters war es nicht nur diese Sitzung, auf die er seine Äußerungen in der Wochenend-Ausgabe bezog. Und somit stehen die Stadtväter vor einem kollektiven Rätsel: Wen und was hat er gemeint? Was war der Auslöser für diese Attacke?

Ziesler: Verstehe Aufregung nicht

Antworten auf diese Frage gab es auch bei der gestrigen Pressekonferenz der Stadtratsfraktionen nicht. Dafür aber Kopfschütteln und Unverständnis. "Wir verstehen die Aufregung des Bürgermeisters nicht, denn es war so, ist und sollte immer so bleiben, daß in demokratisch gewählten Gremien kontrovers diskutiert wird", meinte Hans Ziesler zu Beginn der gemeinsamen Erklärung. Nichts anderes sei geschehen. Eine derbe Wortwahl wie "eine hineingewürgt" habe es zuvor im Stadtrat nicht gegeben. "Der Bürgermeister sollte genauer erläutern, wen und was er meint, das heißt, Ross und Reiter nennen und nicht wolkig und nebulös fabulieren", forderte der CSU-Fraktionssprecher.

Bernhardt: Vorwürfe absurd

Er wollte auch nicht näher auf die jüngste nichtöffentliche Sitzung eingehen. Der Sinn solcher Sitzungen sei, die Interessen der Stadt oder einzelner Bürger zu schützen, da hier oft Zahlen und Daten genannt werden. "Weil das so ist, können und wollen wir dazu in der Sache nicht öffentlich Stellung nehmen", so Ziesler. Dennoch soll diese Sache öffentlich werden. Dies fordern die Stadtväter in einem gemeinsamen Antrag (siehe nebenstehenden Kasten).

Sichtlich bestürzt von den Aussagen des Bürgermeisters zeigte sich Hans-Jürgen Bemhardt, dienstältester Fraktionssprecher. "Ich traute meinen Augen nicht. Die Vorwürfe sind einfach absurd! " In der ersten Stadtratssitzung 2006 habe es "sowohl im öffentlichen wie auch im nichtöffentlichen Teil nur einstimmige Beschlüsse gegeben". In der Festausschusssitzung seien die Mitglieder von Beschlussvorschlägen überrascht worden, die nicht auf der Tagesordnung standen. Trotzdem habe man so gravierende Anträge wie das neue Festspiel und die Verlängerung der Festspielzeit nach Abwägung von Vor- und Nachteilen einstimmig genehmigt.

"Fair und sachlich" diskutiert

Bernhardt nahm zudem Stellung zur nichtöffentlichen Sitzung am 23. Februar. Es hätten "nicht ausreichend Informationen" vorgelegen, zudem habe man den Verkaufspreis als zu niedrig empfunden. Deshalb die Forderung nach weiteren Auskünften und eine öffentliche Ausschreibung der Wohnungen. "Diese Ausschreibung ist übrigens bis heute nicht erfolgt." Laut Bernhardt sei "fair und sachlich" diskutiert worden, wenn auch "hart". Es sei die Pflicht eines jeden Stadtrates, das Bestmögliche für die Stadt herauszuholen. "Dafür hat er einen Eid geleistet, und wenn eben nicht ausreichend Fakten am Tisch liegen, dann muß der Beschluß vertagt werden."

Als "geradezu absurd" nannte es Bernhardt auch, daß Müller unterstellt, Stadträte hätten persönliche Ressentiments und würden nicht zum Wohle der Stadt entscheiden. Die Protokolle würden dies belegen. "Dazu hängt es nicht von den Gnaden des Bürgermeisters ab, was öffentlich oder nichtöffentlich behandelt wird, sondern ist in der Gemeindeordnung klar festgelegt", betonte der SPD-Fraktionssprecher. Auch seien in der Vergangenheit Beschlüsse abgelehnt worden. "Die damaligen Bürgermeister haben dies akzeptiert und mit der neuen Beschlußlage ohne Probleme gelebt. "

Ehrnböck: einmaliger Vorgang

"Die Stadträte der Freien Wähler haben sich verwundert die Augen gerieben" - so kommentierte Siegfried Ehrnböck den Blick auf Müllers Worte in der Wochenendausgabe unserer Zeitung. "Der Bürgermeister unserer Stadt spricht den Stadträten das Mißtrauen aus. Ein wohl einmaliger Vorgang! ", stellte Ehrnböck fest. Er sieht in den Aussagen und Beschuldigungen den Stoff für eine öffentliche Hetze gegen den Stadtrat.

Was die besagte nichtöffentliche Sitzung betrifft, sei "in keinster Weise polemisiert, sondern demokratisch diskutiert" worden. Alle Stadträte hätte in ihren Redebeiträgen nur das Wohl der Stadt im Auge gehabt und nicht die Absicht, den Bürgermeister "zu beschädigen". Laut Ehrnböck sei zwei Stunden lang diskutiert, dem Bürgermeister Überzeugendes vorgebracht worden. Selbst Außenstehende hätten "keine Attacken" gegen den Bürgermeister erkennen können. Ehrnböck geht sogar soweit: "So gesehen war es eine der besten Stadtratssitzungen, die ich in meiner Zeit als Stadtrat erlebte."

"Arglistig und verwerflich"

Es hätten sich jedoch Bürgermeister und Verwaltung zunächst als nicht kompromißbereit gezeigt. Der Gegenantrag der Stadträte ging jedoch am Ende einstimmig durch. Auch Ehrnböck kritisierte gestern, daß weder Bürgermeister Müller noch die Stadtverwaltung diesen Stadtratsbeschluß bis dato umgesetzt haben. "Sollte das nicht umgehend geschehen, droht der Stadt tatsächlich ein Schaden", warnte der Sprecher der Freien Wähler.

Müllers Beschuldigungen bezeichnete er als "schlimm". Sie würden alle Stadträte treffen. Mit solchen öffentlichen Aussagen behindere Müller das Bemühen aller Bürgervertreter, zum Wohle der Stadt mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ehrnböck: "In den Augen des Bürgermeisters Müller scheint Zusammenarbeit zu bedeuten, kritiklos seine Beschlußvorschläge zu übernehmen. Eine Vorgehensweise, die kein Bürger für gut heißen kann." Als "arglistig und verwerflich" bezeichnete er es, dem Bürgern weismachen zu wollen, die Stadträte würden ihnen etwas vormachen und ihr Votum ignorieren. "Dem Wohle einer Stadt ist es sicherlich nicht dienlich, wenn ihr Bürgermeister deren kompletten Stadtrat völlig unbegründet in Mißkredit bringt", unterstrich der Freie-Wähler-Sprecher. Er sieht das Ansehen der Stadt über die Grenzen des Landkreises hinaus schwer geschädigt.

"Round-Table-Gespräche"?

Dennoch hält er am Bestreben der Freien Wähler fest, die großen kommunalpolitischen Probleme in vertrauensvoller Zusammenarbeit aller Kommunalpolitiker der Stadt zu lösen.

Michael Mandl (SPD) betonte abschließend, daß Müller mit seiner Ankündigung, mehr Sitzungen öffentlich zu machen, nur den Forderungen aller während des Wahlkampfes entspreche. Hans Ziesler kündigte noch an, daß man auch künftig mit dem Bürgermeister zum Wohle der Stadt zusammenarbeiten werde. Dennoch regte er an, Probleme bei "Round-Table-Gesprächen" zu besprechen, bevor man - wie nun geschehen - an die Öffentlichkeit tritt. "Er soll sagen, wo ihn der Schuh drückt..."

 

Leserbriefe

Kindskopf oder Charaktermensch

Zum Bericht am Samstag, 4. März, in der Chamer Zeitung/Further Chronik sind zwei Leserbriefe eingegangen. Zunächst nimmt darin der Further Stadtrat Dr.Herbert Dimpfl wie folgt Stellung: "Es war einmal ein kleiner Niels. Der beklagte sich bei seiner Mami (Presse) gar bitterlich, dass seine Spielkameraden (Stadtrat) nicht immer das spielen wollen, was er mit Gewalt will. Er wollte nämlich Spielzeug (15 städtische Häuser) verhökern, um seinen leeren Beutel (Haushalt) aufzubessern.

Seine Spielkameraden wollten aber nicht dem erstbesten Bieter alles in den Schoß legen, sondern schlugen ihm vor, sein Spielzeug erst einmal dem gesamten Kindergarten (Gesamtbevölkerung) anzubieten, dann könnte er doch mehr Taschengeld herausholen.

Dies verstand der kleine Niels und versprach, dass seine Berater (Verwaltung) eine Liste der Spielsachen im Kindergarten aushängen würden. Leider ist das bisher nicht geschehen. Im Gegenteil, der kleine Niels ist so beleidigt, dass er sich ab sofort mit seinen Problemchen nicht nur bei seiner Mami ausweinen will, sondern gleich beim gesamten Kindergarten. Von seinen Spielkameraden hat er sich abgewandt, obwohl die ihm doch helfen wollten, dass sein Beutel besser gefüllt wird. Er aber sagte seiner Mami, dass er sich in Zukunft nur noch von seinen neuen Spielkameraden (CFW) beraten lassen wolle. Was wohl der ganze Kindergarten von so einem Kindskopf hält? Es sollte zumindest niemanden verwundern, wenn die anderen Kindergärten (Landkreis) über die Asterix-Enklave köstlich lachen." Dr. Herbert Dimpfl, Furth im Wald

Anmerkung der Redaktion: Bei der Berichterstattung in unserer Samstagausgabe war mehrmals von "nichtöffentlichen Sitzungen" die Rede. Bürgermeister Müller bezog sich in seiner Stellungnahme nicht nur auf die letzte Sitzung, bei der es um den Verkauf der städtischen Wohnungen ging. Vielmehr sah er seine Äußerungen als Quintessenz auf die Vorgehensweise mehrerer Stadträte seit seiner Wahl zum Bürgermeister.

Den zweiten Leserbrief verfasste Wolfgang Beil aus Ränkam:

"Es gibt ein Sprichwort: 'In der Niederlage zeigt der Mensch seinen wahren Charakter.' Mit dem scheint es bei einigen Stadtratsmitgliedern nicht gut bestellt zu sein, wenn man den Ausführungen des Further Stadtoberhauptes Glauben schenken darf. Dabei scheinen einige Herren in diesem Gremium noch nicht begriffen zu haben, dass man mit Polemik und Hetztriaden gegen seine Mitbewerber um einen Posten keine Wahl gewinnen kann.

Hier sind vielmehr Kompetenz und Fachwissen gefragt. Dies hat der mündige Wähler zweifelsohne erkannt und hat sein eindeutiges Votum abgegeben.

Das dies einigen Herren nicht passt, war vorauszusehen und ist eigentlich auch irgendwie menschlich. Aber sich dann nach der Wahl hinzustellen und dem neu gewählten Bürgermeister ihre Loyalität sowie Mitarbeit anzubieten und hintenrum zu versuchen, ihm die Beine wegzuhauen, das zeigt dann den wahren Charakter.

Hier erhalten auch diejenigen Leserbriefschreiber und auch viele Further Bürger, wie man in vielen Gesprächen hört, neue Nahrung, wenn sie die Ablösung und die Neuwahl des Further Stadtrates fordern. Der Bürgermeister Müller soll Namen und Fakten öffentlich machen, der Wähler hat ein Recht darauf. Und er will sicher nicht, dass diese Pharisäer in einem neu gewählten Stadtrat weiterhin Politik in seinem Namen und angeblich zum Wohl der Stadt machen.

Ich wünsche dem Bürgermeister Johannes Müller eine starke Hand und daß er seine Politik zum Wohle der Stadt Furth im Walde weiterhin mit dem nötigen Elan und der dazugehörigen Fortüre vorantreibt. Seine Wähler werden es ihm danken und seine Widersacher das Nachsehen haben.

8.März2006
Leserbriefe

Sind die Tage der "Quertreiber" gezählt?

Auf die Äußerungen von Bürgermeister Müller unter dem Titel "Die warten darauf, mir eine reinzuwürgen" in der Samstagausgabe erreichte uns ein Leserbrief von Franz-Xaver Weiß. Er hat folgenden Wortlaut:

"Der Vorredner bei den Wahlversammlungen von Johannes Müller, Stadtrat Ernst Bauer, hatte schon immer ein gutes politisches Gespür, als er seinen Bürgermeisterkandidaten unterstützte. 'Jede Stadt bekommt den Bürgermeister, den sie verdient.' Dies waren seine Worte auf den Wahlveranstaltungen der CFW. Viele Further Bürgerinnen und Bürger wollten Johannes Müller und sie haben ihn auch bekommen. Sie wollten einfach ein neues Gesicht, das in Zukunft die Stadt führt.

Anscheinend können dies auch einige der Stadträte von Furth im Wald zehn Wochen nach der Wahl noch nicht verkraften. Auch wenn sie Bürgermeister Müller nach außen hin die volle Unterstützung zusichern, ist gerade das Gegenteil der Fall.

Es zeugt von Anstand und Moral unseres Bürgermeisters, wenn er diese Nestbeschmutzer namentlich nicht nennt. Normalerweise sollte er es tun, damit jeder unserer Mitmenschen weiß, wer nicht für, sondern gegen das Wohl unserer Heimatstadt Furth im Wald und seine Bewohner arbeitet. Des Weiteren finde ich es für vollkommen richtig, wenn sich der Bürgermeister für seine Angestellten im Rathaus einsetzt. Jeder Angestellte kann nur das machen, was ihm sein Chef aufträgt zu tun. Das war früher so und wird auch in Zukunft so sein.

Unseren Bürgermeister Johannes Müller kann ich nur ermutigen, seinen Weg auch weiterhin so zu gehen. Die nächsten Stadtratswahlen kommen bestimmt, und für einige dieser Quertreiber werden es garantiert die letzten sein, nochmals ins Rathaus zu kommen."  Franz-Xaver Weiß, Furth im Wald

 

"Will es jedem selbst sagen"
Müller zu Stadtratforderung - Verkauf von Häusern

Furth im Wald. (t1) Gelassen reagierte gestern Bürgermeister Johannes Müller auf die Forderung der Stadtratsfraktionen. Diese wünschen "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" eine öffentliche Stadtratssitzung, in der unter anderem eine Aussprache zu den Vorwürfen des Stadtoberhauptes gegen den Stadtrat (wir berichteten in unserer Samstagausgabe) auf der Tagesordnung steht. Er sieht diesbezüglich keine Notwendigkeit, extra eine Stadtratssitzung anzusetzen. Vielmehr werde die Forderung wohl auf eine der nächsten geplanten Sitzungen mit auf die Tagesordnung kommen. "Drache, Stausee ... es gibt derzeit viel wichtigere Dinge."

"Ross und Reiter nennen", wie es die drei Fraktionen in einer Pressekonferenz am Montagnachmittag gefordert hatten, wollte Müller gestern nicht. Er sieht auch wenig Sinn darin, dies öffentlich auszusprechen. "Ich werde meine Sache mit jedem Stadtrat, den es betrifft, unter vier Augen besprechen. Das ist der richtige Weg", meint er. Ferner glaubt Müller, dass sich die Bürger selbst ein Bild machen können. "Jeder sieht, was Sache ist."

Gleichzeitig erreichte die Chamer Zeitung/Further Chronik gestern die öffentliche Ausschreibung von mehreren städtischen Wohngebäuden, so wie es der Stadtrat in seiner Sitzung am 23. Februar in seiner nichtöffentlichen Sitzung beschlossen hatte. Ausgeschrieben sind die Gebäude Bräuhausstraße 21 und 23, Chamer Straße 10 und 12, Eschlkamer Straße 11, 13, 15 und 17, Kötztinger Straße 12 sowie Pastritzweg 24, 26, 28, 30, 38 und 40.

Verbindliche schriftliche Angebote sind bis spätestens Montag, 27. März, 10 Uhr, bei der Stadt Furth im Wald, Burgstraße 1, abzugeben. Für Fragen steht das Sachgebiet "Liegenschaften", Peter Daschner, Tel. 509-45, zur Verfügung.

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