Landshuter, Straubinger, 14.Dez 2004

Von Koschka zu "Katze" und "Krallen'
Sprachlernklasse verbessert Wortschatz und Textverständnis fremdsprachiger Schüler
Von Stephanie Paa

Cham. Geboren ist die kleine Swjeta (Name von der Redaktion geändert) in Russland, dem Land der Matrioschkas, der Zwiebeltürmchen, der bösen Hexe Baba Jaga und des Krautgerichts Borschtsch, der Samöwars, des Kreml und der kyrillischen Schrift. Mit ihren Eltern ist sie vor ein paar Jahren nach Deutschland gekommen und besucht inzwischen die zweite Klasse der Grundschule in Cham. "Im ersten Vierteljahr hat sie gar nicht gesprochen und wenn, dann hatte sie Angst, einen Fehler zu machen. Heute redet sie wie ein Wasserfall", freut sich Schaffner.

Dass man ihr beim Sprechen kaum noch ankennt, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, ist ein Verdienst der Pädagogin Isolde Schaffner. Sie leitet die" Sprachlernklasse " für ausländische Schüler, Aussiedlerkinder und Kinder mit Migrantenhintergrund an der Grundschule in Cham ein Modell, das seit dem vergangenen Schuljahr existiert. Anfang des dritten Schuljahres sollen auch die fremdsprachigen Kinder in der Lage sein, dem Unterricht genauso zu folgen, wie ihre deutschen Mitschüler.

Schwierig: Textaufgaben

Gerade in Mathematik haben viele ausländische Schüler Schwierigkeiten, wenn in der Aufgabenstellung nicht steht "15+4=?" sondern ausformulierte Aufgabenstellungen, wie etwa "Bauer Heinrich hat 15 Hühner. Von einem Händler bekommt er 4 Hühner. Wie viele Hühner hat Bauer Heinrich jetzt?", erklärt Bucher. Ebenso sei es im Heimat- und Sachkundeunterricht nötig, den fremdsprachigen Kindern zunächst den nötigen Wortschatz zu vermitteln.

So hat Swjeta schnell verstanden, dass das Tier, das ihre Mama "Koschka" nennt, auf Deutsch eine "Katze" ist und dass die "Krallen" hat. Das hat sie vorher auch schon gewusst, aber bei ihr zu Hause heißt die "Kralle" eben "Kogot". Dass sie mit ihren Krallen "kratzen" kann, hat sie leicht verstanden. "Wir machen Unterricht mit vollem Körpereinsatz und haben auch viel anschauliches Bildmaterial zur Verfügung", erkärt Schaffner.

Acht Schüler in der Lernklasse

Die Grundschule Cham besuchen derzeit 400 Schüler. Davon sind 32 Ausländer (8 Prozent), 12 Aussiedler (3) und 37 Kinder mit Migrantenhintergrund (9). Von den 25 Schülern der Klasse 2d besuchen acht die Sprachlernklasse, gleich neben dem Klassenzimmer ihrer Regelklasse. Kinder mit einer anderen Muttersprache als Deutsch lernen die Sprache in Intensivkursen getrennt von den Muttersprachlern - für Integration sorgen gemeinsam unterrichtete Fächer: Sport, Kunsterziehung, Musik, Werken und Textiles Gestalten. In Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht werden die Kinder getrennt unterrichtet.

Integration kein Problem

Die Aufteilung in Regelklasse/ Stammklasse und Sprachlernklasse funktioniert laut Schaffner hervorragend:"Integration ist für die Kinder überhaupt kein Problem." Damit der Lehrplan der Kinder aus Regel- und Sprachlernklasse gleich schnell durchgeführt wird, arbeitet Schaffner eng mit ihrer Kollegin Margarete Bucher (Leiterin der Regelklasse) zusammen: "Wir sprechen täglich etwa alle zwei Stunden miteinander. Oft auch am Wochenende."

Den Lernerfolg ihrer Sprösslinge führen Schaffner und Bucher auch auf die durch die Aufteilung verkleinerten Klassen zurück. In der Regelklasse sind die Schüler, die ohne Schwierigkeiten dem Lernstoff folgen können. Auch sie profitieren durch die kleinere Klassenstärke von der Sprachlernklasse. In die Sprachlernklasse kommen neben Nicht Muttersprachlern auch in bestimmten Fächern schwächere deutsche Schüler, die dort gefördert werden. Ein Wechsel von der Sprachlern- in die Regelklasse ist bei entsprechendem Lernerfolg möglich.

Das Wichtigste ist für die junge Lehrerin, den Wortschatz der ausländischen Schüler zu erweitern. "Die Leistung der Kinder ist enorm", lobt Schaffner. Sie müssen in einer anderen Sprache als ihrer Muttersprache denken, den neu vermittelten Stoff erfassen und darauf reagieren, etwa wenn sie Fragen beantworten.

Da in der achtköpfigen Gruppe jedes Kind gezielt unterrichtet werden könne, sei es möglich, dass die Sprachlernklassenkinder auch nicht mehr oder andere Hausaufgaben aufbekommen als ihre Kollegen in der Stammklasse. Ausgegrenzt fühlten sich die Kinder nicht.

Kinder gezielt fördern

Auch Rektor Max Wiesenreiter ist zufrieden mit der Sprachlernklasse: "Anfangs war die Akzeptanz nicht so hoch, wie wir erhofft hatten." Doch mit dem Erfolg seien die Eltern jetzt zufrieden.

Er gibt zu bedenken: "I)ie Ergebnisse der zweiten PISA-Studie machen deutlich, wie wichtig es ist, Kinder mit Lerndefiziten und fehlenden Sprachkenntnissen zu fördern."

Samstag, 11. Dezember 2004
FURTH IM WALD
Stadtbücherei immer für Überraschung gut
Erste Ortsbücherei gab es bereits im November 1876 – Neue Fantasybücher für Jugendliche

Furth im Wald. Bibliotheken sind die geistigen Tankstellen der Nation, sagte einmal der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt. Und eine solche Tankstelle befindet sich schon seit mehr als 25 Jahren auf dem Schlossplatz in Furth im Wald.

Die Geschichte der Further Bibliothek reicht aber noch weiter zurück. Im Stadtarchiv findet sich der erste Hinweis auf eine Ortsbücherei im November 1876, die im alten Rathaus untergebracht war. 161 Bände gab es damals für die Further Bürger auszuleihen. 1935 wurde die Ortsbücherei in der alten Knabenschule in der Rosenstraße nach einem Umzug wiedereröffnet. Bis 1949 wuchs der Bestand auf rund 600 Bände.

Zwei Jahre später wechselte der Standpunkt erneut. In der Konrad-Utz-Straße wurde die Further Bibliothek wiedereröffnet. 26 Jahre lang konnten dort die Further ihre Bücher ausleihen.

Seit 1977 am Schlossplatz

Erst 1977 wechselte dann die Bücherei zum letzten Mal ihren Standort zum Schlossplatz, wo sie auch noch heute zu finden ist. Rund 8 000 Medien, erstmals auch Musikkassetten und Schallplatten, wurden acht Stunden die Woche angeboten. Ab 1981 übernahm Angelika Ochsenmeier die hauptamtliche Leitung, und damit wurden die Öffnungszeiten auf 25 Stunden pro Woche verlängert. Sie machte es sich zur Aufgabe, den Bestand in den Jahren 1981 bis 1989 komplett zu erneuern. Ab 1990 wurden dann auch neue Medien eingeführt. Videokassetten, CD-s, Spiele und CD-ROMs standen nun im Angebot.

60 000 Ausleihen im Jahr

Vor vier Jahren kamen dann noch öffentliche Internetplätze dazu, und auch das neue Medium DVD wurde verstärkt angeschafft. Der Bestand zur Zeit beträgt an die 12 500 Medien.

Wer darunter nicht findet, was er braucht, hat außerdem seit August 2001 die Möglichkeit zur Fernleihe. Aus Uni- und Stadtbüchereien aus ganz Bayern kann man sich Fachliteratur innerhalb von drei bis fünf Tagen liefern lassen.

Dass die Further fleißige Leser sind, zeigen die Ausleihzahlen. Im letzten Jahr wurden rund 60 000 Ausleihen durchgeführt. Damit wurde der Gesamtbestand rund fünfmal ausgeliehen. Besonders der Bereich der Bilderbücher und der Bücher für Grundschulkinder ist gefragt. Die Statistik ist damit immer noch gut, aber insgesamt sind die Ausleihen nach der Einführung von Gebühren für Videos und DVDs ein wenig zurückgegangen. So zahlt man pro Video oder DVD und pro Woche 50 Cent. Sonstige Ausleihen sind natürlich immer noch kostenlos. Nur ein Jahresbeitrag von sieben Euro wird verlangt. Familien zahlen zwölf Euro, dafür erhält jedes

Mitglied einen eigenen Ausweis. Für diesen wird eine einmalige Ausstellgebühr von 1,50 Euro verlangt. Wer die Internetplätze benutzen will, zahlt einen Euro pro angefangene halbe Stunde. Schüler mit gültigem Ausweis surfen für 50 Cent pro Tag.

Neues seit Herbst

Die Stadtbibliothek Furth ist an allen Werktagen von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Außerdem hat man am Freitag von 10 bis 12 Uhr die Gelegenheit zum Besuch. Bei Fragen ist die Stadtbücherei unter der Telefonnummer 09973/801205 oder per E-Mail unter Bibliothek-Furth@t-online.de zu erreichen.

Beim Besuch der Bücherei am Schlossplatz lässt sich immer was Neues entdecken. Angelika Ochsenmeier bemüht sich immer ein aktuelles Angebot für die Besucher bereitzustellen. Dieses Jahr konzentrierte sie den Einkauf neuer Medien vor allem auf den Bereich der Jugendlichen. So steht jetzt die gesamte Sammlung der Kult-Fantasy-Reihe über die Scheibenwelt von Terry Pratchett zur Verfügung. Aber auch neuere Fantasy-Literatur wie die "Gezeitenwelt"-Reihe von Hadmar von Wiesner oder die "Clan der Otori"-Serie von Lian Hearn sollen die Further Jugendlichen zum Lesen bewegen. Für Jüngere, zum Beispiel im Grundschulalter gibt es die "Magisches Baumhaus"-Serie, die immer beliebter wird. Die Spiele des Jahres, wie zum Beispiel "Zug um Zug" bieten zudem Abwechslung zum Fernsehprogramm.

Im Herbst sind außerdem traditionell die neuen Romane der Bestsellerautoren im Verlagsprogramm erschienen. Die neuen Werke von Joy Fielding, Nicholas Sparks, Barbara Wood und Elisabeth George stehen schon im Regal der Bücherei für Buchliebhaber.

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