Straubinger, Landshuter, 4.Nov 2004

High-Tech-Jagd nach dem Borkenkäfer

"Künstliche Nase": Präsentation von HTO-Projekten im Nationalpark Bayerischer Wald

Neuschönau. (ta) Zehn Jahre ach der Umweltgipfel-Konferenz in Rio startete Bayern eine High-Tech-Offensive (HTO) mit dem Grundgedanken einer nachhaltigen Entwicklung schonender Prozesse im Umgang mit natürlichen Ressourcen. An den Nationalpark Bayerischer Wald wurden von der Regierung von Niederbayern in einem Verbundprojekt "Forschung über Wald-Ökosysteme" acht solcher HTO-Projekte vergeben und finanziell unterstützt. Jetzt wurden von der Nationalparkverwaltung die Ergebnisse von drei Projekten öffentlich präsentiert.

Vor allem die Freilandvorführung "Künstlichen Nase" von Dr. Raier Steinbrecher vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Partenkirchen weckte in Anbetracht der bayernweit angespannten Borkenkäfersituation bei dem Fachpublikum großes Interesse. Wie in einem "Echtbetrieb" musste das von ihm entwickelte Gerät beweisen, dass es vom Borkenkäfer befallene Bäume mit seiner künstlichen Nase "riechen" kann und damit im Kampf gegen die Borkenkäferplage Früherkennung einsetzbar wäre. Freilich riechen im Sinne des Wortes kann diese Maschine natürlich nicht, aber, wie Dr. Steinbrecher und ein Assistent Dominik Steigner erklärten, beruht die Arbeitsweise der "Künstlichen Nase" auf einem ähnlichen Vorgang. Denn über einen dünnen Schlauch, der an einem ausziehbaren Teflonrohr befestigt ist, das unmittelbar auf der Rinde im Stammbereich einer stehenden Fichte hin- und herbewegt wird, saugt eine Pumpe Luft und damit auch die eines Käferbefalesl typischen Duftstoffe ein und sammelt diese in wiedervertbaren Glasröhrchen.

Auswertung im Freilandlabor

In einem Freilandlabor werden die in den Ampullen angereicherten Duftstoffe bei 300 Grad Celsius in ein Analysegerät überführt und vor Ort ausgewertet. Obwohl die fortgechrittene Jahreszeit für solche Versuche nicht mehr als optimal zu nennen war, zeigte der Bildschirm des Rechners anhand der erkannten Duftstoffe doch sehr deutlich den tatsächlich vorhandenen Borkenkäferbefall des Versuchsbaumes an. Vier Bäume pro Stunde können nach Angabe von Steinbrecher auf diese Weise auf Borkenkäferbefall kontrolliert werden.

Natürlich ist dies für einen erfolgreichen Einsatz in der Praxis noch viel zu langsam. Wenn aber bedacht wird, dass ein je nach Ausstattung zwischen 1500 und 3000 Euro kostendes Gerät noch vor zwei Jahren dazu etwa viermal so lange brauchte, keimt doch eine gewisse Hoffnung für die Zukunft auf. Schließlich war es vor zehn Jahren noch gar nicht vorstellbar, mit Hilfe einer "Künstlichen Nase" Borkenkäferbäume am Duft zu erkennen. So scheint das Fernziel von Steinbrecher, zum einen die Zeitinanspruchnahme pro Baum deutlich zu reduzieren und zum anderen die Ergebnisanzeige noch direkt am Baum, durchaus realistisch.

Laser-Sean vom Flugzeug aus

Im Filmsaal des Hans-Eisenmann-Hauses erfolgte von Marco Heurich, stellvertretender Sachgebietsleiter für Forschung und Dokumentation bei der Nationalparkverwaltung, die Vorstellung des HTO-Projektes zur "Erfassung von Waldstrukturen mit flugzeuggetragenen Sensoren". Dabei werden mit Laserscannern aus rund 1 000 Metern Höhe die einzelnen Strukturen, wie etwa Nadelholz, Laubholz, Baumhöhe, Bodenbewuchs oder Verjüngung eines Waldes mit einer Auflösung von 50 bis 80 Zentimetern aufgenommen und so per Computer ein Modell des jeweiligen Waldbestandes mit allen Einzeldaten herausgerechnet und dargestellt.

Abschließend stellte Stefan Seifert von der TU München-Weihenstephan das Projekt "Dynamische Informationssysteme für Naturwälder" vor.

Unter der Leitung von Prof Dr. Pretzsch wurde ein System erstellt, mit dem es möglich ist, die potentielle zukünftige Waldentwicklung, im Computer zu visualisieren. Ausgehend von den realen Inventurdaten wurden mit einem Waldwachstumssimulator Szenarien berechnet.

Resümierend für alle drei vorgestellten Projekte stellte Dr. Rall, Sachgebietsleiter für Forschung und Dokumentation, fest, dass die im Rahmen der "Offensive Zukunft Bayern" von der Staatsregierung geförderten HTO-Projekte fruchtbaren Boden gefunden hätten und "weit über den Stand von Visionen gehende Methoden für eine schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen entwickelt wurden."

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