Straubinger, 21.Jan2005

Einkaufscenter soll deutsche Kunden locken

"Arena-Park" jenseits der Grenze geplant – Auf 18 800 Quadratmetern entstehen 46 Läden

Furth im Wald. (ab) Ein gigantisches Einkaufscenter mit 46 Läden soll nur 500 Meter hinter der Grenze im tschechischen Folmava entstehen.

Während die Investoren - eine tschechische Gesellschaft mit überwiegend deutschen Teilhabern - täglich mit der Baugenehmigung rechnen, regt sich in Furth im Wald heftiger Widerstand. Um das Großprojekt mit einer Verkaufsfläche von 18 800 Quadratmetern doch noch zu verhindern, hat Bürgermeister Reinhold Macho nun den bayerischen Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu eingeschaltet (siehe dazu anderen Bericht auf dieser Seite).

Investor des "Arena-Parks" - so der voraussichtliche Name des geplanten Großprojektes - ist eine tschechische Gesellschaft, der allerdings überwiegend deutsche Investoren angehören. Um die Finanzierung kümmert sich eine österreichische Bank, das teilte ein deutscher Sprecher der Gesellschaft auf Anfrage der Chamer Zeitung/Further Chronik mit. Auf dem 70000 Quadratmeter großen Areal bei Folmava sollen eine Kaufhalle, ein Fastfood-Restaurant einer internationalen Kette, eine Tankstelle, ein Cafe-Restaurant sowie 550 Pkw- und 15 Busparkplätze entstehen. Das Hauptgebäude ist 130 mal 195 Meter groß und soll einmal 46 Geschäfte beherbergen. Dazu gehören ein Kiosk mit zwölf Quadratmetern genauso wie zwei große Läden mit 4000 Quadratmetern. Darüher hinaus besteht die Möglichkeit, Außenflächen zum Verkauf anzugliedern. Denkbar wäre hier zum Beispiel ein Gartencenter, der einem Baumarkt angegliedert ist.

Ursprüngliche Pläne, das Einkaufszentrum in Deutschland zu errichten, hat man wieder verworfen. Nach Ansicht der Investoren lässt sich das Projekt in Tschechien leichter realisieren. Hauptargument für den Standort Tschechien waren die Ladenöffnungszeiten: "Es besteht die Möglichkeit, die Geschäfte 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche zu öffnen", bringt es der deutsche Sprecher der Gesellschaft auf den Punkt. Als weitere Gründe nennt er das tschechische Steuersystem, die "riesige Kaufkraft" in Osteuropa und das große Einzugsgebiet dies- und jenseits der Grenze, schließlich leben im Umkreis von 80 Kilometern etwa 700 000 Menschen, die alle potentielle Kunden sind. Doch solange die tschechischen Behörden die Baugenehmigung nicht erteilt haben, liegt das Projekt auf Eis: "Wir rechnen jeden Tag damit, dass sie kommt", so der Sprecher. Läuft alles nach Plan, dann wird das Einkaufscenter heuer im November eröffnet. " Sollte es trotzdem 2006 werden, ist das auch in Ordnung", heißt es von Seiten der Investoren.

Was die Geschäfte betrifft, wird auf einen bunten Mix großer Wert gelegt: Von Apotheken über Bäckereien und Metzgereien bis hin zu Bekleidungsgeschäften soll der Kunde hier alles finden. Von einigen Interessenten liegen nach Auskunft der Investoren bereits schriftliche Zusagen vor. "Wir sind aber flexibel, neue Mieter, auch aus Deutschland, sind jederzeit willkommen", erklärt der Sprecher. Auch bezüglich des Namens "Arena-Park" lassen die Investoren mit sich reden: "Das ist nur ein Vorschlag, für andere Ideen sind wir durchaus offen".

"Wir wollen nicht tatenlos zusehen"

LBE-Vorsitzender Kögler: "Einkaufscenter wäre für viele von uns Todesstoß"

Furth im Wald. (ab) Den Further Einzelhändlern ist das geplante Einkaufszentrum vor den Toren ihrer Stadt ein Dorn im Auge. Um das Schlimmste zu verhindern, hat sich mittlerweile sogar der Landesverband des bayerischen Einzelhandels (LBE), Bezirk Niederbayern/Oberpfalz der Sache angenommen und sich mit dem bayerischen Wirtschaftsministerium in Verbindung gesetzt. So hat LBE-Geschäftsführer Dr. Josef Mühlbauer Wirtschaftsminister Wiesheu gebeten, seinen tschechischen Kollegen an die gemeinsame Abstimmung bei der Errichtung von Einzelhandelsgroßprojekten zu erinnern. "Wiesheu hat bereits mündlich zugesagt, das zu tun", weiß der Further Einzelhandelsverbands-Vorsitzende Jürgen Kögler.

Er sieht dringenden Handlungsbedarf, denn das geplante Einkaufscenter ist seiner Ansicht nach ausschließlich auf deutsche Kunden ausgelegt: "Die Tschechen orientieren sich nach Pilsen, außerdem würde alles in Deutsch beschriftet und ausgezeichnet sein, so dass sich tschechische Kunden hier gar nicht wohl fühlen würden."

Bei dem geplanten Einkaufszentrum handelt es sich um einen Präzedenzfall, der nicht auf örtlicher Ebene, sondern von der höheren Politik geregelt werden müsse. So ist auch Kögler der Meinung, dass das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft nun gefordert ist, mit seinen tschechischen Kollegen zu klären, ob ein derartiges Projekt unmittelbar an der Grenze überhaupt entstehen dar. Gemeinsam müsse man dann einen Konsens finden.

Die Further Einzelhändler wollen nicht tatenlos zusehen, sondern treffen sich am Donnerstag, 3. Februar, zu einer internen Sitzung. Neben dem gigantischen Einkaufscenter steht auch das am Glashüttenweg in Furth im Wald geplante Kaufhaus auf der Tagesordnung. Darüber hinaus werden noch einzelhandelsspezifische Themen erörtert. "Dabei müssen wir unsere Stärken und Schwächen analysieren und aus diesem Wissen heraus eine weitere Strategie entwickeln", sagt Kögler. Schließlich geht es für die Further Einzelhändler nun um die Existenz: "Sollte das Einkaufscenter jenseits der Grenze realisiert werden, dann wäre das der Todesstoß für viele Further Geschäfte", bringt es Kögler auf den Punkt. Als Folge davon würden in der Grenzstadt auch viele Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren gehen. "Große Ketten bilden bei uns nicht aus, sondern das machen der Einzelhandel und das Handwerk", gibt Kögler zu bedenken. Ohne Lehrstellen hätten Jugendliche in der Region kaum noch Chancen.

Auch für ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind, würde es eine allgemeine Verschlechterung bedeuten, wenn weitere Geschäfte in Furth im Wald schließen. Außerdem gingen der Stadt dadurch riesige Steuereinnahmen verloren.

Richard Brunner, Geschäftsführer der IHK -Regensburg Außenstelle Cham, sieht ebenfalls Handlungsbedarf. Ihm geht es zunächst darum, "das Projekt aus der Gerüchteküche rauszuziehen" und möglichst viele Informationen zu sammeln. "Dann müssen wir sehen, welche Auswirkungen das geplante Einkaufszentrum haben wird und festlegen, wie wir weiter vorgehen", sagt Brunner in einem Gespräch mit der Chamer Zeitung/Further Chronik.

Keinesfalls dürfe man tatenlos zusehen, sondern müsse die eigenen Einflussmöglichkeiten prüfen. Für besonders "pikant" hält es Brunner, dass das Einkaufseenter zwar von einer tschechischen Gesellschaft geplant wird, aber offensichtlich deutsche Investoren dahinter stehen. "Es geht hier nicht um Peanuts, sondern um ein Großprojekt mit einer Dimension von Carefour in Pilsen und den Arkaden in Regensburg", meint Brunner.

Da es zwischen den beiden Städten bisher kein Einzelhandelsprojekt dieser Größenordnung gibt, sei damit zu rechnen, dass die Kunden aus einem Radius von bis zu 80 Kilometern kommen werden. Der Chamer IHK-Geschäftsführer rechnet damit, dass 50 bis maximal 70 Prozent der künftigen Kunden aus Deutschland und die übrigen aus Tschechien kommen werden. Er geht deshalb davon aus, dass der Einzelhandel in Tschechien - vor allem die Städte Domazlice und Klatovy, die stark mittelständisch geprägt sind - unter dem Einkaufscenter genauso zu leiden haben, wie die kleinen Geschäfte und größeren Einkaufshäuser im gesamten Landkreis Cham.

"Wäre das Einkaufscenter in Cham geplant, dann wären wir von Natur aus eingebunden", sagt Brunner. Da das Großprojekt aber auf tschechischer Seite realisiert werden soll, müsse man sich die Vorgehensweise genau überlegen. Ob der "ArenaPark" tatsächlich aus EU-Mitteln gefördert wird - so wurde des öfteren laut - kann Brunner weder bestätigen noch dementieren.

Jetzt geht es darum, Klarheit zu schaffen. So werden sich Vertreter von Handel und Politik aus dem gesamten Landkreis Cham in den nächsten zwei bis drei Wochen zur Lagebesprechung an den runden Tisch setzten. Über die Ergebnisse dieser nichtöffentlichen Sitzung soll dann bei einer Pressekonferenz informiert werden.

 

Macho schaltet Wiesheu ein

Bürgermeister: Dramatischer Kaufkraftabfluss

Furth im Wald. 500 Meter vom Grenzübergang entfernt soll auf böhmischer Seite ein riesiges Einkaufszentrum entstehen. So planen es deutsche Investoren - und hoffen dabei auch auf hohe EU-Zuschüsse, Dagegen spricht sich zum Wohl des hiesigen Handels Bürgermeister Macho aus, denn er befürchtet einen "dramatischen Kaufkraftabfluss". Das Stadtoberhaupt schaltete nun Wirtschaftsminister Wiesheu ein. Sein Schreiben lautet wie folgt:

"Wie Sie wissen, sind die mit der Erweiterung der Europäischen Union verbundenen Herausforderungen in den bayerischen Grenzregionen besonders ausgeprägt. Zu den Politikbereichen, die von der EU-Osterweiterung besonders betroffen sind, gehört auch die Wirtschaft. Dabei machen nicht nur das Fördergefälle und die Verlagerungsrisiken sorgen, sondern auch der zunehmende Kaufkraftabfluss in die Tschechische Republik.

Die bayerische Staatsregierung hat in ihren Bericht über die Vorbereitung Bayerns auf die Osterweiterung zu Recht darauf hingewiesen, dass mit einer weiteren Zunahme des grenzüberschreitenden Einkaufsverkehrs zu rechnen ist und sich der Kaufkraftabfluss aufgrund der weiterhin günstigen Preise in Tschechien noch verschärfen dürfte. Wörtlich hieß es in diesem Zusammenhang: ,durch den Bau von Einzelhandels-Groß-Projekten auf tschechischer Seite, die in Bayern aufgrund landesplanerischer Restriktionen nicht möglich sind, könnte die Konkurrenzsituation für den grenznahen bayerischen Einzelhandel zusätzlich verschärft werden.`

Exakt diese Situation ist nunmehr eingetreten. Deutsche Investoren planen, nur 500 Meter vom Grenzübergang Furth im Wald entfernt, im kleinen tschechischen Grenzort Folmava/Vollmau ein Einkaufszentrum mit einer Verkaufsfläche von 18800 Quadratmetern. Unabhängig davon, ob die Überlegungen deutscher Investoren mit den Vorstellungen der tschechischen Behörden in Einklang zu bringen sind, und abgesehen davon, ob die bekannt gewordenen Pläne auf einer soliden Grundlage basieren, würde eine Realisierung des projektes einen dramatischen Kaufkraftabfluß nicht nur für unsere Stadt, sondern wahrscheinlich auch für den gesamten Landkreis Cham nach sich ziehen.

Es steht außer Zweifel, daß die unterschiedlichen Genehmigungsstandards zu Verwerfungen führe, die den bayerischen Einzelhandel, insbesondere in den grenznahen gebieten, massiv beeinträchtigen und die von der Staatsregierung befürchteten Kaufkraftabflüsse sogar fördern. Fatal wäre zudem, wenn solche Investitionen auf tschechischer Seite womöglich mit Mitteln der Europäischen Union gefördert würden. Wie Sie wissen, sind die in der Tschechischen Republik geltenden Strukturfonds und Instrumente bis zum Jahre 2006 mit 2.6 Milliarden Euro dotiert.

Das Gebot der Stunde ist meines Erachtens, darauf hinzuwirken, die Genehmigungsstandards in Tschechien den bei uns geltenden Vorgaben anzugleichen. Nachdem die Angleichung unterschiedlicher Standards in vielen anderen Politikbereichen eine der Grundvoraussetzungen für die Aufnahme der Tschechischen Republik in die Europäische Union war, müßte in bilateralen Verhandlungen auch die Genehmigungspraxis von Einzelhandels-Großprojekten im ländlichen Raum diesseits und jenseits der Grenze harmonisiert werden.

Ich bitte Sie im Interesse der Stadt Furth im Wald und auch des Einzelhandels herzlich darum, sich dieser Problematik anzunehmen. Die Stadt Furth im Wald hat ihrerseits beantragt, das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung der ,Arbeitsgemeinschaft der bayerischen und tschechischen Städte und Gemeinden im Grenzraum Mitte` zu setzen."

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