VDInachrichten 1.10.04

Schutzrechte: Europäisches Patentamt präsentiert Zukunftspläne

Gemeinschaftspatent noch in weiter Ferne

Alain Pompidou, neuer Chef des Europäischen Patentamtes (EPA), hat viel vor: Interne Umstrukturierungen sollen für mehr Effizienz sorgen, die externe Beziehungsarbeit verstärkt und das Gemeinschaftspatent eingeführt werden. Letzteres aber scheitert an der Übersetzungsproblematik.

Alain Pompidou leitete mit seinem Amtsantritt am 1. Juli einen Kulturwandel im Europäischen Patentamt ein. Nicht alle seiner 6000 Mitarbeiter sind davon begeistert. Er fordert eine "substanzielle Verringerung der Ausgaben". Vor allem die Kosten für das Management sollen sinken. Stelleneinsparungen seien zwar nicht angestrebt, aber die Zahl der Prüfer werde auf absehbare Zeit auch nicht aufgesteckt.

Stattdessen gelte es "Verantwortung zu dezentralisieren, die Talente und Kompetenzen aller zu fördern". So stehen beim derzeitigen Optimierungsprozess etwa "operationell nicht notwendige Arbeitsgruppen" ebenso auf dem Prüfstand wie das bislang praktizierte, egalitäre Zeitvorgabensystem, demzufolge jeder Patentantrag ungeachtet seiner Komplexität demselben Zeitmaßstab unterliegt. Ausgebaut werden sollen zudem die Angebote im Bereich Recherche und Weiterbildung, um den gestiegenen technischen Wissensanforderungen gerecht zu werden. Denn Hoffnung auf ein abnehmendes Arbeitspensum braucht sich kein Prüfer zu machen: Allein im ersten Halbjahr gingen 86 300 neue Anmeldungen im EPA ein - gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 7 %.

Am Herzen liegt Pompidou ein "nicht zu teures, hieb- und stichfestes Gemeinschaftspatent". Gleichzeitig dämpft er die Hoffnung auf ein baldiges Zustandekommen. Hinderlich sei das "leidige Übersetzungsproblem". Beschleunigend könnte die Ratifizierung des Londoner Abkommens vom Oktober 2000 wirken. Es sieht vor, daß künftig Patente, die in Deutsch, Englisch oder Französisch verfaßt sind, nicht mehr in die anderen Landessprachen übersetzt werden müssen. Dies würde zu Einsparungen von geschätzt 500 Mio.E führen. Für das In-Kraft-treten des Abkommens stehen jedoch die erforderlichen Voraussetzungen noch aus. Mindestens acht Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, Deutschland und England, müssen beitreten. Bislang haben aber allein Deutschland, Slowenien, Island und Monaco "'das Abkommen ratifiziert; England steht kurz davor. , Spielverderber ist Frankreich. Das Land fürchtet um nationale Interessen. Dabei werden heute nur 7% aller Anmeldungen in Französisch eingereicht.

Oberste Priorität in Pompidous Kommunikationsstrategie hat die Stärkung der Zusammenarbeit

und der Beziehungen zu den Mitgliedstaaten sowie den EU-Kommissionen. Auch mit seinen Kollegen in Japan und den USA will er die trilaterale Zusammenarbeit intensivieren, bei der WIPO (World Intellectual Property Organization) vermehrt Präsenz zeigen. Nicht zuletzt sollen auch die Beziehungen zu Entwicklungsländern intensiviert werden. Ihnen mißt Pompidou im internationalen Patentgeschehen eine steigende Bedeutung bei. HERTA PAULUS

www.european-patent-office.org

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