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Landshuter/Straubinger, 7.Februar 2004

Erdwärme: Unerschöpfliche Energiequelle

In Unterhaching entsteht Geothermieanlage - Ehrgeiziges Projekt zur Stromgewinnung

Unterhaching. (dpa) Experten sprechen von einer unerschöpflichen Quelle: Wärme aus dem Erdinnern soll die Energiesorgen künftiger Generationen lösen. Die Gemeinde Unterhaching bei München hat ein ehrgeiziges Geothermie-Projekt zur Stromgewinnung gestartet, das bei Erfolg weltweit Schule machen könnte. Bis Ende 2005 soll dort eine geothermische Stromerzeugungsanlage mit rund 3,7 Megawatt Leistung entstehen. Am Freitag gab Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) den offiziellen Startschuss. Sein Ministerium fördert das insgesamt 35 Millionen Euro teure Erdwärme-Projekt mit 4,8 Millionen Euro.

Tag und Nacht dröhnen auf dem Grundstück am Autobahnzubringer A 995 der Autobahn München-Salzburg die Maschinen, mit 35 Umdrehungen pro Minute und einem Tempo von zwei Metern pro Stunde frisst sich der Bohrer in den Boden.

Bis zum April soll eine Tiefe von 3 000 bis 3 450 Metern erreicht sein. Dann erst wird sich zeigen, ob wirklich mindestens 100 Liter Thermalwasser pro Sekunde gefördert werden können und ob die Prognose auf 120 Grad heißes Wasser stimmt. Denn erst ab 100 Grad Celsius reicht die Wärme zur Stromerzeugung. "Sollte sich die Prognose nicht bewahrheiten, haben wir wirklich Pech gehabt", sagt Bürgermeister Erwin Knapek (SPD). Ganz vergeblich wäre die Bohrung zu den heißen Wasserreserven aber auch dann nicht. "Ohne Stromerzeugung heize ich den ganzen Ort damit."

Schon vor zehn Jahren hatte der Physiker die Erdwärme als Energiequelle im Auge. "Aber das hat sich damals nicht gerechnet." Mit dem Erneuerbare Energien-Gesetz sei die Sache nun auch wirtschaftlich rentabel geworden. Letzten Sommer ging die bundesweit erste Geothermie-Anlage zur Stromgewinnung in Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern ans Netz, sie erzeugt jedoch nur 210 Kilowatt. Darüber hinaus gibt es in Deutschland etwa 30 Geothermie-Anlagen, bei denen die unterirdischen Quellen aber lediglich zur Fernwärmegewinnung genutzt werden.

Erdwärme gilt als wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer umweltfreundlichen Energiegewinnung. "Der Vorteil ist: Die Energie ist ständig - Tag und Nacht, Sommer und Winter - vorhanden", erläutert der Geophysiker Rüdiger Schulz. "Sie ist nicht an Sonneneinstrahlung, Wind oder Wasserstand wie bei Wasserkraft gebunden."

Nach den Erkenntnissen der Geologen sprudelt gerade im Münchner Süden ähnlich wie im Oberrheingraben und in der norddeutschen Tiefebene besonders heißes Wasser in der Tiefe. Allein in der Region zwischen München und dem Chiem könnten nach Aussage des Hannove-raner Geophysikers mit rund 150 Anlagen insgesamt 500 Megawatt geothermisch gewonnen werden. "Das ist schon ein kleines Atomkraftwerk. "

Zur Stromerzeugung wird das Wasser nach oben gepumpt und erhitzt in einem geschlossenen Kreislauf ein Kältemittel, das verdampft und Turbinen antreibt. Die große Hoffnung in Unterhaching ruht dabei auf dem Einsatz der so genannte Kalina-Technik, bei der ein Ammoniak-Wasser-Gemisch verdampft wird. Das soll den Wirkungsgrad von bisher sieben Prozent auf 14 Prozent erhöhen. Anschließend wird das Thermalwasser für die Erzeugung von Fernwärme genutzt und dann - abgekühlt auf 30 bis 70 Grad - wieder ins Erdreich gepresst. Experten rechnen damit, dass das Thermalwasser bei der Prozedur örtlich abkühlt, so dass etwa nach 50 Jahren an anderer Stelle ein neues Loch gebohrt werden muss.