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6 VDI nachrichten . 5. März 2004 . Nr. 1 0

Mit europäischen Fördergeldern wird bisher nur wenig Grundlagenforschung

finanziert. Eine Ausnahme ist die Forschung an Fusions-Reaktoren.

EU-Forschung: Europäischer Forschungsrat geplant

Die Grundlagenforschung will mehr Geld aus europäischen Töpfen

VDI nachrichten, Brüssel, 5. 3. 04 -

Ein "europäisches Paradox" hat der Physiker Jean-Patrick Connerade vom Londoner Imperial College entdeckt: "Die EU fördert hauptsächlich anwendungsorientierte Forschung, die wesentlich von den wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der Einzelstaaten bestimmt ist. Aber für die Grundlagenforschung, die der Natur der Sache nach international ist, hat Brüssel bislang keinen Fördertopf."

Das soll sich jetzt ändern. Mit Unterstützung des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft kamen hundert Spitzenvertreter der Wissenschaften im Brüsseler Europaparlament zusammen, um eine gemeinsame Strategie zu entwerfen. Ziel: Die Formulierung wichtiger Themen der europäischen Grundlagenforschung, die aus einem eigenen Fördertopf mit Geld aus Brüssel gefördert werden sollen und die Gründung eines Europäischen Wissenschaftsrates.

Das fordert auch das Europa-"Komitee der Physikalischen und IngenieurWissenschaften": 5 % der nationalstaatlichen Fördermittel sollen danach in den Topf des Europäischen Forschungsrats fließen, insgesamt gut 2 Mrd. E im Jahr.

Nicht mitgerechnet sind dabei Gelder für bisherige Projekte wie CERN oder die Weltraumbehörde ESA.

Die Zeit drängt: Bis Juli, so die EU-Kommission, soll die Gelehrtenwelt Vorschläge für einen Forschungsrat machen, damit in der zweiten Jahreshälfte dessen Forderungen mit dem 7. Forschungsrahmenprogramm der EU (2007-13) abgestimmt werden können.

Denn noch ist völlig unklar, woher das Geld kommen soll: EU-Forschungskommissar Philippe Busquin, ebenfalls ein Anhänger der Idee eines Europäischen Forschungsrates, geht davon aus, dass diese Mittel aus dem Forschungsrahmenprogramm selber kommen.

Einigkeit bestand, dass vor dem Forschungsrat nur fachliche Exzellenz zählen soll. Unklar ist allerdings, wie er institutionalisiert wird und wer über die Vergabe der Fördermittel entscheidet. Während die Wissenschaftler auf Autonomie bei den Entscheidungen pochten, rückten Industrievertreter wie Horst Soboll von DaimlerChrysler die Verhältnisse wieder gerade: Es könne dem Staat als Geldgeber nicht abgesprochen werden, hier mitzureden. Immerhin gehe es ja um Geld von Steuerzahlern. H. HORSTKOTTE