Straubinger, 22.März2005

Feinstaub: Klagen für saubere Luft
Umwelthilfe will Sofortmaßnahmen wie Fahrverbote gerichtlich erzwingen

Berlin. (AP/dpa) Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will mehrere deutsche Großstädte gerichtlich dazu zwingen, mit Fahrverboten den gesundheitsgefährdenden Feinstaub in der Luft zu reduzieren. Am Montag reichte der Verband beim Verwaltungsgericht Berlin eine Klage gegen die Hauptstadt ein. Es sei die Pflicht der Verwaltung, gegen. die drohende Überschreitung der neuen EU-Grenzwerte vorzugehen, sagte DUH-Anwalt Remo Klinger. Zeitgleich forderte die Umwelthilfe auch Stuttgart und München im Namen betroffener Bürger auf, Sofortmaßnahmen zu ergreifen.

Auch in Dortmund und Düsseldorf plant die Umwelthilfe, Klagen betroffener Bürger zu unterstützen. Hintergrund ist eine neue EU-Richtlinie, die seit Jahresbeginn in Deutschland gilt. Demnach darf

der Wert von 50 Mikrogramm Staub pro Kubikmeter Luft nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Eine neue EU-Studie hat laut DUH ergeben, dass in Deutschland pro Jahr mehr als 65000 Menschen allein wegen der Luftbelastung mit Feinstaub und Ozon vorzeitig sterben.

Klinger sagte, die Städte hätten jetzt vier Wochen Zeit, der Aufforderung nachzukommen, bevor Klage eingereicht werde. Sollte die zulässige Zahl von 35 Tagen vorher übertroffen werden, könne auch schneller geklagt werden.

Besonders heikel ist die Lage in München, wo bis einschließlich Montag auf der Landshuter Allee in diesem Jahr bereits 34 Tage mit Überschreitungen registriert wurden. Angesichts der Situation leitete ein Anwohner am Montag die ersten Schritte zu einem Prozess gegen die Landeshauptstadt und die Regierung von Oberbayern ein. Über seine Anwälte forderte der Mann die Stadt ultimativ zum Handeln auf. Die Stadt habe der Regierung von Oberbayern bereits Vorschläge zur Lösung des Feinstaub-Problems unterbreitet, erläuterte die Sprecherin des Münchner Referats für Gesundheit und Umwelt, Uschi Haag. Kritische Werte wurden zuletzt nach Angaben des Bundesumweltamts auch in den Städten Augsburg, Frankfurt am Main, Passau, Braunschweig und Essen erreicht.

Zur Diskussion über eine CityMaut sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Andreas Troge, er halte dies für kein geeignetes Instrument zur Reduzierung der Feinstaub-Belastung. Zur Begründung sagte er, nur etwa ein Drittel der Belastung in den Zentren stamme aus aktuell fahrenden Dieselautos und Lastwagen.

Der Rest entstehe durch Aufwirbelungen sowie Zuwehungen aus anderen Gegenden. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels warnte, Fahrverbote oder eine Maut würden die Geschäfte in den Innenstädten vom größten Teil ihrer Kunden abschneiden.

Straubinger, 24.März2005
Der Feinstaub sorgt für Wirbel
Schnappauf ist gegen Fahrverbote

Wörner: "Die Beruhigungspillen des Ministers helfen den Bürgern nicht"München. (dpa) In der Debatte um den gesundheitsschädlichen Feinstaub hat Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) generelle Fahrverbote abgelehnt. Die von den Grünen geforderte City-Maut bezeichnete der Minister am Mittwoch als "fachlich ungeeignete und veraltete Öko-Ideologie".

Diejenigen, "denen das Portemonnaie locker sitzt", könnten dann mit dem Auto in die Stadt fahren, Ärmere hingegen nicht. Darüber hinaus träfen generelle Fahrverbote und die City-Maut auch die schadstoffarmen Fahrzeuge (R.Kiehl: welche?? Siehe Beiträge betreff Auto-Cat ebenfalls unter www.rki-i.com).

Eine nachhaltige Lösung liege vor allem in einer Reduzierung der schadstoffreichen Fahrzeuge. Diese müssten konsequent nachgerüstet oder aus dem Verkehr gezogen werden (R.Kiehl: demnach alle mit einem Katalysator?: denn Pt, Pd, Rh, usw., blasen alle feinstverteilt in die Luft - und kein Filter ist in der Lage dies zu verhindern!). Dazu seien kostenneutrale steuerliche Förderprogramme nötig, forderte der Minister. Der SPD-Landtagsabgeordnete Ludwig Wörner warf Schnappauf dagegen vor, er lasse klare Lösungsansätze vermissen. "Die Beruhigungspillen des Ministers helfen den besorgten Bürgern nicht."

Die Grünen kritisierten, der Minister versuche die Verantwortung abzuschieben. Sein Vorschlag für ein steuerliches Anreizprogramm für saubere Dieselfahrzeuge könne ebenso auf bayerischer Ebene umgesetzt werden wie seine Forderung, den Transitverkehr aus den Innenstädten fern zu halten, sagte die Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause. Den Kommunen seien bei den dringend erforderlichen Gegenmaßnahmen die Hände gebunden, weil die Bezirksregierungen im Verbund mit dem Umweltministerium bisher Konsequenzen blockierten.

Schnappauf wiederum warf der EU und dem Bund vor, den Kommunen nicht die nötigen Instrumente zur Umsetzung der Vorschriften an die Hand gegeben zu haben. Gegen die Mautflucht müsse konsequent vorgegangen werden. Lastwagen dürften nicht durch die Stadt fahren, um Maut zu sparen. Das müsse aber erst mit verlässlichen Daten nachgewiesen werden.

Als weitere mögliche Maßnahmen gegen den Feinstaub nannte der Minister eine Verbesserung der Straßenreinigung, da mit dem Straßenstaub auch Feinstaub ständig vom Verkehr wieder aufgewirbelt werde. Vorstellbar seien auch Auflagen und Fahrbeschränkungen für ältere Fahrzeuge ohne Rußfilter (R.Kiehl: ???). Dies müsse aber wegen des hohen Verwaltungsaufwandes genau geprüft werden. Mit der Autoindustrie müsse über eine freiwillige Nachrüstung von Dieselfahrzeugen gesprochen werden (R.Kiehl: ???).

An der bundesweit am höchsten belasteten Messstelle an der Landshuter Allee wurde bisher an 33 Tagen der EU-Grenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft erreicht. Damit steht der Verstoß der EU-Richtlinie bevor, wonach der Wert pro Jahr maximal an 35 Tagen überschritten werden darf. Das Ministerium korrigierte damit seine Angaben, der Grenzwert sei bereits an 34 Tagen erreicht worden: Wieviel Katalysatormetalle wurden in die Luft geblasen??? Die einzige Möglichkeit im Moment: Die Autos aus der Innenstadt verbannen und den öffentlichen Nahverkehr so organisieren, daß jeder damit seine Ansprüche erfüllt bekommt: Auch seinen Einkauf ohne große Probleme erledigen kann, etc. Auch Anwohner müssen dabei mitmachen...

 

CSU-Frauen bei Thema Dienstpflicht contra JU

München. (dpa) Die Junge Union (JU) stößt mit ihrem Ruf nach einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen auf heftigen Widerstand der CSU-Frauen. Die FrauenUnion spreche sich eindeutig gegen eine allgemeine Dienstpflicht aus, sagte die Landesvorsitzende Maria Eichhorn am Montag in München. Eine Dienstpflicht sei "ebenso verfassungswidrig wie unsozial".

Für Frauen wäre eine Dienstpflicht eine zusätzliche Belastung, da sie durch Kindererziehung oder auch die Betreuung pflegebedürftiger Familienmitglieder ohnehin Beeinträchtigungen in Kauf nehmen müssten. Bayerns JU-Chef Manfred Weber hatte am Wochenende die Umwandlung der Wehrpflicht gefordert.

R.Kiehl: Die Frauen wollen emanzipiert sein, die gleichen Rechte wie die Männer haben, der Mann soll die Kinder großziehen, die Hausarbeit machen, Frauen wollen überall bevorzugt werden, Männer sollen möglichst auch noch die Kinder austragen, Frauen verneinen die biologische Rolle der Frauen, die Diskriminierung der Männer ist heute überall zu finden...Wer ist nun "das" starke Geschlecht? Wieso dann keine Dienstpflicht auch für "Frauen"...???????

Straubiner, 23.März2005

Urteil: Kassenärzte müssen Gebühr eintreiben

Zehn-Euro-Verweigerer brauchen vorerst keine Konsequenzen fürchten –
Heftige Kritik

Düsseldorf. (AP/dpa) Praxisgebühr-Verweigerer müssen vorerst keine finanziellen Konsequenzen befürchten. Im bundesweit ersten Prosseß gegen einen säumigen Patienten entschied das Düsseldorfer Sozialgericht am Dienstag, dass für das Eintreiben der Zehn-Euro-Pauschale die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) zuständig sind und die Patienten weder Mahn- noch Portokosten übernehmen müssen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Praxisgebühr sah das Gericht nicht.

Das Urteil stieß bei Ärztevertretern auf heftige Kritik. Ein Vertreter der klagenden KV Nordrhein sprach von einem "Pyrrhus-Sieg": Nur mit einem Millionenaufwand sei es möglich, die ausstehenden 235000 Euro vor den Sozialgerichten einzuklagen. Bis auf weiteres lägen deshalb alle Prozesse gegen säumige Patienten auf Eis. Die Ärzte argumentieren, dass die Kassen für diese Kosten aufkommen müssen. "Die Praxisgebühr fließt in deren Haushalte, deshalb müssen sie auch die Mahnkosten tragen", sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

In dem Musterprozess ging es um die Frage, ob die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig sind, die Gebühren einzuklagen. Das Gericht verwies auf den zwischen KVs und Kassen geschlossenen Bundesmanteltarifvertrag für Ärzte. Obwohl die Praxisgebühr den Krankenkassen zugute kommt, müssten sich diese nicht um das Eintreiben kümmern.

Der Sprecher der KV Nordrhein, Klaus Enderer, bezifferte die Kosten, die seine Vereinigung aufbringen müsse, um die Praxisgebühr von allen 23 500 Zahlungsverweigerern einzutreiben, auf vier Millionen Euro. "Wenn wir all die Prozesse führen würden, dann würden wir auf 3,5 Millionen Euro Gerichtskosten und 500 000 Euro Verwaltungskosten sitzen bleiben", sagte Enderer. "Dieser Wahnsinn muss ein Ende haben."

Pro Klage falle für die KV eine Prozessgebühr von 150 Euro an. "Deshalb werden wir alle Energie aufwenden, um dies den Krankenkassen zuzuschieben." Für die Zukunft strebe man eine Regelung wie im zahnmedizinischen Bereich an. Hier seien die Kassen bereits für das Einziehen der Gebühren zuständig.

"Absurd und total unbefriedigend" nannte auch der Sprecher des Düsseldorfer Sozialgerichts, Volker Schwarz, die derzeitige Regelung. Das Bundesgesundheitsministerium habe den Missstand jedoch erkannt und sehe sich in der Pflicht, die KVs zu entlasten, fügte Schwarz hinzu.

Das Ministerium wies das indes zurück und betonte, dass Ärzte und Kassen eine Lösung finden müssen. "Wir fordern die Selbstverwaltung auf, ihrer Pflicht nachzukommen", erklärte eine Ministeriumssprecherin. Man sei aber bereit, sich an Gesprächen zu beteiligen, "um eine gangbare Lösung zu finden".

Der beklagte Patient hatte sich im April 2004 in einer Düsseldorfer Gemeinschaftspraxis behandeln lassen und die Gebühr trotz Mahnung nicht bezahlt, da er sich in einer finanziellen Zwangslage befinde. Die Zahl der Praxisgebühr-Verweigerer wird auf 300000 geschätzt. Die Einnahmen aus der Gebühr betrugen 2004 rund 1,1 Milliarden Euro.

 

GESETZGEBER HAT VERSAGT
VON TORSTEN HENKE

Die lästige Praxisgebühr bezahlen? Wieso eigentlich? Diese Frage stellt sich spätestens, seit das Düsseldorfer Sozialgericht gestern ein Präzedenzurteil zum Zehn-Euro-Eintrittsgeld beim Arzt gefällt hat. Danach können die kassenärztlichen Vereinigungen vor Gericht die Gebühr bei säumigen Patienten eintreiben. Mahngebühren, Gerichts- und Portokosten dürfen sie sich aber nicht erstatten lassen. Im schlimmsten Fall wird der Patient also dazu verdonnert, die zehn Euro zu bezahlen - sofern die Kassenärztliche Vereinigung ihn überhaupt verklagt. Denn warum sollte sie dafür allein 150 Euro Gerichtskosten aufbringen? Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für die Politik im Allgemeinen und die noch junge Gesundheitsreform im Besonderen. Gerade im Gesundheits- und Sozialbereich steht dem Gesetzgeber doch eigentlich geballter Sachverstand zur Verfügung. Dennoch ist es nicht gelungen, ein Gesetz zu formulieren, das klare Verhältnisse schafft. Da ist ja Schlimmstes zu befürchten, falls Rot-Grün sich wirklich daranmacht, einen Systemwechsel hin zur Bürgerversicherung vorzunehmen.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen wollen die Verantwortung für die Praxisgebühr nun an die Krankenkassen abschieben. Im Gesundheitsministerium scheint diese Strategie auf Sympathie zu stoßen. Doch das kann nicht die Lösung sein, denn so würden die Kosten für den Inkasso auf die Gemeinschaft der Versicherten abgewälzt.

Relativ betrachtet ist die Summe zwar nicht so enorm, doch es geht auch ums Prinzip: Es kann nicht angehen, dass die Beitragszahler stets für die Fehler der Politik herzuhalten haben. So müssen sie schon für die Zinsen aufkommen, die entstehen, weil die Kassen pro Jahr nur ein Viertel ihrer Schulden abbauen dürfen.

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