Landshuter,Straubinger, 21.Oktober 2004
Finanzminister Faltlhauser meldet Vollzug
Ziel eines ausgeglichenen Etats wird in Bayern 2006 erreicht - SPD: Bürger abgezockt
München. (Eig.Ber.) 2006 soll der Freistaat Bayern einen Etat ohne Neuverschuldung bekommen. Dieses Ziel hat der Landtag vor vier Jahren in Artikel 18 der Haushaltsordnung verankert. Bei der Einbringung des Doppelhaushalts 2005/2006 konnte Finanzminister Kurt Faltlhauser am Mittwoch im Landtag Vollzug melden: "Bayern erreicht das Ziel des ausgeglichenen Haushalts aus eigener Kraft."
In 2005 soll die Nettokreditaufnahme Bayerns nach Faltlhausers Entwurf allerdings noch einmal kräftig auf 1,1 Milliarden Euro bei einem Etatvolumen von 34,1 Milliarden Euro steigen. Grund sei die zu erwartende Stagnation bei den Steuereinnahmen, zusätzliche Mittel für die Kommunen und zusätzliche Belastungen durch Solidarumlage und im Sozialbereich, so der Finanzminister.
Dennoch werde man 2006 ohne neue Schulden auskommen, weil man für dieses Jahr wieder mit "substantiellen Zuwächsen" bei den Steuereinnahmen und mit der vollen Wirkung der Sparmaßnahmen rechne. Gleichzeitig werde Bayern eine Investitionsquote von 12,4 Prozent ausweisen können. Die westlichen Bundesländer lägen trotz teilweise exorbitanter Neuverschuldung bei durchschnittlich nur 10,3 Prozent.
Faltlhauser verteidigte den harten Sparkurs der Regierung Stoiber gegen Vorwürfe der SPD, der sich abzeichnende Aufschwung werde "kaputt gespart". Würde der Staat zusätzliche Schulden aufnehmen, um die Konjunktur anzukurbeln, so würden diese "wirkungslos verpuffen", sagte Faltlhauser. Die Zinslasten dagegen würden bleiben. Das reale Wachstum des Bruttosozialprodukts in Bayern von 2,3 Prozent im ersten Halbjahr 2004 belege, dass es auch ökonomisch richtig sei, am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts festzuhalten, betonte Faltlhauser.
Die bayerische Haushaltspolitik sei in erster Linie von der Frage bestimmt, was Ministerpräsident Edmund Stoiber "im Kampf um die Macht in der Union und im Bund" nütze, so SPD-Haushaltsexperte Heinz Kaiser. Das beachtliche Wirtschaftswachstum in Bayern sei keine Folge der Etatpolitik, sondern der florierenden Exportindustrie im Freistaat. Das von der CSU-Staatsregierung verordnete Sparen schlage sich auch als "ungerechtes Abkassieren beim Bürger" nieder. Als Beispiele nannte Kaiser die Erhöhung der Darlehenszinsen im sozialen Wohnungsbau, höhere Gerichts- und Vermessungsgebühren, Abschaffung der kostenlosen BSE-Tests und die Einführung von Verwaltungsgebühren für Studierende. Die Krönung stelle das von der CSU beschlossene "Büchergeld" für die Eltern von Schulkindern dar.
Der Haushaltsexperte der Grünen, Thomas Mütze warf Faltlhauser Trickserei vor. So wolle Faltlhauser ein internes Darlehen am so genannten Grundstock des Freistaats in Höhe von 450 Millionen Euro aufnehmen, das bis 2012 wieder zurückgezahlt werden soll. Damit werde jeder der drei folgenden Doppelhaushalte mit einer Hypothek von 150 Millionen belastet. Der von Faltlhauser angekündigte Verkauf von Immobilien, "die der Staat nicht mehr zwingend im Eigenbesitz halten muss", sei "eine Lösung, die eigentlich keine ist", meinte Mütze: Faltlhauser wolle Staatsvermögen verkaufen, um die Schulden "künstlich auf Null" senken zu können.
SPD und Grüne hätten die Zeichen der Zeit nicht erkannt und stellten nach wie vor "verantwortungslose Forderungen" nach Ausgabensteigerungen, konterte der CSU-Haushaltsexperte Manfred Ach. In Wirklichkeit verschaffe nur eine niedrige Schuldenbelastung die nötigen Spielräume für Investitionen. Mittelfristig müsse in Bayern die Investitionsquote wieder auf 15 Prozent angehoben werden, forderte Ach. Der ausgeglichene Etat dürfe keine Einmalaktion des Jahres 2006 bleiben. Deshalb müsse auch in den nächsten Jahren eisern gespart werden. RalfMüller
Landtag schafft älteste Justiz-Institution ab
CSU-Mehrheit beschließt die Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts – Etliche Gegenstimmen aus der Regierungsfraktion - Grüne: "Ordnungswidrig und unangemessen"
München. (Eig.Ber). Ministerpräsident Edmund Stoiber kann einen weiteren Punkt auf seiner Spar- und Reformliste abhaken: Trotz massiver Proteste von Juristen aus ganz Deutschland stimmte am Mittwoch die CSU-Mehrheit im Landtag der Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Bay0bLG) zu. Obwohl sich Stoiber mehrfach persönlich für die Abschaffung des Gerichts mit fast 400-jähriger Tradition eingesetzt hatte, versagten ihm zehn CSU-Abgeordnete, darunter die Ex-Justizminister Alfred Sauter und Manfred Weiß, die Gefolgschaft. Eine Reihe weiterer CSU-Abgeordneter blieb der Abstimmung fern.
Auch Stoiber fehlte bei dem "unhistorischen Tag", wie der Münchner CSU-Parlamentarier Thomas Zimmermann formulierte. Zimmermann und neun weitere CSU-Abgeordnete, darunter der Straubinger Herbert Ettengruber, hatten mit den Oppositionsfraktionen SPD und Grüne gegen die Gesetzesvorlage der Staatsregierung gestimmt. Der Regierungschef überließ es seiner Justizministerin Beate Merk (CSU), die Abschaffung des höchsten bayerischen Gerichts in Straf- und Zivilsachen zu verteidigen. Das "Bayerische Oberste" verkörpere heute keine Sonderkompetenzen mehr, sondern sei nur noch eine "besondere Organisationsform", erklärte Merk. Es bedeute keineswegs das Ende bayerischer Eigenständigkeit, wenn die Aufgaben des Bay0bLG in Zukunft von den drei bayerischen Oberlandesgerichten (OLG) in München, Nürnberg und Bamberg wahrgenommen würden. Die erhofften Einsparungen von jährlich 1,5 Millionen Euro seien für die Justiz "eine Menge Geld".Der rechtspolitische Sprecher der SPD, Franz Schindler, warf der CSU vor, sie schaffe "die Spitze der Judikative" ab. Es gehe nicht um irgendeine Behörde, sondern um den Bruch mit einer 387-jährigen Tradition. Die Auflösung des Bay0bLG folge einer "unseligen Tradition": 1935 sei das Gericht von den Nazis "mit denselben Vokalen" abgeschafft, aber 1948 noch vor Gründung der Bundesrepublik als "Symbol der Eigenstaatlichkeit Bayerns" wieder errichtet worden, so Schindler.Die Abschaffung des Bay0bLG bedeute keine Verschlankung, sondern eine Schwächung der Justiz, hielt die Rechtsexpertin der Grünen, Christine Stahl, der CSU-Mehrheit vor. Sowohl SPD wie Grüne behielten sich verfassungsrechtliche Schritte gegen das Auflösungsgesetz vor. Das Verfahren sei "ordnungswidrig und unangemessen" gewesen, sagte Stahl.
Von den Kritikern der Auflösung innerhalb der CSU meldete sich in der Debatte niemand zu Wort. ExJustizminister Weiß hatte vorhergesagt, dass eine Mehrheit der CSU auf Druck Stoibers hin für die Auflösung stimmen würde, obwohl auch andere dies für falsch hielten. Die nicht mehr dem Landtag angehörende frühere Justizministerin Mathilde BerghoferWeichner (CSU) vermutete, die Exekutive wolle so der Judikative ihre Macht demonstrieren und sprach von einem "Schikanierstückerl". "Wir schaffen nicht die Unabhängigkeit der Justiz ab, wenn wir ein Gericht abschaffen", widersprach der CSU-Rechtspolitiker Bernd Weiß.
Oppositionspolitiker erregten sich einmal mehr über die Abwesenheit des Regierungschefs im Plenum. Es sei "ungeheurlich", wenn Stoiber in einer Regierungserklärung alles auf den Kopf stelle und bei den folgenden Beratungen des Landtags nicht einmal anwesend sei, sagte der SPD-Abgeordnete Rainer Volkmann. Die Grünen-Parlamentarier Stahl zeigte dagegen Verständnis: Vermutlich habe Stoiber "wieder am Sturz von Frau Merkel zu arbeiten".
Mit 94 Ja-Stimmen bei 59 Gegenstimmen und drei Enthaltungen blieb die Zustimmung zum Gesetzenentwurf über die Bay0bLG-Auflösung deutlich unter der Mannschaftsstärke der CSU, die 124 von 180 Abgeordneten stellt. Landtagsvizepräsident Peter Paul Gantzer von der SPD stimmte dagegen der Auflösung zu. Ralf
MüllerLandshuter,Straubinger,26.Oktober2004
Leistungsfähigkeit der Justiz sicher stellen
Amtsgerichtsdirektor Bernhard Ring bezeichnet Franz Löfflers Vorwürfe als "absurd"
Cham. Die Zusammenlegung der Amtsgericht-Zweigstellen, im Landreis Cham sei erforderlich, um die Leistungsfähigkeit der Justiz sicher zu stellen, sagt Amtsgerichtsdirektor Bernhard Ring. Die vom Waldmünchner Bürgermeister Franz Löffer in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe bezeichnet er als "absurd".In seiner Stellungnahme schreibt Ring: "Ich kann nur bedauern, dass sich Bürgermeister Löffler nicht mit mir unterhalten hat; es hätte dann so manche Fehlinformation nicht gegeben. Aber nun zur Sache:
Ich werde eine fundierte Information geben, statt emotionsgeladener Aussagen - aber das ist man ja von einem Juristen und vor allem von einem Richter, der der Wahrheit verpflichtet ist, gewohnt! Der Hauptvorwurf, die Gerichtsauflösung wäre hausgemacht und von mir bewusst durch entsprechende Maßnahmen unterstützt, ist absurd.
In seiner Stellungnahme schreibt Ring: "Ich kann nur bedauern, dass sich Bürgermeister Löffler nicht mit mir unterhalten hat; es hätte dann so manche Fehlinformation nicht gegeben. Aber nun zur Sache:
Ich werde eine fundierte Information geben, statt emotionsgeladener Aussagen – aber das ist man ja von einem Juristen und vor allem von einem Richter, der der Wahrheit verpflichtet ist, gewohnt! Der Hauptvorwurf, die Gerichtsauflösung wäre hausgemacht und von mir bewusst durch entsprechende Maßnahmen unterstützt, ist absurd.
Grundbuchverlagerung im Jahre 1998:Zu diesem Zeitpunkt war ich normaler Richter am Amtsgericht und in keiner Führungsposition. Die Grundbuchverlagerung wurde vom Justizministerium in ganz Bayern aus Effizienz- und Kostengründen durchgeführt. Weder einer meiner Kollegen noch ich selbst waren in den Entscheidungsprozess eingebunden.
Entscheidung des Präsidiums
Verlagerung der Strafsachen von den Zweigstellen zum Hauptgericht 1993: Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz ist die Entscheidung darüber dem Präsidium zugewiesen, dem gewählte, unabhängige Richter angehören. Im Hinblick auf die Gewaltenteilung halte ich es für problematisch, zu versuchen, sich in die Belange der Dritten Gewalt einzumisehen.
Die Verlagerung der Strafsachen der Zweigstellen Kötzting und Roding wurde vom Präsidium des Amtsgerichts Cham im Jahre 1993 beschlossen, die Hereinnahme der Strafsachen von Furth im Wald (Richter Kopp ging zum 1. Februar 2003 von Furth nach Cham; die dortige Richterstelle wurde ein- bis zweimal wöchentlich von einem Richter aus Cham betreut) und Waldmünchen (das Strafrichterpensum betrug dort 0,15 eines richterlichen Referats, also zehn Prozent) im Februar 2003. Alleiniger Grund war jeweils die Tatsache, dass die richterlichen Aufgaben, die an den vier Zweigstellen und am Hauptgericht anfallen, nicht gerecht aufgeteilt werden konnten.
Aber nun zum Ausgangspunkt, dem Artikel vom 22. Oktober 200 im Münchner Teil der "Süddeutschen Zeitung". Der Landtagskorrespondent der SZ hat mich am 21. Oktober 2004 gegen 13 Uhr angerufen und mich gebeten, nach dem Vortrag der Justizministerin am Vormittag im Landtag - zu den Auflösungsvorschlägen aus der praktischen Sicht eines Behördenleiters Stellung zu nehmen, in dessen Bezirk sich bayernweit die meisten Zweigstellen befinden. Er hat sich weiter nach dem Zustand und dem Betrieb vor Ort erkundigt.
Schlechter baulicher Zustand
Ich habe ihm erklärt, dass unsere vier Zweigstellen in den Jahren 1863 bis 1880 gebaut worden sind. Da keine Feuchtigkeitssperren moderner Art vorhanden seien, führe dies an allen Zweigstellen zu mehr oder minder erheblichen Feuchtigkeits- und Salpeterschäden. Am Amtsgericht Furth im Wald herrsche in einem Zimmer im Erdgeschoss erheblicher Schimmelgeruch. Der bauliche Zustand der Gebäude sei insbesondere in Furth im Wald (leerer unbeheizter 2.Stock) verhältnismäßig schlecht. Aufgrund der dünnen Personaldecke - am Nachmittag sind an den Zweigstellen teilweise nur ein bis drei Personen anwesend (Teilzeitkräfte) - hätte ich angeordnet, dass die Zweigstellen am Nachmittag aus Sicherheitsgründen geschlossen seien, aber jeder rechtssuchende Bürger selbstverständlich sich über eine Glocke bemerkbar und sein Anliegen vorbringen könne.
Zudem habe ich den Personalstand der Zweigstellen geschildert und als Beispiel Waldmünchen angeführt. Dort seien derzeit ein Rechtspfleger, ein Wachtmeister und drei Halbtagskräfte beschäftigt. Am Nachmittag seien deshalb in der Regel nur zwei Personen anwesend (Richter Vogl befindet sich nur an zwei Tagen in Waldmünchen). Bei Urlaub und Krankheit des Rechtspflegers sei nachmittags nur der Wachtmeister da, der die Rechtssuchenden an das Hauptgericht in Cham verweisen müsse. Was der Verfasser des Artikels aus diesen Informationen gemacht hat, ist seine journalistische Freiheit, aber seine Schlüsse sind für mich nachvollziehbar
Engagierte Mitarbeiter
Dass die Zweigstelle Waldmünchen dennoch funktioniert, ist lediglich dem enormen Engagement der Mitarbeiter zu verdanken, einem Engagement, das auf Dauer jedoch alle überfordern dürfte. Kann so eine effiziente Arbeit der Justiz im 21. Jahrhundert aussehen?Und an den anderen Zweigstellen ist es angesichts der dünnen Personaldecke nicht viel anders. Der verhältnismäßig geordnete Betrieb ist auch hier auf die engagierten Mitarbeiter zurückzuführen.
Hinzu kommt, dass bei Krankheit oder Urlaub Vertretungen kaum oder nur sporadisch (beschränkt auf Eilfälle) vorgenommen werden können und deshalb Verfahren einfach unbearbeitet liegen bleiben müssen. Diese Probleme könnten bei einer Zusammenführung gelöst werden.
Bündelung der Kräfte
Eine solche Zusammenfügung der Zweigstellen mit dem Hauptgericht führt zu einer Bündelung der Kräfte, zu Synergieeffekten und zu einer wirklich effizienten Arbeit der hiesigen Justiz zum Wohle aller Bürger. Es ist doch nicht wichtig, wo der Richter sitzt, sondern dass er und seine Mitarbeiter die an sie gestellten Aufgaben optimal und effizient erfüllen können. Dies bedeutet nach wie vor Dienstleistung der Justiz in erreichbarer Nähe. In einem Zeitalter, wo alles motorisiert ist und sich jeder der zahlreich angebotenen elektronischen Hilfsmittel bedienen kann, stellen diese wenige Kilometer kein Hindernis dar.
Wir müssen die Leistungsfähigkeit der Justiz sicherstellen und deshalb stehe ich voll hinter dem Konzept der Bayerischen Justizministerin "