Landshuter,Straubinger,5.Nov2004

Wachsende Skepsis über Ausgang

der Föderalismus-Reformdebatte

Stoiber und Müntefering arbeiten an Kompromiss für "heiße Phase"

Berlin. (dpa) Mit starken Differenzen unter den Beteiligten und wachsender Skepsis gehen die Verhandlungen über eine Föderalismusreform in ihre alles entscheidende Phase. Ab kommender Woche wollen die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und SPD-Chef Franz Müntefering, hinter verschlossenen Türen versuchen, einen Kompromissvorschlag zu erarbeiten, hieß es am Donnerstag aus Kommissionskreisen. Das Papier soll dann Grundlage für die "heiße Beratungsphase" im Dezember werden.

Die Kommunen verlangten eine Verbesserung ihrer Stellung im Grundgesetz. Der Münchner OB und Städtetags-Vizepräsident Christian Ude (SPD) forderte eine verbindliche Beteiligung der Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes. Auch müssten die Kommunen eine Möglichkeit erhalten, "sich gegen finanzielle Lastenverschiebungen durch Bund und Länder zu wehren", erklärte Ude.

SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter kritisierte das Verhalten der Landesregierungen. Er habe häufig den Eindruck, dass viele danach gieren, auf Bundesebene stärker mitzuregieren, sagte Benneter. Auf der anderen Seite würden die Landesparlamente "immer mehr an Kompetenzen verlieren". Der bayerische Landtagspräsident Alois Glück hatte - wie berichtet - dafür geworben, den Ländern mehr Gesetzgebungskompetenzen zu geben.

Der ehemalige Verfassungsrichter Dieter Grimm, der als Sachverständiger dem Gremium angehört, sieht mittlerweile einen Erfolg der Kommission in Gefahr. "Ich fürchte, wir werden einige alte Fehler durch eine Reihe neuer ersetzen", sagte Grimm. "Die Frage, die jede Verfassungsreform leiten müsste: Was nützt der Bundesrepublik Deutschland als der Gesamtheit aus Bund und Ländern? ist unter einer harten Bund-Länder-Konfrontation verschüttet worden", meinte Grimm.

Die Kommission trat am Donnerstagabend zu weiteren Beratungen über eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern zusammen. Entscheidungen wurden nicht erwartet.

Die endgültige Entscheidung über Erfolg oder Scheitern der Kommission wird am 17. oder 18. Dezember fallen, wenn sich die Kommission zu ihrer abschließenden Plenarsitzung trifft.

 

4.Nov 2004

Landtage dringen auf ein rasches Ergebnis

Gemeinsame Erklärung der Landtagspräsidenten fordert Einigung über Föderalismus-Reform

Berlin. (AP/dpa) Die Landtage dringen auf ein rasches Ergebnis in der Föderalismuskommission. Der Sprecher der Landtage, der bayerische Landtagspräsident Alois Glück (CSU), sagte am Mittwoch in Berlin: "Was wir bis zum 17. Dezember nicht erreichen, werden wir im nächsten Jahr auch nicht erreichen." Die Kommission, die über die künftige Machtverteilung zwischen Bund und Ländem berät, tritt am heutigen Donnerstag zu ihrer vorerst letzten Klausurtagung zusammen.

Dabei sind die Vertreter der Landtage und der Bundesregierung nur Gäste. Regierungssprecher Bela Anda erklärte, auch im Bundeskabinett sei erneut über die Arbeit in der Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung gesprochen worden. Kanzler Gerhard Schröder habe gemahnt, die Handlungsfähigkeit des Bundes müsse erhalten werden. Es dürfe bei der Gesetzgebung keinen Flickenteppich geben. Anda erklärte, die Positionen der Regierung seien seit langem klar. Aber sie sei eben nur Gast bei den Beratungen der Kommission. Glück erklärte dazu, nötig sei keine förmliche Stellungnahme. Aber der Bund müsse zumindest "handlungsfähige Positionen" einnehmen.

Die Landesparlamente appellierten an die Kommission, die verbleibende Zeit bis zum Jahresende für eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung zu nutzen. "Das politische System der Bundesrepublik Deutschland würde Schaden nehmen, wenn es sich durch ein Scheitern der Kornmissionsarbeit als reformunfähig erwiese", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Landtagspräsidenten.

Glück sagte, die Landtage hätten fünf essenzielle Forderungen: Die Bildungs- und Kulturhoheit der Länder sei unverzichtbar. Bundeseinheitlich geregelt werden müssten nur die Herstellung vergleichbarer Regelungen von Hochschulzugängen und -abschlüssen. "Die Qualitätssicherheit muss Sache der Länder sein."

Als zweiten Punkt nannte Glück, die Länder müssten im Bereich ihres Beamtenrechts die Personalhoheit wiedererlangen. Sie benötigten angesichts eines Personalkostenanteils von bis zu 50 Prozent am Landesetat die notwendigen Gestaltungsmöglichkeiten. Drittens müssten die Länder für ihren Verwaltungsvollzug die Organisationshoheit haben. Dies würde auch die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze wesentlich reduzieren. Auch Sachverhalte mit regionalem Bezug wie Ladenöffnungszeiten und Schornsteinfegerwesen müssten den Ländern übertragen werden. Schließlich sei Europa "ein schwieriges Thema", meinte Glück. Länderregelungen dürften nicht durch europäische Regeln unterlaufen werden, ohne dass die Länder dabei ein Mitspracherecht hätten.

"Vorrang hat die klare Trennung zwischen Bund und Ländern", sagte der CSU-Politiker zur Diskussion über das so genannte Zugriffsrecht. Danach soll der Bund die Möglichkeit bekommen, Sachverhalte allein zu entscheiden. Den Ländern wird im Gegenzug das Recht eingeräumt, die Bundesregelung durch eine Landesregelung zu ersetzen. "Wer dieses nicht will oder kann, der übernimmt einfach Bundesrecht", meinte Glück.

 11.Nov 2004

Föderalismusreform: Fronten sind verhärtet

Neue Spitzenrunde bringt keine Bewegung - Bundesregierung legt eigene Vorschläge vor

Berlin. (AP/dpa) Die Fronten im Streit um eine grundlegende Föderalismusreform bleiben trotz eines Vorschlagspakets der Bundesregierung verhärtet. Auch nach einer neuen Spitzenrunde war am Mittwochabend noch keine entscheidende Bewegung in den Verhandlungen sichtbar. Die beiden Co-Vorsitzenden der Föderalismuskommission, SPD-Chef Franz Müntefering und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), legten in der Sitzung ein Papier vor, das den derzeitigen Stand der Diskussion zusammenfasse.

Müntefering sprach im Anschluss davon, dass es in einigen Fragen nun punktuelle Klarheit gebe, aber noch längst keinen Konsens darüber, welche Zuständigkeiten künftig beim Bund und bei den Ländern liegen sollen. Der Bund sei mit den Vorstellungen der Länder "alles andere als zufrieden". Für die Bundesländer gelte dieses umgekehrt. Stoiber gab sich allerdings überzeugt: "Alle wollen ein Ergebnis."

Kurz vor dem Treffen, an dem zahlreiche Ministerpräsidenten und Spitzenpolitiker der Bundestagsfraktionen teilnahmen, hatte die Bundesregierung erstmals eigene Vorschläge zur Föderalismusreform veröffentlicht. Von Seiten der Union wurde allerdings signalisiert, dass diese nicht weit genug gingen. "Das ist für die Länder nicht akzeptabel", sagte Vizefraktionschef Wolfgang Bosbach der dpa.

Nach den Worten von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) tritt der Bund für eine klare Trennung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern ein. In der Sitzung mit Stoiber und Müntefering stellte sie klar, dass die Regierung die Einführung von so genannten Zugriffsrechten bei der Gesetzgebung unter Umständen akzeptieren würde. Dies ist eine der zentralen Forderungen der großen Bundesländer. Sie wollen, dass in einigen Bereichen, die bislang vom Bund geregelt sind, abweichende Länderregelungen gestattet werden.

Nach dem Papier der Bundesregierung soll die Rahmengesetzgebung des Bundes wegfallen. Damit erhielten die Länder weitgehende Autonomie für ihre Landesbeamten und im Hochschulbereich. Bei Zugang, Abschlüssen und Qualitätssicherung an den Hochschulen soll der Bund aber weiterhin das alleinige Sagen haben,

Nach den Vorschlägen der Bundesregierung sollen die Länder beim Versammlungsrecht über den Strafvollzug bis zu Teilen des Gewerberechts und des Wohnungswesens allein zuständig sein. Der Bund wiederum will im Umweltschutz, beim Arbeitsrecht und bei der Kernenergie die Kompetenz haben.

Zur Entflechtung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern schlägt die Regierung erneut vor, dass die Länder bei Steuerarten, deren Einnahmen sie bereits jetzt bekommen, ganz zuständig sein sollen. Das gilt etwa für die Vermögen- und Erbschaftsteuer. Dies haben die Länder jedoch bereits ebenso abgelehnt wie die vom Bund verlangte Zentralisierung der Steuerverwaltung.

 

12.Nov 2004

Eine Aktuelle Stunde im Landtagsplenum,

die nicht von vorneherein auf Kontroverse zwischen CSU und Opposition angelegt ist, das hat es diese Woche erstmals gegeben. Die Regierungspartei hatte das Vorschlagsrecht und wählte das Thema "Wiederbelebung des Föderalismus - mehr Eigenständigkeit für die Länder und ihre Parlamente". Dies nachdem sie das Einverständnis von SPD und Grünen eingeholt hatte. Eine wesentliche Rolle hat dabei augenscheinlich Landtagspräsident Alois Glück (CSU) gespielt. Unter seinem Vorsitz war Mitte Oktober auf der Tagung der Landtagspräsidenten und der in die Bund-Länder-Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung entsandten Parlamentarier die "Münchner Erklärung" verabschiedet worden:" Die Landesparlamente erwarten von der Bundespolitik und insbesondere von der Bundesregierung, für die Stärkung des Föderalismus ein deutliches Zeichen zu setzen... Es geht im Kern um die Stärkung der parlamentarischen Demokratie... um mehr Transparenz und Bürgernähe und damit um die Revitalisierung unseres Landes."

Glücks Versuch, im Landtagsplenum am 20.Oktober in diesem Sinne einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag anzunehmen, scheiterte. Die Opposition teilte mit, die Initiative sei in den beiden Fraktionen zu spät angekommen. So blieb es bei einem CSU-Antrag, der dann bei oppositioneller Stimmenthaltung angenommen wurde. Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte sich vergeblich bemüht, die über Parteigrenzen hinaus erforderliche Gemeinsamkeit zu beschwören, zumal er zusammen mit dem SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering Vorsitzender der Föderalismus-Kommission ist. Die Sache drängt. Am 17. Dezember soll die Kommission zum letzten Mal tagen und dann einen Vorschlag zur Reform des Grundgesetzes beschließen - mit den Stimmen aller 16 deutschen Länder oder gar nicht.

Huber fand passenden Ton

Aber am 20. Oktober war das Klima im Landtag zu erhitzt. Gerade hatte es die Auseinandersetzung um den bayerischen Doppelhaushalt, ab 2006 mit der Null in der Rubrik "neue Kredite", gegeben; und in der von den Grünen damals beantragten Aktuellen Stunde zur "desaströsen und chaotischen" Situation an den Schulen unter Regie der "unfähigen" Kultusministerin Monika Hohlmeier hatten sich CSU und Opposition zu viele, auch polemische Argumente gegenseitig an die Köpfe geworfen. Da war keine Atmosphäre, um dem Ministerpräsidenten zuzustimmen, der für SPD und Grüne Urheber des "Desasters" in der Verwaltungs- und Schulreform ist.

Diese Woche war Stoiber zur Aktuellen Stunde nicht erschienen. Reformminister Erwin Huber vertrat ihn. Er ist zwar auch eines der Hauptangriffsziele der Opposition, aber er fand den passenden Ton und die richtigen Argumente, wenn auch der Vorwurf, die Bundesregierung habe kein Interesse an der Föderalismusfrage oder blockiere sie gar, seine Rolle spielte. Die CSU-Redner, darunter der ansonsten auch für seine Ecken und Kanten bekannte Peter Welnhofer, taten ein Gleiches: Auf der Gegenseite u. a. der frühere SPD-Landesvorsitzende Wolfgang Hoderlein als Hauptsprecher in der Sache. Dem Vorwurf der CSU an die Berliner Adresse stellten SPD und Grüne die Forderung entgegen, erst mal solle der Freistaat den innerbayerischen Föderalismus fördern und den Kommunen mehr Freiheiten und Geld gewähren. Das hielt die CSU für unbegründet. Eine gemeinsame Entschließung gab es nicht. Es bleibt bei dem im Oktober angenommenen CSU-Dringlichkeitsantrag, den ja die Opposition weitgehend mitgetragen hätte, wenn... Ein Tenor der aktuellen Debatte blieb: Die Sache eilt und steht auf Spitz und Knopf.

Stoiber und sein Europaminister Eberhard Sinner werden noch vor dem 17. Dezember zu einer Regierungskonferenz nach Quebec reisen, dem kanadischen Zentrum des Föderalismus. Die Provinz ist Bayerns erklärter Partner, ebenso die Provinzen Western Cape in Südafrika, Oberösterreich und Shandong in China. Sie alle werden in Quebec dabei sein. Man wird über die Erfahrungen mit dem kanadischen System "asymmetrischer" Föderalismus reden. Es bedeutet, die einzelnen Provinzen bzw. Länder bekommen unterschiedliche Zuständigkeiten, je nach Größe und Wirtschafts (Finanz)kraft. Das ist in der Bundesrepublik die steilste Klippe, an der die Reform scheitern könnte. Die kleinen deutschen Länder fürchten, sie könnten neben den großen untergehen. Im Landtag hat Huber angemerkt, Bayern könnte auch ohne die Reform leben, aber Deutschland nicht. Und er beschwor eine "hohe Übereinstimmung".

So sieht er die Lage auch bei dem gleichfalls in einer entscheidenden Phase stehenden landeseigenen Reformprojekt "Verwaltung 21 ", wie es der Ministerpräsident vor einem Jahr in seiner Regierungserklärung - ohne vorherigen Kontakt zur CSU-Fraktion - zum Schwerpunkt der Legislaturperiode erklärt hat. Hohe Übereinstimmung umreißt konkret die Lage in der Regierungspartei zum "Paket 2" der Verwaltungsvereinfachung. Es geht um die Zusammenlegung oder Abschaffung von Ämtern und Behörden auf den Ebenen zwischen Staatsregierung und Kommunen und damit um neue Amtssitze, respektive die Auflösung alter.

Verbessert oder verwässert?

Hohe Übereinstimmung bedeutet noch nicht Einmütigkeit. Das hat CSU-Fraktionsvorsitzender Joachim Herrmann nach der eigens diesem Thema gewidmeten Vorstandssitzung in Nürnberg und nach der Fraktionssitzung im Maximilianeum bestätigt. Das in den wochenlangen Auseinandersetzungen mit der Staatsregierung, auch in ihr, nun vorliegende Konzept ist zwar gegenüber dem Entwurf wesentlich verändert - verbessert oder verwässert, je nach Standpunkt - enthält jedoch nach wie vor noch Zündstoff. Er soll in einer letzten Fraktionssitzung am kommenden Mittwoch ausgeräumt werden, doch selbst dann immer noch nicht ganz, wie aus Andeutungen Herrmanns und verschiedener Abgeordneter hervorgeht. Die gerade begonnenen und bis Mitte März anberaumten Verhandlungen über den Doppelhaushalt 2005/2006 bieten Gelegenheit für Korrekturen im Einzelfall – soweit das im Bereich des Landtags als Gesetzgeber liegt. Die Opposition sieht darin einen der Pferdefüße der Verwaltung 21.Vieles sei ohne Parlament auf dem Verordnungsweg zu verfügen. Die SPD hatte für das gestrige Landtagsplenum deshalb einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, in dem sie die Staatsregierung aufforderte, Entscheidungen über das "Paket 2" erst zu treffen, nachdem dem Parlament Unterlagen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne der Kosten-Nutzen-Analyse vorgelegt wurden und der Oberste Rechnungshof die Neuorganisation der Verwaltung auf' ihre Auswirkungen auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung geprüft hat. So will sich die CSU nun nicht dreinreden lassen, aber Herrmann sagte prompt "bitte sehr". Durch die Reformen würden in den kommenden zehn bis 15 Jahren 11 000 Stellen (inklusive längerer Arbeitszeit) eingespart, was 550 Millionen Euro zugunsten von Investitionen bedeute. Dafür "lassen wir uns gerne an den Kriterien des ORH oder auch des Bundes der Steuerzahler messen".

Dass es nicht nur um Vereinfachung, sondern auch um Strukturpolitik geht, wurde und wird am Beispiel des Landesamtes für Umwelt am deutlichsten. In ihm werden die Ämter für Umwelt, Wasserwirtschaft, Geologie und. Arbeitsschutz vereint, der Hauptsitz wird von München nach Augsburg verlegt, der Umweltbereich kommt mit 300 Personalstellen nach Hof. Dafür hat sich auch Umweltminister Werner Schnappauf - nicht zufällig oberfränkischer Abgeordneter - stark gemacht, zunächst gegen die Meinung von Finanzminister Kurt Faltlhauser. Dann ergaben neue Berechnungen, dass die konzentrierte Verlagerung nach Augsburg 22 Millionen Euro, mit Außenstelle Hof 22,8 Millionen Euro kosten werde. Bei dem geringen Kostenunterschied waren für die Mehrheit zumindest im Fraktionsvorstand die 300 Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region Oberfranken ausschlaggebend. Es habe sich keine andere Behördenverlagerung gefunden, stellte Herrmann fest, die den gleichen Effekt erzielen würde. Die Zustimmung im Fraktionsvorstand erfolgte mit 15 gegen fünf Stimmen.

Die Strukturpolitik wird in der entscheidenden Fraktionssitzung auch bei anderen Deregulierungen ihre Rolle spielen. Etwa in der Frage, wie viele der 32 Amtsgerichtszweigstellen aufgelöst oder erhalten bleiben. Bei der Neuordnung der Landwirtschaftsämter werden wohl alle 47 bleiben und die 121 Forstämter integrieren, bei Reduzierung der Mitarbeiterzahl von 1600 auf 1070. Die sechs Bezirksfinanzdirektionen bleiben als Teile eines Landesamtes für Steuern erhalten, dessen Präsident in Ansbach residiert. Eine zentrale Kasse kommt nach Landshut, was freilich nur für die Organisation seine Auswirkungen hat. Die Niederbayernmetropole ist ansonsten kein Gewinner von Verwaltung 21. Passau bekommt zwar nicht den Dienstsitz für die polizeiliche Schutzbereichsleitung, die wird in Straubing sein, wird jedoch immerhin Führungszentrum der niederbayerischen Kripo.

Unabhängig davon bleibt Straubing strukturpolitisch gut im Rennen. Die beiden örtlichen CSU-Abgeordneten Herbert Ettengruber und Josef Zellmeier sind derzeit recht optimistisch, was den Auf- und Ausbau des Kompetenzzentrums für Nachwachsende Rohstoffe mit seinen drei "Säulen" CARMEN e. V., Technologie- und Förderzentrum (TFZ) sowie Wissenschaftszentrum betrifft. Bei der für Letzteres vorläufig eingeplanten runden Million Euro in den kommenden zwei Jahren wird es nicht bleiben. "Es wird wesentlich mehr sein", schätzt Zellmeier. Er und Ettengruber waren in diesem Sinne in den letzten Wochen umtriebig. Wissenschaftsminister Thomas Goppel hat eine beträchtliche Erhöhung der Fördermittel (aus Privatisierungserlösen sollen in den kommenden zwei Jahren 160 Millionen Euro zur Verfügung stehen) in Aussicht gestellt. Eine wesentliche Rolle wird dabei auch Finanzstäatssekretär Franz Meyer zugeschrieben. Er ist Niederbayer und Straubing das einzige einschlägige Projekt im Bezirk. Zum Stand der Dinge erklärte er: "Ich will arbeiten für Niederbayern." Auf die genaue Summe wollte er sich aber nicht festlegen. Und schließlich steht auch der Ministerpräsident für Straubing im Wort.

 

6.Nov 2004: Leserbrief

Miserable Schulpolitik des Freistaats

Wieder einmal die unfähigen Lehrer! So tönt es in der Öffentlichkeit und in den Berichten von Institutionen. Neuestes Beispiel: Der Artikel mit dem Titel "Schlechte Noten für Schulabgänger" in der Ausgabe vom 21. Oktober. Sie konnten lesen: "Nach einer Umfrage des Münchner IFO-Instituts bei 1087 Unternehmen ist das Leistungsniveau seit der Pisa-Studie weiter gesunken. Besonders schlecht schneiden die Hauptschüler ab, die seit drei Jahren in den Beurteilungen der Betriebe von der Note 3,4 auf 3,8 abrutschten. Die Realschüler fielen von 2,8 auf 3,0."

Wenn wir unterstellen, dass die Ergebnisse der Umfragen stimmen, dann gibt es dafür eine plausible Erklärung, nämlich die schulorganisatorischen Reformen der bayerischen Schulpolitik.

Die Eltern und Schüler werden, wie kaum in einem anderen Land, schon in der vierten Jahrgangsstufe gezwungen, sich für die Schullaufbahn ihrer Kinder zu entscheiden. So ist es verständlich, dass man unter allen Umständen versucht, wenn es denn sein muss mit der gerichtlichen Anfechtung der Noten im Ubertrittszeugnis, das Kind in eine höhere Schulart zu bringen.

Wenn nun (fast) alle Kinder, die in den Fächern Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachkunde die Gesamtnote von 2,5 und auch darunter, die Schule wechseln, dann bräuchte man wohl den berühmten Nürnberger Trichter, um den verbleibenden traurigen Rest der Hauptschule aus IQ-, mileau- und sprachbehinderten Kindern im Schnitt noch zu überdurchschnittlichen Leistungen zu bringen. Aber auch die Qualität von weiterführenden Schulen leidet unter der Tatsache, dass eben doch eine Reihe von Kindern dort nicht die erforderlichen Leistungen bringen kann und deshalb die Ergebnisse abfallen.

Alle Prognosen im Zusammenhang mit der Einführung der sechsklassigen Realschule waren vorsätzlich falsch oder grob fahrlässig gestellt. Voran die vorher immer bestrittene Kostenexplosion: An den Hauptschulen leer stehende Klassenräume, an den Realschulen Raummangel mit notwendigen hohen Baukosten; das Sterben der Teilhauptschulen und damit der wohnortnahen Beschulung; die immense Ausweitung des Schulbusbetriebs mit überfüllten Bussen und astronomisch gestiegenen Transportkosten. Auch die Mär von weniger Wiederholungsschülern gegenüber der vierklassigen Realschule stimmt wohl nicht.

Und immer sind die Lehrer schuld, nicht die miserable Schulpolitik der Regierung. Noch in diesem Schuljahr werden die Eltern der Erst- und Zweitklassler verwundert feststellen müssen, dass die Kleinen nach einem ausgeklügelten Bewertungsmodus mit hohem zusätzlichem Zeitaufwand für den Lehrer in die Gruppen A, B, C, D eingeordnet werden müssen, neben der Notengebung also auch noch ein Sozio-Psychogramm. Arme Kindheit!

Die Lehrer tragen keine Schuld am Patienten Schule. Die bayerische Schulpolitik macht's!

4.Nov 2004

Stoiber ruft Sudetendeutsche und

Tschechien zu direktem Dialog auf

Merkel: CDU unterstützt keine Entschädigungsklagen von Vertriebenen

München. (dpa) Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat zu einem direkten Dialog zwischen Sudetendeutschen und der tschechischen Regierung aufgerufen. Er wünsche sich eine versöhnende Geste der Prager Regierung gegenüber der deutschen Minderheit und den von der Vertreibung besonders hart getroffenen Sudetendeutschen, sagte Stoiber am Mittwoch in München. Die Vertreibung sei und bleibe völkerrechtswidriges Unrecht. "Der direkte Dialog zwischen den Repräsentanten der Sudetendeutschen und der Tschechischen Republik wäre daher der Königsweg, dieses Unrecht zu heilen."

Stoiber sprach bei einem Festakt zum 50. Jubiläum der Schirmherrschaft Bayerns über die Sudetendeutsche Volksgruppe. Die Vertriebenen hätten dem Freistaat kräftige, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Impulse gegeben, würdigte der CSU-Chef die Verdienste der Flüchtlinge um den Aufbau Bayerns. Ein gutes Jahr für den Beginn des Dialogs mit Tschechien wäre nach Ansicht Stoibers das nächste Jahr, in dem sich Kriegsende und der Beginn der Vertreibung zum 60. Mal jähren. "Versöhnung ist ein schwieriger Prozess. Aber in einem gemeinsamen Europa muss dies in einer gemeinsamen Anstrengung zu schaffen sein", sagte Stoiber.

Stoiber bekräftigte seine Unterstützung zur heftig umstrittenen Gründung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin. Die Gründung wäre ein Zeichen, dass Europa die dunklen Seiten seiner neueren Geschichte ausarbeite, sagte er.

Unterdessen machte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel deutlich, dass sie keine Entschädigungsklagen von deutschen Vertriebenen unterstützt. "Wir glauben und hoffen, dass das gemeinsame Europa weiter zusammenwächst. Aber das heißt nicht, dass man die alten Besitzverhältnisse wieder herstellen will", sagte Merkel einer tschechischen Zeitung. In dieser Frage "würde sich eine CDU-geführte Bundesregierung nicht von der SPD-Regierung unterscheiden", betonte sie. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat bereits erklärt, für Reparationsforderungen gebe es "weder rechtlich noch politisch" Raum.

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