VDI nachrichten, München, 19.11.04 -

Studie: Produktionsverlagerung wird sich beschleunigen

Auch viele F&E-Jobs sind stark gefährdet

Knapp 2 Mio. Arbeitsplätze in Deutschland sind laut einer Studie von der Verlagerung ins Ausland bedroht. Nach Konzernen planen vor allem Mittelständler in den kommenden fünf Jahren Stellenverschiebungen.

"Erstmals sind verstärkt Arbeitsplätze auch in Forschung und Entwicklung betroffen", so Stephan Götzl vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (VBM) bei der Vorstellung der Studie am Dienstag in München. Bisher seien jedes Jahr rund 100 000 Industrie-Arbeitsplätze verlagert worden, sagte der Hauptgeschäftsführer des VBM, der die Studie an der Technischen Universität München in Auftrag gegeben hatte.

Mit jeder verlagerten Stelle verschwanden 1,7 weitere in Dienstleistungssektor und Handwerk. Als erschreckend bezeichnete Götzl die geplanten Verlagerungen im Mittelstand: Allein bei Firmen mit einem Umsatz bis zu 40 Mio. E sei mit einer Steigerung um 500 % zu rechnen.

Der Autor der Studie, der BWL-Professor Horst Wildemann, führte aus, in den zwei Outsourcing-Wellen seit 1980 seien vor allem Jobs in der Produktion verlagert worden. In jüngster Zeit seien zunehmend Stellen in Forschung und Entwicklung, Service oder Administration betroffen. Verlagert werde hauptsächlich nach China, Indien und in die neuen EU-Mitgliedsländer in Osteuropa.

Neben den Einsparungen bei den Personalkosten könnten die Unternehmen im Ausland neue Märkte erobern. Viele kleinere Betriebe würden zudem von ihren Abnehmern gedrängt, an deren ausländischen Standorten präsent zu sein. Als Beispiel nannte Wildemann die Autozuliefer-Industrie.

"Teil-Verlagerungen können durchaus sinnvoll sein", sagte der BWL-Professor. "Es kommt darauf an, die richtige Arbeitsteilung zu finden." Im Schnitt dauere es ein bis eineinhalb Jahre, bis die volle Wertschöpfung im Ausland erreicht sei.

Weil die Qualifikation der dortigen Mitarbeiter und Zulieferbetriebe oft nicht ausreiche, kämen derzeit rund 9 % der verlagerten Jobs nach Deutschland zurück. In Forschung und Entwicklung sei mittlerweile etwa die Hälfte der Stellen wieder zurückverlagert worden. Der Anteil werde aber abnehmen, sagte Wildemann, weil im Ausland die Qualifikation zunehme.

"Wenn wir nichts ändern, wird Deutschland zum Globalisierungsverlierer", warnte Götzl vom VBM und forderte neben Steuersenkung und Deregulierung auch längere Arbeitszeiten. "Wir arbeiten in diesem Land zu wenig - in der Woche, im Jahr, im Leben". Seit 1960

habe sich die Arbeitszeit pro Jahr um 11,5 Wochen reduziert. Eine Erhöhung von 35 auf 40 Stunden pro Woche reduziere die Arbeitskosten um rund 15 %. ap/ps

www.vbm.de

zurück