Straubinger, 7.Dez 2004

Kabinett stellt die Weichen für ein neues Kindergartengesetz
Behörden sollen Investoren und Gründern Leben erleichtern München. (dpa)

Die Staatsregierung hat dem Entwurf für eine neues Kindertagesstättengesetz zugestimmt. Durch die vom Sozialministerium eingebrachte Neuregelung soll nach Angaben der Staatskanzlei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. Umstritten ist die Änderung der Finanzierung der Betreuungseinrichtungen. Statt der bisherigen Pauschalen soll es künftig Zuschüsse geben, die nach der Anzahl der Kinder berechnet werden. Durch das Gesetz sollen Kindergärten künftig zu Bildungseinrichtungen mit einem festen Erziehungsplan werden.

Mit einem Service aus einer Hand sollen Bayerns Beamte künftig Unternehmensgründern und Investoren das Leben erleichtern. Eine einzige Anlaufstelle und ein Ansprechpartner sollen genügen, auch wenn mehrere Genehmigungen beantragt werden müssen, teilte die Staatskanzlei nach der Kabinettssitzung mit. Dazu sollen in den Verwaltungsbehörden "Verfahrensmanager" eingesetzt werden, die die Unternehmer durch das Genehmigungsverfahren lotsen.Außerdem soll im Internet eine eigene Datenbank eingerichtet werden, mit deren Hilfe Gründer und Investoren den Stand ihrer Verfahren abfragen können. Das soll auch das Wirtschaftswachstum fördern. Die Staatsregierung hofft, dass die Investoren ihren Geldbeutel schneller zücken, wenn sie weniger bürokratische Hürden zu überwinden haben.

Neuland beschreiten will die Staatsregierung auch durch die Einführung von Genehmigungsfristen, die die bisherigen Gepflogenheiten auf den Kopf stellen: Nicht mehr die Antragsteller müssten die Frist einhalten, sondern die Beamten. Wenn die Behörde länger braucht als erlaubt, soll der Antrag automatisch als genehmigt gelten.

Plattling. (tfr) Eine "Verschlechterung" sieht die SPD im geplanten Kindertagesstättengesetz der Staatsregierung. Bei einer Pressekonferenz gestern in Plattling (Kreis Deggendorf) übten Landtagsfraktionsvorsitzende Johanna Werner-Muggendorfer (Kelheim) und MdL Gudrun Peters (Passau) heftige Kritik. Durch das Gesetz drohten höhere Kosten für die Eltern, und Nachteile für das Erziehungspersonal, das durch Verwaltungsaufwand (Buchungszeiten) und Einsparungen belastet werde.

Ein schwerer Mangel sei das Finanzierungsmodell, da mit dem gleichen Budget wie bisher die Betreuung in wesentlich mehr Einrichtungen und für mehr Kinder geregelt werden soll. "Mehr Leistung ohne Erhöhung der Mittel kann nicht funktionieren", so Werner-Muggendorfer.

ABC und PC haben Platz im Kindergarten
Kindergärten bekommen neuen Bildungsplan –
Individuelle Förderung statt Animation
Von Elisabeth Geiling-Plötz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Cham. Von wegen Mädels haben Scheu vor der Technik: Der Computer ist umlagert von lachenden Vier- und Fünfjährigen, die ihrer Freundin über die Schulter blicken. Noch vor ein paar Jahren wäre ein PC in einem Kindergarten unvorstellbar gewesen, jetzt gehört er dazu wie Puppenecke und Bausteine. Im Kindergarten "Arche Noah" in Cham-Nunsting arbeitet man seit September nach dem neuen Bildungs- und Erziehungsplan. Mit guten Erfahrungen, wie Kindergartenleiterin Elisabeth Stelzl versichert. Mathematische Bildung, naturwissenschaftliche und technische Förderung, sprachliche Erziehung - all das gehört zum Kindergartenalltag. Was aber nicht bedeutet, dass die Fünfjährigen jetzt Lesen und Rechnen lernen müssen. Mit speziellen Angeboten wird aber gezielt die Neugier und der Forscherdrang der Kinder wird geweckt und gefördert.

Buchstaben im Advent

Das beginnt schon mit dem Adventskalender. Aus dem zaubern die Kinder im Nunstinger Hort keine Schokolade sondern Wörter. Und die werden ganz genau unter die Lupe genommen: Mit rhythmischen Klatschen wird die Zahl der Silben festgestellt, die Kinder müssen den Anfangsbuchstabe erraten und Wörter mit demselben Buchstaben finden. "Damit möchten wir das Interesse an der Sprache wecken", berichtet Elisabeth Stelzl, Sorge, dass ihre Schützlinge mit dem spielerischen Umgang mit Buchstaben überfordert sein könnten, hat die Leiterin des Kindergartens Arche Noah nicht. Gerade die Kleinen sind neugierig und haben tausend Fragen. Den kindlichen Entdeckergeist nutzen die Erzieherinnen auch in Sachen Naturwissenschaften. Derzeit ist im städtischen Kindergarten das Thema Gewürze angesagt. Mit allen Sinnen erforschen die Kinder Zimt, Pfeffer und Co., lernen die Unterschiede zwischen gemahlenen und ungemahlenen Gewürze kennen und haben im Advent auch noch die Gelegenheit, die verschiedenen Gewürze in Weihnachtsplätzchen zu verarbeiten.

Forschergeist wecken

Durch die neue Vorgehensweise ändert sich die Rolle der Erzieherinnen. "Wir sind nicht mehr die großen Macher, sondern müssen die Kinder ganz individuell anleiten, damit sie die Welt selbst erforschen können", beschreibt Monika Kulzer, Leiterin des Reichenbacher Kindergartens, die Veränderungen nach der Umstellung auf den neuen Bildungsplan. Ihr Hort gehört zu 106 ausgewählten Kindergärten in Bayern, die den Plan seit einem Jahr in der Praxis testen. Längst geht es bei der frühkindlichen Förderung nicht um "stupides Auswendiglernen von Gedichten oder Fingerspielen, sondern um vernetztes Denken". Beispiel Mathe im Kindergarten: Monika Kulzer ließ ihre 38 Zöglinge erst die Vierecke entdecken und diese Form dann in Wald und Flur suchen.

Ein anderes Beispiel ist das "Froschprojekt": Im Auqarium schwammen Kaulquappen und die Kinder sollten in Erfahrung bringen, wie lange es dauert, bis sich die kleinen Schwimmer in Frösche verwandeln. Die Kleinen befragten Mamas und Omas, schafften Bücher herbei und fanden auf diese Weise die richtige Antwort. Ganz wichtig ist beiden Kindergartenleiterinnen die individuelle Förderung. Um hier auf dem Laufenden zu sein, führen sie in ihren Kindergärten bergeweise Akten. Über jedes Kind gibt es einen Ordner, in dem die Beobachtungsbögen gesammelt werden. "Das ist viel Schreibarbeit, aber wir müssen wissen, wo ein Kind steht und wie es sich entwickelt, um es optimal fördern zu können", ist Monika Kulzer überzeugt. Schließlich hat jedes Kind sein individuelles Tempo und seine ganz speziellen Interessen. "Im Alter zwischen vier und sechs Jahren öffnen sich viele Zeitfenster, in denen die Kinder für bestimmte Themen empfänglich sind", weiß Elisabeth Stelzl. Und eben diese "Zeitfenster" dürfen die Erzieherinnen auf keinen Fall verpassen, wollen sie den Grundstock für das spätere Lernen setzen.

Alles hängt an Personalzahlen

Dass der neue Bildungsplan gut durchdacht ist, darüber sind sich beiden Kindergartenleiterinnen einig. Aber auf die Ausgestaltung kommt es an: Nur mit ausreichend Personal, können die Kinder auch optimal gefördert werden. Daher ist Monika Kulzers Sorge wohl nicht unbegründet: "Die Qualität wird von Ort zu Ort sehr unterschiedlich sein. Aber nicht, weil die Erzieherinnen nicht wollen, sondern weil es von den Rahmenbedingungen abhängt, die der Kindergartenträger schafft." Ihre Chamer Kollegin blickt ein wenig sehnsüchtig nach Finnland. Dort kümmern sich drei Erzieherinnen um 15 Kindergartenkinder - dafür führen die Finnen bei jeder PISA-Studie die Hitliste an.

Kommentar von R.Kiehl zur PISA-Studie (siehe auch den Kommentar von R.Kiehl unter "Deutschlands Schüler weiter nur Mittelmaß" und "Deutschland bei PISA zwei leicht verbessert"):

Meine beiden Töchter besuchten im Landkreis Cham/Opf-Bayern das Gymnasium in Kötzting: eine Schule, die praktisch keine Emmigranten-Schüler zu unterrichten hat (im Gegensatz zu Berlin Kreuzberg oder anderen ähnlichen Bevölkerungszusammensetzungen) – die Schüler können sich dort fast voll entfallten, auch bei größerer Klassenstärke, auch wenn der eine oder andere Lehrer nicht die optimale Leistung erbringen sollte – beide sind mit den besten Noten von dieser Schule abgegangen und im Studium: beide wiederum mit den besten Leistungen...

Dort wo zu viel Rücksicht auf schwächere Schüler genommen werden muß, oder Schüler ohne Deutschkenntnisse in den Klassen vorhanden sind, wird das Niveaux der anderen Schüler automatisch heruntergezogen...die PISA-Teste sind demnach falsch angelegt, werden falsch interpretiert, werden falsch zur politischen Diskussion über unser Schulsystem herangezogen: Einige unserer Wohlstands-Schüler und -Jugendlichen sind effektiv zu satt und bequem sich zu bemühen, haben keine Disziplin, ...werden verhätschelt, in die Kuschelecke geschoben...

R.Kiehl,
www.rki-i.com

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