Straubinger, 24.Dez2004

Der Golfstrom - die Wärmepumpe Europas

Der fortschreitende Klimawandel könnte das Kraftwerk der Natur langfristig massiv beeinträchtigen

Wie eine riesige Fernheizung versorgt der Golfstrom Europa mit Wärme. Ohne seinen klimatischen Einfluss sähe es in vielen Gegenden kahl und düster aus. Auch wäre es bedeutend kälter. Die Energie, die diese Meeresströmung erzeugt, ist gigantisch. Der Wärmeschub nach Norden wird auf eine Milliarde Megawatt geschätzt.

Der Antrieb für diese phantastische Leistung der Natur basiert auf zwei Kräften: Die starken Winde des Nordostpassats treiben große Mengen warmen Wassers aus dem offenen Atlantik gegen Nordamerika, wo es entlang der Küste nach Norden abfließt und dann mit dem Labradorstrom zusammentrifft. Hier wird seine Ablenkung nach Europa ausgelöst, die allerdings durch die Kraft der Erdumdrehung noch weiter vorangetrieben wird.

Der zweite Motor besteht im Absinken sehr kalter, dichter und salzhaltiger Wassermassen in den hohen Breiten, vor allem in der Labrador- und Grönlandsee. Dieses kalte Wasser strömt in Tiefen von bis zu 3 000 Metern südwärts Richtung Äquator, während der entstandene Strömungsverlust durch warmes Wasser aus den Tropen ausgeglichen wird, das in Richtung Norden fließt. Dadurch ergibt sich eine Umwälzbewegung, eine Art Förderband.

Schmelzen nun durch die fortschreitende Klimaerwärmung immer mehr Gletscher von den Polkappen ab, wird der Salzgehalt des Meeres verdünnt. Die Folge wäre, dass das Wasser nicht mehr jene Tiefen erreicht, um die Umwälzpumpenfunktion in Gang zu halten. Dadurch könnte der Golfstrom langfristig zum Erliegen kommen. In so einem Fall müsste auch mit einem drastischen Anstieg des Meeresspiegels gerechnet werden, was wiederum zu großen Überschwemmungen in den Küstenregionen führen würde.

Entdeckt hat den Golfstrom der spanische Seefahrer Ponce de Leon im Jahr 1513. Der Konquistador vermutete irrtümlich, das warme Wasser stamme aus dem Golf von Mexiko, daher der Name. Tatsächlich aber entsteht der GolfStrom aus der Vereinigung von Floridastrom und Antillenstrom nördlich der Bahamas. Zunächst verläuft sein bis zu 50 Kilometer breites Band aus warmem Wasser entlang der Ostküste Amerikas. Etwa auf Höhe von Kap Hatteras in North Carolina löst sich der riesige Strom von der Küste und fließt dann durch das nordamerikanische Becken in den offenen Atlantik.

Rund 1500 Kilometer von der Küste entfernt trifft der Golfstrom auf den kalten Labradorstrom und wird in Richtung Europa gedrängt. Dann beginnt er sich zu verzweigen. Seine Ausläufer reichen bis Norwegen und Island. Sie sorgen dafür, dass selbst der russische Hafen von Murmansk das ganze Jahr über eisfrei bleibt. H.G.

Bild oben: Ein Eisbär in der Arktis springt auf eine Eisscholle. Das arktische Eis wird einem neuen Report zufolge deutlich schneller schmelzen als bislang erwartet. Hauptgrund sind die Treibhausgase. Insgesamt werde die Temperatur in der Arktis bis zur Jahrhundertwende um vier bis sieben Grad steigen.

Bild unten: Blick auf ein fast ausgetrocknetes Wasserreservoir in der östlichen Provinz Camaguey auf Kuba. Die Karibikinsel leidet schon seit einigen Jahren unter einer ausgeprägten Dürre.

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