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Straubinger,Landshuter,9.Juli 2004 GASTKOMMENTAR

HEMMNISSE ABBAUEN

VON MICHAEL GLOS MDB, VORSITZENDER DER CSU-LANDESGRUPPE

Nach Auffassung einiger Forschungsinstitute mehren sich die Zeichen, die auf ein allmähliches Ende der nun schon dreijährigen Stagnation unserer Wirtschaft hindeuten. Erwartet wird ein Wirtschaftswachstum in der Größenordnung von 1,5 bis zwei Prozent, sofern sich die Entwicklung des Ölpreises und des Wechselkurses in Grenzen hält. Getragen wird das Wachstum ausschließlich von den Exporten. Binnenwirtschaftlich ist noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Obwohl die Weltwirtschaft mittlerweile kräftig zulegt, hinkt Deutschland weiter hinterher. Dies gilt insbesondere für den Arbeitsmarkt. Trotz Wirtschaftswachstum zeichnet sich hier keine Wende ab. Im Gegenteil: Würde man die frühere Abgrenzung der Arbeitslosenstatistik zugrunde legen, hätte die Arbeitslosenzahl mit rund 4,3 Millionen den höchsten Juni-Stand seit der Wiedervereinigung erreicht. Wenn künftig - wie vorgesehen - die arbeitsfähigen Empfänger von Sozialhilfe in die Statistik einbezogen werden, dann ist nicht auszuschließen, dass die Bundesanstalt im Winter fünf Millionen Stellensuchende in ihrer Kartei zählt. Was noch stärker zu Buche schlägt: In Deutschland werden Arbeitsplätze abgebaut. Seit Anfang 2001 ist die Zahl der Beschäftigten um rund 1,3 Millionen zurückgegangen. Allein gegenüber April 2003 hat die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um fast 600000 abgenommen.

Wenn es trotz eines spürbaren Wirtschaftswachstums zu keiner Wende auf dem Arbeitsmarkt kommt, dann zeigt dies: Die Ursachen der hohen Arbeitslosenzahl sind nicht so sehr konjunktureller, sondern vor allem struktureller Natur. Unsere Arbeitsmärkte sind überreguliert. Ein viel zu starres Arbeitsrecht schreckt Arbeitgeber davon ab, selbst bei guter Auftragslage zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen.

Die rot-grüne Arbeitsmarktpolitik ist nahezu vollständig gescheitert. Mit den Hartz-Reformen wurde versprochen, die Zahl der Arbeitslosen innerhalb von drei Jahren zu halbieren. In der Realität erleben wir das Gegenteil. Das Programm "Kapital für Arbeit" erwies sich ebenso als Flop wie die Ausweitung der Leiharbeit im Rahmen von Personal-Service-Agenturen. Und bei den so genannten "Ich-AGs" schließen Experten hohe Mitnahmeeffekte und Missbrauch nicht aus. Einziger Lichtblick ist die von den Unionsparteien durchgesetzte Neuregelung der so genannten 400-Euro-Jobs.

Das Hartz-Konzept vermag an den rechtlichen und bürokratischen Beschäftigungshemmnissen nichts zu ändern. Deshalb führt an einer Modernisierung unseres Arbeitsrechts kein Weg vorbei. CSU und CDU haben einen Katalog von Vorschlägen vorgelegt. Wichtigster Punkt ist die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für betriebliche Bündnisse zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Darüber hinaus muss die Möglichkeit geschaffen werden, Langzeitarbeitslose zeitlich befristet unter Tarif einzustellen, den Kündigungsschütz bei Neueinstellungen in kleineren Unternehmen auszusetzen, das Betriebsverfassungsgesetz zu entschlacken und überzogene Vorschriften bei Teilzeitbeschäftigung und befristeten Arbeitsplätzen zurückzunehmen.

Auf ihrer Klausurtagung in Kloster Banz wird die CSU-Landesgruppe diese Probleme mit Prof. Thomas Bauer, dem Präsidenten des Bayerischen Bauindustrieverbandes, und mit Stephan Götzl, dem Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, erörtern. Entscheidend für alle konkreten Initiativen muss der Sachverstand der Praktiker sein. Die Politik muss vor allem wissen, wo unsere mittelständische Industrie und wo unsere Handwerker der Schuh drückt. Anstatt überflüssige ideologische Auseinandersetzungen zu führen, wie wir dies gegenwärtig zwischen Bundesregierung und den Gewerkschaften erleben können, gilt es, im vertrauensvollen Dialog Erfolg versprechende Wege zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu finden. Dabei geht es keineswegs um einen Frontalangriff auf unser Tarifsystem. Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich garantiert. Niemand will die Tarif Autonomie als solche in Frage stellen. Es geht ausschließlich darum, angesichts der veränderten Wettbewerbsverhältnisse, der zunehmenden Arbeitsplatzverlagerungen, der globalen Herausforderungen und der besonderen Probleme im Mittelstand neue Möglichkeiten zu schaffen, die den Betrieben und Belegschaften vor Ort mehr Handlungsspielräume eröffnen. Es geht nicht darum, Arbeitnehrnerrechte abzubauen; es geht vielmehr darum, Einstellungs- und Beschäftigungshemmnisse zu beseitigen.

Die Menschen verlangen zu Recht von der Politik Wahrheit und Klarheit. Die Mehrheit weiß: Ohne Fortsetzung der Reformen werden wir unsere frühere Wirtschaftsdynamik nicht zurückge winnen. Deshalb brauchen wir Mut zum Umsteuern, um mit Vernunft und Augenmaß die neuen Herausforderungen zu bewältigen. Die Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Banz wird hierfür ein Signal setzen.

 

NICHT ALLES SCHLECHT

VON EGGE WEERS

Es ist nicht alles schlecht. Zum Teil sind die Kieler Beschlüsse der Innenminister durchaus positiv zu bewerten. Die Schaffung eines zentralen Analyse- und Lagezentrums und einer Islamisten-Datei oder die Ausweitung der DNA-Analysen - all das sind Dinge, die für eine bessere Verbrechensbekämpfung gebraucht werden. Insgesamt gesehen, sind die Innenminister aber hinter den Erfordernissen zurückgeblieben. Fehlanzeige etwa bei der bundesweiten Einführung moderner und abhörsicherer (!) Kommunikationsmittel."Da bringen die Innenminister nichts Vernünftiges zu Stande", klagt der Vize-Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. Denn Terroristen und Organisierte Kriminalität, die in der Debatte zu kurz kommen, leisten sich Hightech. Was die Minister entschieden haben, darf nicht das letzte Wort sein. Dass keine Verschmelzung der 16 Landesämter mit dem Bundesverfassungsschutzamt stattfindet, ist ein Fehler.

Die geheimdienstliche Zersplitterung verschafft Terroristen und anderen Extremisten einen gefährlichen Vorteil. Sie profitieren zudem von der Schwäche des Bundeskriminalamts, das weit von einem deutschen FBI entfernt ist. In der Förderalismuskommission wird die Aufwertung auf die lange Bank geschoben, während Gefahr im Verzuge ist. Die Innenminister sollten sich das Modell des Chefs des Bundes der Kriminalbeamten Klaus Jansen, ansehen. Vorhandenen Sachverstand zu nutzen, kann nie schaden. Beim Aufbau der "Sicherheitsarchitektur für das 21. Jahrhundert" gibt es noch unendlich viel zu tun.