Straubinger, 30.April 2005

Stellungnahme
Trommeln wider die Vernunft

"Unsere Krankenhäuser dürfen nicht verschachert werden!" Unter diesem Motto referiert am kommenden Mittwoch als Sprecher einer Bürgerinitiative der Kreistagskollege Gerhard Weiherer.

Nach über 15-jähiger intensiver Beschäftigung mit den Problemen der Krankenhäuser im Landkreis Cham und langjährigem Kampf über die Änderung der Strukturen, erfahre ich nun von der Bürgerinitiative "Kreiskrankenhäuser in Bürgerhand", dass wir dabei sind, das Eigentum der Bürger, wie argumentiert wird, zu "verschachern". Ich weiß nicht, welcher Sitzung Herr Kollege Weiherer beigewohnt hat, in der es darum gegangen wäre, die Kreiskrankenhäuser zu verschachern. Der Stand der Dinge ist derzeit der, dass unter professioneller Begleitung im Rahmen eines international bewährten Verfahrens Interessenten für den privaten Betrieb der Kreiskrankenhäuser gesucht werden. In der Zielgeraden dieses Verfahrens liegen nunmehr konkrete Angebote vor, über die der Kreistag am 1. Juli 2005 diskutieren und mit offenem Ausgang entscheiden wird.

Wer diese Angebote noch nicht einmal kennt, kann nicht heute schon davon ausgehen, dass seine Kreistagskollegen die Krankenhäuser "verschachern" wollen. Die Fraktion der Freien Wähler verwahrt sich ganz entschieden gegen solch unsinnige Unterstellungen. Bisher haben wir aus dieser Ecke nur unbewiesene Behauptungen gehört.

Die Horrorszenarien gipfeln in der Drohung, dass privatwirtschaftliche Unternehmen einen hohen Gewinn erzielen wollen. Na und? Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass solch ein Wille die Triebfeder jeder Volkswirtschaft ist. Wäre es anders, würden wir in der gleichen Sackgasse landen, wie die sozialistischen Wirtschaftssysteme.

Die Behauptung, dass die Bandbreite medizinischer Versorgung im Landkreis Cham durch die Privatisierung eingeschränkt werde, fußt ebenso auf hellseherischen Fähigkeiten oder blanken Unterstellungen, wie die Prognose die Zahl der Arbeitsplätze werde ebenso sinken, wie die Qualität der stationären Versorgung. Daraus spricht schon eher die Angst vor den Regeln des Marktes.

Der so euphorisch angepriesene eigene Ansatz beschränkt sich auf die Forderung nach einem professionellen Geschäftsführer. Was hatten wir bisher? Der Landkreis Schwandorf hat es über Jahre hinweg mit wirklich professioneller Geschäftsführung versucht, konnte jedoch unter den Zwängen politischer Vorgaben nicht verhindern, dass zweistellige Millionendefizite entstanden. Es hat schlichtweg am Mut der Entscheidungsträger gefehlt, den radikalen Veränderungen der Krankenhauslandschaft mit eigenen, tragfähigen Konzepten zu begegnen.

Auch der Ruf nach einer Vernetzung dürfte zu spät kommen und den dokumentierten Trend zur Abwanderung in die größeren Häuser Richtung Regensburg, Straubing, München etc. kaum verhindern.

Über 7 000 Landkreisbürger folgen jährlich diesem Trend, dem man schon vor über zehn Jahren hätte entgegen wirken müssen, ohne damit die Garantie für den Erfolg in der Tasche zu haben. All das, was jetzt als optimaler Ansatz gegenüber der Option einer Privatisierung ins Feld geführt wird, ist verspätet, unzulänglich und lässt die Realitäten auf dem deutschen Krankenhausmarkt außer Acht.

Die überwältigende Mehrheit der Kreisräte hat sich die Entscheidung, einen Versuch in die Richtung Privatisierung zu wagen, keinesfalls leicht gemacht. Sie nimmt für sich in Anspruch mindestens so intensiv und weit nachgedacht zu haben, wie Herr Weiherer mit seiner Aktion, der er die Größe einer Bürgerinitiative andichten will.

Bedauerlicherweise erwähnt er nicht, was ein Scheitern seines so grob hinskizzierten Projekts bedeuten würde; nämlich einen drastischen Abbau von Personal, die Gefahr der Reduzierung auf ein einziges Krankenhaus mit der Aufrechterhaltung lediglich der Grundversorgung und der Notambulanz und damit ein endgültiges Austrocknen einer hochwertigen stationären Versorgung im Landkreis Cham.

Wie die Defizite umzulegen sind, wird großzügig unter der Decke gehalten. Es ist erstaunlich, dass bei dieser Trommelei gerade solche Fragen und realen Risiken aller Vernunft zuwider unter den Tisch fallen.

Die Fraktion der Freien Wähler wird ungeachtet dieser Meinungsverschiedenheiten nach seriöser Prüfung bemüht sein, eine Entscheidung zu treffen, die nach unserer Sachkenntnis und unserem Gewissen am vernünftigsten erscheint. Vorrangig werden wir uns von der medizinischen Versorgung der Bürger, der Arbeitsplatzsicherheit der Bediensteten und der Erfüllung unseres Sicherstellungsauftrags leiten lassen.

Gegen Verunglimpfungen des künftigen Referenten aber verwahren wir uns als langjährige, leider ungehörte Mahner einer Reform im Krankenhauswesen ganz entschieden.

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