Straubinger, 20.Mai 2006
Bundestag billigt größte Steuererhöhung
Tatsächlicher Anstieg um 18,75 Prozent - Opposition stoppt Sitzung per "Hammelsprung"

Berlin. (AP/dpa) Die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik ist jetzt beschlossene Sache. Der Bundestag stimmte am Freitag mit den Stimmen der Koalition für die Anhebung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 von derzeit 16 auf 19 Prozent. Opposition und Wirtschaft attackierten die Steuererhöhungen scharf und befürchteten ein Einbrechen der Konjunktur. Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung sollen hauptsächlich zur Haushaltssanierung verwandt werden. Gleichzeitig wird der Satz zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 4,5 Prozent gesenkt.

Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler bedeutet die Erhöhung der Mehrwertsteuer einen tatsächlichen Anstieg um 18,75 Prozent. Auf weitere zusätzlichen Einschnitte müssen sich nach den Koalitionsplänen zudem Pendler, Kleinsparer und Kindergeld-Bezieher einstellen. Steinbrück sagte: "Es gibt keine schmerzfreie Operation in diesem Zusammenhang." Ziel sei, im kommenden Jahr einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen und die Stabilitätsgrenze einzuhalten. Kanzlerin Angela Merkel hat gegenüber einer Zeitung eingeräumt, dass die Koalition den Bürgern erhebliche finanzielle Belastungen zumute.

Die Anhebung der Mehrwertsteuer stößt jedoch auf eine breite Front der Ablehnung. FDP-Chef Guido Westerwelle warf der Regierung Wahlbetrug vor. Union und SPD würden jetzt das "glatte Gegenteil" von dem behaupten, was sie vor der Wahl gesagt hätten. Handwerkspräsident Otto Kentzler sagte, die Erhöhung belaste Handwerksbetriebe gleich dreifach: Die Kaufkraft der Kunden sinke, die Konkurrenz durch Schwarzarbeit steige und der Wettbewerb verhindere, dass die Steuererhöhung voll weitergegeben werden könne. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun, befürchtete einen weiteren Wegfall von Arbeitsplätzen, weil sie besonders die ausbildungsstarken Branchen betreffe.

Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), der bei den Koalitionsgesprächen in Berlin zugestimmt hatte, erklärte nun, er habe aus ökonomischen Gründen Probleme mit der geplanten Erhöhung. DGB-Chef Michael Sommer forderte die Regierung auf, die Steuererhöhungen in der zweiten Jahreshälfte noch einmal zu überprüfen und warnte vor einem Senken der Unternehmensteuern.

Unterdessen hat die Opposition im Bundestag offenbar aus Protest gegen das Gebaren der Großen Koalition den Abbruch der Sitzung erzwungen. Die erste Lesung des Steuerrechtsänderungsgesetzes wurde auf den 1. Juni vertagt. Auf Antrag des Grünen-Abgeordneten Volker Beck sollte Steinbrück zur Debatte zitiert werden. Mit der Abstimmung per "Hammelsprung" wurde die Beschlussunfähigkeit des Parlaments festgestellt. Das Gesetz hat nichts mit der großen Steuererhöhung zutun, das der Bundestag vorher beschlossen hatte. Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) erklärte, die Abstimmungsschlappe sei eine "Strafe für die Arroganz der Macht."

 

Straubinger, 19.Mai 2006
Landtag beschließt Hochschulreform
Goppel: Studiengebühren dürfen nicht zur Kürzung staatlicher Zuschüsse führen

München. (dpa) Studenten an bayerischen Hochschulen müssen von Sommer 2007 an bis zu 500 Euro pro Semester für ihr Studium bezahlen. Die CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag beschloss am Donnerstag in München gegen den Protest der Opposition die größte Hochschulreform seit mehr als 30 Jahren. Bayern ist damit das vierte Bundesland mit Studiengebühren. SPD und Grüne kritisierten das neue Hochschulgesetz scharf und lehnten Studiengebühren entschieden ab.

Die SPD-Hochschulpolitikerin Adelheid Rupp beklagte eine soziale Auslese der Studenten als Folge der Studiengebühren. Bereits jetzt hätten viele Studenten kaum finanziellen Spielraum. "Die Hälfte der Studenten hat weniger Geld zur Verfügung als ein Hartz-IV-Empfänger", erklärte Rupp. Die SPD-Abgeordnete warnte davor, dass sich Hochschulen bei der Einwerbung von Drittmitteln künftig vor allem an den Forschungsinteressen der Wirtschaft orientieren könnten. Das gehe zu Lasten der Grundlagenforschung.

Auch die Hochschulpolitikerin der Grünen, Ulrike Gote, betonte, die Gebühren träfen vor allem Studenten aus sozial schwächeren Familien ungleich härter als den Nachwuchs aus den besser gestellten Familien.

Die Studenten können zur Finanzierung der Studiengebühren ein Darlehen mit einem Zinssatz von 5,1 Prozent bekommen, das sie erst nach dem Studium zurückzahlen müssen. Die Hochschulen können bis zu zehn Prozent der Studenten wegen universitärem Engagements oder herausragenden Studienleistungen von der Gebühr befreien. Zudem soll es weitere Ausnahmen etwa für Studenten mit Kindern oder Behinderte geben. Die Rückzahlung der Darlehen soll nach derzeitiger Planung erst dann in "moderaten monatlichen Raten" beginnen, wenn der Absolvent über ein eigenes Einkommen ab etwa 1 000 Euro im Monat verfügt.

Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) sagte, die Studiengebühren würden zur Verbesserung der Lehre eingesetzt und dürften nicht zu einer Absenkung staatlicher Zuschüsse führen. Die Opposition warf der Staatsregierung dagegen vor, sich nach und nach aus der Hochschulfinanzierung zurückzuziehen. Die 500 Euro Studiengebühr pro Semester seien nur "Türöffner für einen Systemwechsel in der Hochschulfinanzierung", sagte die Grünen-Politikerin Gote. "Bayern zieht sich wie alle Bundesländer auch, seit Jahren schleichend aus der Finanzierung zurück. "

Mit der Hochschulreform erhalten die Hochschulen zudem künftig mehr Freiräume. Wissenschaftsminister Goppel sagte, das Verhältnis zwischen Staat und Hochschulen werde auf eine neue Ebene gestellt. Rupp bestritt dies: "Der Gesetzentwurf nimmt die Hochschulen mehr denn je an die Kandare."

 

Kommentar
HOCHSCHULEN IM WETTBEWERB
VON LUTZ ROSSMANN

Bildung ist die Grundlage aller Entwicklung. Sie beginnt im Kindergarten und endet frühestens mit dem Eintritt ins Berufsleben, soweit es den verfassungsmäßigen Auftrag des Staates, in Deutschland der Länder und vorerst noch des Bundes, betrifft. So gesehen hat der Bayerische Landtag mit dem neuen Hochschulrecht ein Spitzengesetz verabschiedet. Es soll den elf Landesuniversitäten und 17 Fachhochschulen mehr Selbstbestimmung geben, sie zu Partnern des Staates machen und ihnen im globalen Wettbewerb von Wissenschaft und Wirtschaft einen Spitzenplatz sichern. Staatsregierung und CSU meinen, dem mit der tiefgreifendsten Reform seit dem ersten bayerischen Hochschulgesetz von 1973 gerecht zu werden. Wissenschaftsminister Goppel und die CSU - in der intern heftig diskutiert wurde - versichern, den bestmöglichen Kompromiss zwischen Anspruch und Kassenlage gefunden zu haben und sie stützen sich auf die freilich bedingte Zustimmung der Hochschulen selbst. Goppel merkte an, die Neuregelung könne als Blaupause dessen gelten, was an der TU München unter Leitung von Präsident Wolfgang Herrmann schon begonnen wurde. Er war Berater der Staatsregierung, in die ihn Ministerpräsident Stoiber vor sechs Jahren gerne berufen hätte. Diese Rolle trug ihm andererseits auch manche Kritik anderer Universitätspräsidenten und -rektoren ein. Was die Hochschulentwicklung in Niederbayern betrifft, hat sich Herrmann verdient gemacht.

Für die Kritiker und für die Opposition im Landtag sind die unzureichenden Staatsmittel für die ebenfalls erweiterte Hochschulautonomie, dazu die Studiengebühren von bis zu 500 Euro pro Semester, der Hauptmangel einer im Grunde richtigen Entwicklung. Die Sorge, die Hochschulen der Zukunft könnten billige Forschungslabors der Großindustrie werden und die Studenten materiell zu Menschen unter Hartz-IV-Niveau machen, ist ernst zu nehmen. Der Feststellung von Staatsregierung und CSU, das Gesetz schaffe die Grundlage, dass solches nicht eintritt, konnten SPD und Grüne jedoch nicht überzeugend entgegentreten. Doch mit der größten Hochschulreform der letzten Jahrzehnte wird es so sein, wie derzeit mit allen Reformen, die den Menschen helfen sollen, sie aber oft mehr beunruhigen als beruhigen und mehr be- als entlasten: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

 

Straubinger, 17.Mai 2006
Korruption im Gesundheitswesen beklagt
Transparency international kritisiert die Pharmaindustrie – "Schäden in Milliardenhöhe"

Berlin. (AP/dpa) Korruption im Gesundheitswesen verursacht jährlich Schäden in Milliardenhöhe und beeinträchtigt damit auch die medizinische Versorgung in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt die Antikorruptions-Organisation Transparency International in ihrem Jahrbuch 2006, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach werden Studien gefälscht, Behörden beeinflusst, Risiken verschwiegen und Selbsthilfegruppen unterwandert. Als ein Hauptverantwortlicher wird die Pharrnaindustrie genannt. Transparency forderte schärfere Gesetze und eine öffentliche Debatte. Vorstandsmitglied Anke Martiny schätzte die Verluste durch Korruption auf bis zu 24 Milliarden Euro. Deutschland trage darüber hinaus Verantwortung für die Entwicklungsländer:

Bei der Lieferung von medizinischem Gerät sei oft Bestechung im Spiel.

Der Transparency-Experte Peter Schönhöfer kritisierte den "korrupten Einfluss der Pharmaindustrie". Nur sieben der etwa 450 neuen, seit 1990 auf den Markt gebrachten Substanzen seien echte Innovationen. 25 könnten als Schrittinnovationen gewertet werden. Der Rest sei ohne relevanten therapeutischen Vorteil. Um diese Produkte zu verkaufen, würden klinische Studien manipuliert und ärztliche Fortbildungen zu Werbezwecken missbraucht. Außerdem werde Ärzten und Apotheken großzügig Rabatt eingeräumt. Schönhöfer sagte weiter, mittlerweile sei es der Pharmalobby auch gelungen, die behördliche Schutzfunktion der Zulassung auszuhebeln. So würden beispielsweise Risikoinformationen durch von Herstellern finanzierte Arzneimittelagenturen schlechtweg verschwiegen.

Im Bereich der Krankenkassen werden laut Transparency Leistungen abgerechnet, die gar nicht erbracht wurden. Es gebe zudem eine Vielzahl von fingierten oder überhöhten Abrechnungen. Transpareney-Mitglied Hans-Jürgen Mayer berichtete von einem Fall, in dem einer Frau - die nur die Toilette einer Arztpraxis aufgesucht hatte - die Gesundheitskarte abverlangt wurde. Anschließend habe der Arzt eine Untersuchung auf Grund einer Durchfallerkrankung abgerechnet. Die Organisation forderte den Gesetzgeber auf, Abrechnungsbetrug oder die Schädigung der Solidargemeinschaft als Straftatbestände zu werten.

Dem Jahrbuch zufolge werden zunehmend Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen von der Pharmalobby unterwandert. So gehörten zu den Förderern des Deutschen Diabetiker Bundes mit seinen 40 000 Mitgliedern auch Pharmaunternehmen. Produktinformationen der Hersteller würden ungefiltert in die Publikationen übernommen. Darüber hinaus kritisiert Transparency den illegalen Handel mit gefälschten Arzneimitteln. Für Krisengebiete gespendete Arzneimittel würden umgepackt und wieder in Apotheken verkauft.

Außerdem müssten ein Ombudsmann-System und eine Schwarze Liste geschaffen werden. Die Einführung der Gesundheitskarte biete nur relativen Schutz. Laut Transparency gab es bereits einen Fall, in dem schon der Softwareentwickler von der Pharmalobby bestochen wurde.

 

18.05.06
CSU gegen Freilandversuche
Seehofer für ausgewogene Lösung bei "grüner Gentechnik"

Berlin. (dpa) Die CSU lehnt die Anwendung "grüner Gentechnik" im Gegensatz zu den Plänen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. "Natürlich müssen wir die Forschung in diesem Bereich vorantreiben", sagte CSU-Generalsekretär Markus Söder, "aber Freilandversuche sind ein Problem, so lange nicht absehbar ist, wie diese langfristig das Öko-System beeinflussen." Eine Novelle des Gentechnikgesetzes müsse auch aus Sicherheitsgründen sensibel mit Erwartungen der Verbraucher umgehen.

Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, die Gentechnik in Forschung und Anwendung zu fördern. Der Schutz von Mensch und Umwelt solle im Vordergrund stehen. Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) strebt angesichts von Vorbehalten in der Bevölkerung eine ausgewogene Lösung an. "Unter Abwägung aller Risiken möchte er im Dialog eine gute Lösung finden", sagte eine Ministeriumssprecherin der dpa. Bis spätestens Juli werde er dem Kabinett ein Eckpunktepapier vorlegen und bis dahin Gespräche mit Verbänden, Wirtschaft und Wissenschaft führen.

Seehofer hatte sich bisher nicht gegen Freilandversuche ausgesprochen und betont, Risiken müssten eingegrenzt werden. Es müsse geprüft werden, ob es in Gegenden mit wenigen oder gar keinen Schädlingen nicht sinnvoller sei, mit herkömmlichen Methoden zu arbeiten statt schädlingsresistenten Genmais anzubauen. Seehofer will die Regeln in einer Novelle präzisieren und eine Lösung zur Haftung finden, wenn veränderte Pollen auf Nachbarfelder geraten. -

 

Bild am Sonntag, 14.Mai 2006
Sturmlauf gegen Hartz-Reformen
Von ROMAN EICHINGERund JOCHEN GAUGELE

Berlin - Mit immer neuen Nachbesserungen versucht die Bundesregierung, den Hartz-Reformen zum Erfolg zu verhelfen bisher vergebens. Die Kosten gefährden den Staatshaushalt, in der Arbeitsverwaltung herrscht Chaos, und die Arbeitslosigkeit vernarrt auf erschreckend hohem Niveau. Jetzt fordern erste Politiker aus dem Regierungslager: Schluß mit dem Flickwerk! Fangt noch mal von vorn an! SPD-Bundesvorstandsmitglied Ottmar Schreiner zu BILD am SONNTAG: "Wir brauchen so schnell wie möglich eine grundlegende Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik. Die Hartz-Gesetze müssen weg, wirkungsvolle Instrumente müssen her." Schreiner, auch Vorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, beklagt: "Im Sommer 2002 hat der Erfinder der Hartz-Reformen eine Halbierung der Arbeitslosenzahl von vier auf zwei Millionen in Aussicht gestellt. Was ist passiert? Die Arbeitslosigkeit stieg auf über fünf Millionen. Das zeigt, wie wenig die Hartz-Instrumente taugen."

Auch in der Union werden Rufe nach einer Generalüberholung laut. "Die Gesetze Hartz I bis IV sind gescheitert", so Josef Schlarmann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU. "Ständiges Nachbessern fahrt uns nicht weiter. Wir brauchen einen kompletten Neuanfang bei der Arbeitsmarktreform." Wie der aussehen soll, hat Schlarmann klar vor Augen. Der Unionspolitiker: "Bei einer Generalrevision der Arbeitsmarktgesetze wird es vor allem darauf an kommen, die Zuständigkeit für Langzeitarbeitslose stärker auf die Kommunen zu verlagern. Außerdem muß der Kreis derer, die Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, reduziert werden." Mächtige Ministerpräsidenten machen der Bundesregierung ebenfalls Druck. Baden-Württembergs Regierungschef Günther Oettinger (CDU) zu BamS: "Die Hartz-IV-Gesetzgebung ist ein von Rot-Grün zusammengeschustertes Flickwerk, das grundlegend korrigiert werden muß." Zwar sei es richtig gewesen, Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen, fügt Oettinger hinzu. "Doch Hartz IV krankt an den eigenen Strukturen. So fährt die Mischverwaltung von Bundesagentur und Kommunen fast zwangsläufig zu Kompetenzkonflikten und inefizienten Abläufen." Das vom Bundeskabinett in der vergangenen Woche verabschiedete Optimierungsgesetz "bleibt weit hinter den notwendigen Verbesserungen zurück", kritisiert Oettinger. "Es wäre erforderlich, den Arbeitsagenturen vor Ort mehr eigenständige Handlungskompetenzen zu geben. Außerdem müssen weitere Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen werden."

Auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) fordert tiefgreifende Korrekturen: "Wir brauchen eine Neuregelung, die Langzeitarbeitslosen einen besseren Neustart auf dem Arbeitsmarkt ermöglicht und die staatlichen Transferleistungen zielgerichteter einsetzt. Meine Forderung nach einer Generalrevision, die ich vor zwei Jahren erhoben habe, war richtig. Das Grundanliegen von Hartz IV ist nicht erreicht worden."

 

Straubinger, 19. Mai 2006
Astronomen entdecken fernes Sonnensystem
Auf einem der drei Planeten könnte es Wasser geben

München/Potsdam. (dpa) Ein Nachbarstern der Sonne besitzt ein Planetensystem, das unserem eigenen ähnelt. Auf einem der drei dort entdeckten Planeten könnte es sogar flüssiges Wasser geben, berichtete die Europäische Südsternwarte (ESO) am Donnerstag in Garching bei München. Das 41 Lichtjahre entfernte System im Sternbild Puppis (Hinterdeck) am Südhimmel war mit einem ESO Teleskop in Chile aufgespart worden. Sein Zentralstern mit der Nummer HD 69830 ähnelt der Sonne und ist am irdischen Firmament gerade noch mit bloßem Auge zu erkennen. Das Weltraumteleskop "Spitzer,' der US-Raumfahrtbehörde NASA hatte dort sogar einen Asteroidengürtel wie in unserem Sonnensystem erspäht.

Die drei Planeten haben 10 bis 18 Mal so viel Masse wie die Erde und sind damit etwa so massereich wie der Neptun in unserem Sonnensystem. "Es ist das erste Mal, dass wir ein Planetensystem aus mehreren Neptun-großen Planeten entdeckt haben", sagte Christophe Lovis vom Observatorium Genf. Allerdings umkreisen die Planeten ihren Stern in geringerer Entfernung als Neptun die Sonne - für einen Umlauf benötigen sie jeweils rund 197 Erdentage.

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