Straubinger, 7.Dez 2004

Kinder-Diabetes weiter auf dem Vormarsch
Ursachen für Krankheit unklar - Bis heute nicht heilbar –.Stiftung unterstützt Forschung

München. (Eig.Ber.) Mit den dicken Kindern nimmt in Europa und Deutschland auch die Zahl der Kinder zu, die schon früh an Altersdiabetes erkranken, ohne dass dies bemerkt wird. Bei der Untersuchung von 520 erheblich übergewichtigen Kindern stellten sich 35 als zuckerkrank heraus, berichtete Martin Wabitsch von der Universitäts-Kinderklinik Ulm auf einer Veranstaltung der Stiftung "Das Zuckerkranke Kind" in München. Acht weitere zeigten Vorstufen von so genannter "Altersdiabetes".

Rechnet man die Zahlen dieser Studie hoch, dann leiden zwischen 5 000 und 10 000 Kinder in Deutschland ohne ihr Wissen unter dem so genannten "Typ 2" der Zuckerkrankheit ("Altersdiabetes"). Obwohl die Ursachen für den Ausbruch von Diabetes nach wie vor unklar sind, steht doch fest, dass Übergewicht den Ausbruch der Krankheit auslöst.

Parallel dazu steigen auch die Neuerkrankungen an der "juvenilen Diabetes" des Typs2 in Deutschland zwischen drei und vier Prozent jährlich. Die Krankheit, die nicht auf falsche oder Überernährung zurückgeführt werden kann, wird in der Bundesrepublik jedes Jahr bei etwa 2 000 Kindern unter 15 Jahren neu diagnostiziert, berichtete der Oberarzt der Universitäts-Kinderklinik Tübingen, Andreas Neu.

Beide Arten von Zuckerkrankheit bedeuten für die Kinder ein schweres Los, denn heilbar ist die Krankheit bis heute nicht. Lebenslang müssen sich die Betroffenen Insulin über Spritzen zuführen. Thomas Danne (Hannover), Vorsitzender der Stiftung "Das Zuckerkranke Kind", kann nur vage Hoffnungen machen. So werde an Lösungen durch Stammzellentransplantation gearbeitet. Möglich sei auch die Einführung technischer Lösungen mit Zuckersensor und Insulinpumpe. Johnny Ludwigsson, Initiator der schwedischen Diabetes-Kinderstiftung, bedauert, dass Diabetes im öffentlichen Bewusstsein zu Unrecht im Schatten von anderen Krankheiten wie Krebs steht.

Für die Bekämpfung von Krebs bei Kindern stünde das Vielfache an finanziellen Mitteln zur Verfügung wie für Forschung und Therapie bei Kinder-Diabetes. Dabei sei Krebs bei Kindern inzwischen in der Mehrheit der Fälle heilbar, Diabetes jedoch nicht, betonte der schwedische Kinderarzt Ludwigsson. Diese Einstellung müsse sich ändern, denn Diabates ist weltweit auf dem Vormarsch. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich an Diabetes mehr Menschen als an den Folgen einer HIV-Infektion.

Das Vordringen der Altersdiabetes bei Kindern erklären die Mediziner mit der Veränderung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten. Weniger Bewegung im Kindesalter fällt zusammen mit einer immer energiereicheren Ernährung. So führen 100 Gramm Salzkartoffeln dem Körper 70 Kilokalorien zu, dieselbe Menge an Pommes Frites aber 323 Kilokalorien. "Das Problem nimmt zu und die Maßnahmen reichen nicht aus", erklärt Kindermedizinerwabitsch. Ralf Müller

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