Straubinger, 14.April 2005

GASTKOMMENTAR
BEDROHTER LÄNDLICHER RAUM
VON HANNES BURGER

Früher hat man einfach vom "Land" gesprochen, heute heißt der politische Arbeitsbegriff "der ländliche Raum". Früher einmal fuhren die Städter in die Sommerfrische "aufs Land" oder beim Sonntagsausflug, um wieder saubere Luft und große Schnitzel zu schnappen. Wenn man jemandem abwertend oder entschuldigend nachsagte "der kommt vom Land rein" meinte man unfeines Benehmen der "Gscherten vom Land". In Bayern wie in Österreich wird auch heute "das Land" von der Landwirtschaft geprägt. Neben Ackerbau und Tierzucht für die Nahrungsproduktion wird es von den Bauern zudem teilweise als typische "schöne Kulturlandschaft" erhalten - auch für die touristische Vermarktung.

Unter- dem Motto "Bauern, Märkte, Leben - Visionen für Europa 2020" haben Bayerns Landwirtschaftsminister Josef Miller und sein österreichischer Kollege Josef Pröll kürzlich ein agrarwirtschaftliches Konzept mit weitreichenden Perspektiven und Konsequenzen vorgelegt. Man kann nur hoffen, dass es wenigstens in München und Wien durchzusetzen ist und, wenn schon nicht in Berlin, so doch in Brüssel Beachtung findet. Aber auch Theo Zellner, der Präsident des bayerischen Landkreistages, hat Recht: "Der ländliche Raum ist heute wesentlich mehr - nämlich Lebensraum der Zukunft." Aber das auch nur, wenn die Entwicklung dahin von einem politischen Regional-Management besser gesteuert wird.

Manchmal weiß man als Berufsbayer selbst nicht mehr, ob man nur nostalgisch von der Geschichte schwärmt, oder schon wieder vorne ist als weißblauer Visionär, wenn man sich Gedanken über die Chancen des ländlichen Raumes im Wettbewerb mit Ballungszentren macht. Zum ländlichen Raum gehören sicher als tragende Säulen die bäuerlichen Familienbetriebe und der Agrarhandel sowie die vereitelnde Agrarwirtschaft mit ihren vielen Arbeitsplätzen und hoher Wertschöpfung. Aber der ländliche Raum ist eben mehr als Bauernland oder die Summe der "Häuschen im Grünen" als gepflegtes Naherholungsgebiet mit Ausflugslokalen für Städter.

Die Bauern sind heute nur noch eine Minderheit in Bayern. Und der Einfluss ihrer Funktionäre schrumpft mit ihrem Wählerpotential. Politisch stark wären die Bauern nur, wenn sie sich mit den städtischen Verbrauchern so zu verbunden wußten, wie es ihre vielen gemeinsamen Interessen nahe legen. Die Verbraucher legen zum einen großen Wert auf frische und gesunde Lebensmittel, obwohl die meisten dann ohne Rücksicht auf Erzeugernähe und Qualität die billigsten Produkte einkaufen. Andererseits haben bei den Städtern Natur-, Tier- und Landschaftsschutz einen hohen Stellenwert - was vielen Bauern eher lästig zu sein scheint.

Dennoch sind die Landwirte samt der von ihren Rohstoffen lebenden Agrarwirtschaft eine wichtige Säule des ländlichen Raums - aber neben anderen. Die Mischung macht es. Wo es in Dörfern wie kleinen und mittleren Städten gelingt, eine gesunde Struktur aus Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe und Einzelhandel, mit Nahversorgung für Gesundheit, Tourismus und angemessenen kommunalen Einrichtungen für Kultur, Bildung, Freizeit und Sport in einer überschaubaren Region zu kombinieren - da ist "das Land" idealer Lebensraum der Zukunft. Solche Regionen gibt es. Um diese Mischung zu erreichen und zu erhalten, muß aber viel getan werden; es gilt, jede dieser Säulen zu stützen.

Fast alle Politiker legen zwar Lippenbekenntnisse zum Föderalismus ab, aber zugleich nimmt der Zentralismus in allen Bereichen zu und das Subsidiaritätsprinzip zugunsten der kleineren politischen Einheiten wird ausgehöhlt. Die EU-Kommission zum Beispiel will immer mehr Geld von den Mitgliedstaaten, um es dann zentral mit unendlichen bürokratischen Reglementierungen über Förderprogramme wieder von oben zu verteilen, anstatt mehr Geld in den Ländern zu belassen, die es mit Ortskenntnis gezielt einsetzen könnten. Aber nicht nur in Brüssel und im Bund, auch in Bayern wird zu viel von oben her regiert. Je mehr gespart werden muß, desto stärker wächst der Irrglaube, alles wäre zentral einfacher und billiger zu regeln.

Der SPD und den Grünen, diesen typischen Großstadt-Parteien, ist der ländliche Raum sowieso gleichgültig - samt Pendlerpauschale oder Eigenheimzulage. Aber auch der CSU sind strukturpolitische Zusammenhänge heute oft schwer zu vermitteln. Wenn im ländlichen Raum Firmen dicht machen und damit Arbeitsplätze schwinden, wenn Kindergärten, Schulen und Pfarreien zusammengelegt, kommunale Einrichtungen für Kultur, Freizeit und Tourismus, Bäder und Geschäfte geschlossen werden müssen, im Gefolge Familien wegziehen, dann veröden diese Regionen. Sie werden Naherholungsgebiete, nostalgisch-romantische Museumslandschaften für alte Leute.

So droht nicht nur in Bayern, aber auch hier, den ländlichen Räumen die Existenzgrundlage für die Kommunen wegzubrechen. Dies betrifft vor allem das nord und ostbayerische Grenzgebiet. Immer mehr Betriebe gehen pleite oder können nicht mehr investieren, Handwerker und Bauern finden keine Nachfolger mehr. Diese Teufelsspirale nach unten erkennt man oft erst, wenn es bereits zu spät zum Eingreifen ist.

Trägt man diese Analyse in der Staatsregierung vor, so bekommt man vor allem drei Antworten: 1. Wir müssen sparen und haben kein Geld. 2. Ihr sollt nicht so jammern und klagen, sondern selbst mehr tun. 3. An allem sind nur die rot-grüne Bundesregierung und die EU schuld. Die drei Punkte sind zwar ebenso richtig wie bekannt, aber nicht ausreichend. Bayern kann und muss selbst mehr tun und schnell gegensteuern.

Gleichzeitig zu den nur von wenigen Staatsministern über ihren Stimmkreis hinaus wahrgenommenen Problemen des ländlichen Raumes kommt nämlich auf die Ballungsräume und ihr übersiedeltes Umland eine Kostenlawine zu: mehr Infrastruktur in allen Lebensbereichen; mehr Einpendler, ein wachsender Moloch Verkehr mit mehr Feinstaub, aber weniger Lebensqualität. Die Ballungszentren ersticken auch am Zuzug von Menschen, die eigentlich lieber in ihrer ländlichen Heimat bleiben würden, wenn sie dort eine Existenzchance hätten. Die historischen Altstadtbereiche sind überlastet und endlos die Kosten für unzureichende Infrastruktur in zersiedelten Vororten und neuen öden Trabantenstädten.

Die demographische Entwicklung - Landflucht und Ausdünnung hier, Kostendruck durch Dauerzuzug dort - ist "auch nicht gottgegeben, sondern braucht Gegensteuerung"(Theo Zellner). Die Staatsregierung kennt und beklagt die aus den fünfziger und sechziger Jahren bekannte "Landflucht". Sie tut aber heute - im Gegensatz zu den siebziger Jahren - zu wenig, sie zu stoppen und eine gleichwertige Lebensqualität in den gewachsenen Strukturen zu erhalten. Bayern hat schon viele, auch gute Programme aufgelegt: Warum nicht auch einmal ein Programm "Bayern regional"?

 

Straubinger, 14. April 2005

"So wird Vereinssport kaputt gemacht"
Gefrustete Vereinsvertreter kritisieren bei Seminar Vorgehen der Kultusverwaltung Cham.

Einen klaren Auftrag bekamen BLSV-Präsident Günther Lommer und BLSV-Bezirksvorsitzender Arnold Lindner von ihren Vereinen. Beim Oberpfälzer Sport-Management-Seminar, das den Chamer Sportvereinen die neue Struktur des Bayerischen Landessportverbandes vorstellte, kamen kontroverse Diskussionen auf. Drängende Fragen standen aber an Günther Lommer und Arnold Lindner an: Übungsleiterzuwendungen, Sportstättenförderung und Großgerätezuschüsse, vor allem die Unsicherheit und die zögerliche Behandlung durch die Staatsregierung riefen die Kritik der Vereinsvertreter hervor.

"Wie sieht's denn mit den Übungsleiterzuschüssen aus?" "Können die Vereine mit den Abfinanzierungen ihrer Baumaßnahmen rechnen?" "Was steht in den Sportförderrichtlinien?" "Kann überhaupt noch ein Verein im Sportbereich investieren?" Fragen, bei denen die beiden Sportfunktionäre zu bestehen hatten. Günther Lommer konnte berichten, dass die zugesagten Mittel für 2004 einigermaßen fest stünden, aber weitere Haushaltsmittel nicht verfügbar seien. Die Sportförderrichtlinien für die nächsten Jahre würden immer noch verhandelt. Drei Monate sind ins Land gezogen ohne dass die Vereine sagen können, wie die bereits erbrachten Übungsleiterstunden abgegolten werden könnten. Die Verfahrensweise und die Form der neuen Übungsleiterabrechnung stehen immer noch in der Diskussion. Das Paradoxon, das den Unmut der 28 Teilnehmer aus zwölf Vereinen auslöste, war der Vorschlag aus dem Bayerischen Kultusministerium, eine Pauschale pro Übungsleiter auszuwerfen. Das heißt einen festen Betrag pro gültigen Übungsleiterschein an den beantragenden Verein auszuzahlen. Dies führe zu einem Übungsleiterscheinhandel und zu Abwerbungen zwischen den Vereinen auf Kosten des solidarischen Ehrenamtes, so die Ansicht der Vereinsvertreter. Nachdem die Großgerätezuschüsse bereits gestrichen werden mussten, die Summe für Reparatur und Baumaßnahmen gekürzt und gedeckelt ist, komme das ganze Finanzierungsdilemma zutage. "Ohne Sportstätten, ohne Großgeräte und Ubungsleiter kann der Vereinssport aber nicht stattfinden", so Günther Lommer. "Von der Situation im Schulsport mag ich gar nicht mehr reden!"

"Damit macht man den Vereinssport kaputt, weil kein Vorstand zu Jahresbeginn einen vernünftigen Haushalt aufstellen kann. So kann man das ehrenamtliche Engagement auch kaputt sparen. " Noch deutlicher war die Ausführung: "Lieber hätte ich als Vorstand dem Verein 1000 Euro gespendet, als den bürokratischen Wust beim Bau abzuwickeln! " Frust über das langsame, nicht kalkulierbare Vorgehen der Kultusverwaltung wurde sehr laut. Die Vereinsvertreter beauftragten die Führungsgremien im BLSV, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln auch öffentlich zu machen, was hier ablaufe. Die Vorstände warnten eindringlich, dass das Engagement ernsthaft in Gefahr sei. Wie sich am Ende herausstellte, war die Aussprache mit den Vereinen sehr notwendig.

Sehr deutlich wurde auch BLSV-Bezirksvorsitzender Arnold Lindner:"Sogar in einem sportfreundlichen Landkreis Cham muss rund das 70-Fache in ,Reparaturmaßnahmen der Jugendfürsorge gesteckt werden, als die Förderung der Sportvereine ausmacht. Jetzt sind wir aber noch gut dran. Im Freistaat Bayern wird scheinbar lieber das vielfache Geld in die Rückführung von gestrauchelten und gefährdeten Jugendlichen gesteckt, als in die Vorbeugung durch ehrenamtlichen, sinnvollen Sport."

R.Kiehl: Man kann von den ehrenamtlich tätigen "Spezialisten" nicht verlangen, daß diese neben ihrer Zeit, die sie für den Sport opfern - was diese sicherlich gerne tun -, auch noch sämtliche Aufwendungen dafür selbst zu tragen - vor allem, wenn Sie aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse nicht dazu in der Lage sind: Man kann nicht den zur Prävention nötigen Schulsport auf das Ehrenamt verlagern, um so die Kosten für entsprechende Lehrer und Schulstunden einzusparen...irgendwo hat das Ganze auch seine Grenzen....Auch ich würde mich beteiligen: aber sicherlich mit meinen zur Zeit - wegen einiger Idioten - auf Al II heruntergemobbten Leistungen, nicht kostenlos, nicht ohne Ersatz meiner Aufwendungen für diese Leistungen...

Die ultimative "Lese-, Lese-, Lesenacht"
Zehn Klassen quartierten sich am Wochenende mit Büchern bewaffnet in der Schule ein

Schorndorf/Sattelbogen. "Lese-, Lese-, Lesenacht, wir lesen heut bis Mitternacht - es wird kein Auge zugemacht, in der Lese-, Lese-, Lesenacht." Daß Lesen ganz schön "cool" sein kann, erlebten rund 200 Schulkinder der Volksschule Schorndorf/Sattelbogen von Freitag auf Samstag beider ersten "ultimativen" Lesenacht.

Die Aufregung stand den Mädchen und Buben schon Tage vorher immer wieder ins Gesicht geschrieben, zu Hause gab es gar kein anderes Thema mehr als die Lesenacht. Erstmals überhaupt entschloß sich die Volksschule Schorndorf/Sattelbogen zu dieser Veranstaltung, über die am Tag danach Kinder, Eltern und Schulleitung durchwegs nur mit sehr viel Lob zu berichten wußten. Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, daß sich die Kids auf ihr Schulhaus als zweites Zuhause so richtig freuen. Doch mit dieser Lesenacht wurde für die Kinder die Schule einmal so richtig zur "Erlebnisschule". Ein Riesenkompliment galt besonders dem Elternbeirat mit den beiden Vorsitzenden Christine Klöckner und Markus Schleich an der Spitze, der im Wesentlichen selbst die gesamte Vorbereitung, Organisation sowie Durchführung übernommen hatte, und sich am Tag danach auch für das Aufräumen verantwortlich zeigte.

Alle zehn Klassen des Schulverbandes, auch die lb und 2b aus Sattelbogen, quartierten sich am Freitagabend im Schorndorfer Schulgebäude ein. Bei den vielen Schlafsäcken, Iso-Matten und sogar Zelten glichen die Klassenzimmer plötzlich eher einem gemütlichen "Campingplatz im Trockenen". Einfach phantastisch war dann das abwechslungsreiche und interessante Programm, das die Klassenelternsprecher mit viel Mühe und Liebe vorbereitet hatten. Im Mittelpunkt stand selbstverständlich das Lesen und Schmökern in Büchern. Die Schüler konnten sich auch einmal so richtig Zeit nehmen, die im Schulhaus untergebrachte Gemeindebibliothek mit ihren "reichen Schätzen an Kinder- und Jugendliteratur" unter die Lupe zu nehmen. In Stuhlkreisen stellten die Mädchen und Buben ihr Lieblingsbuch vor und lasen daraus kurze Textpassagen. Harry Potter, Grusel-, Gespenster- und Banditengeschichten oder die "Wilden Fußballkerle" standen dabei besonders hoch im Kurs. Die Klasse 4a absolvierte gar gleich einen "Lesen , acht-Bücherwurm-Parcours" mit verschiedenen Stationen, angefangen von der Buchgeschichte bei Gutenberg bis hin zum Märchensalat oder zur Lexikonrallye. Die 6. Klasse beschäftigte sich anhand von Zeitschriften mit der Aktualität, wie dem Tod von Papst Johannes Paul II., und durfte sich den Spielfilm "Schwabenkinder" von jo Baier ansehen, der mit dem Fernsehpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste ausgezeichnet worden war. Die Lesenacht bot aber noch viel mehr: Schatzsuche, Nacht- und Fackelwanderung, Vorstellen der Lieblingsspiele, Basteln, Malen, Singen, Musizieren oder Mitternachts-Volleyball in der Schulturnhalle. Für die beiden 1. Klassen war bereits gegen 23 Uhr Schluß, bei ihnen standen Spiele und Basteln zu den Zahlen sowie zum ABC im Vordergrund.

So eine Lesenacht stellt natürlich auch von der "Logistik" her eine Herausforderung dar, insbesondere was die Versorgung mit Essen und Trinken betrifft. Doch auch diese Aufgabe hatte der Elternbeirat bestens im Griff: Am Freitagabend wurden mehr als 40 große Familienpizzen sowie über 20 Pizzabrote geordert, zum Frühstück am Samstagmorgen gab es über 300 Semmeln und Brezen. Daneben schafften die Eltern von zu Hause Salate für das Abendessen herbei oder Kaba und Tee zum Frühstück am nächsten Morgen. Alles gab es für die Schulkinder völlig kostenfrei, die Finanzierung stellte der Elternbeirat aus dem Erlös vom letzten Schulfest sicher.

Keine Frage, diese Lesenacht war ein Volltreffer - eine Form der Leseförderung, die man auch als offenen Literaturunterricht bezeichnen könnte. Walkmann, Fernseher oder Computer hatten für die Kids endlich einmal Pause. Neben dem freien und selbstverantwortlichen Lesen ohne Zeitdruck gab es auch ein gemeinsames Programm mit wichtiger Gruppensituation. Eine Taschenlampe hatte natürlich jeder im Gepäck, durfte man doch auch nach der Bettruhe noch lesen. In den kleineren Klassen erhielten die Mädchen und Buben als Belohnung eine Urkunde über das erfolgreiche absolvieren der "ersten ultimativen Lesenacht 2005".

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