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Landshuter,Straubinger, Freitag, 14. Mai 2004

"Dem ländlichen Raum eine Chance geben"

Von Landrat Theo Zellner

Zur Verwaltungsreform: Die bayerischen Landkreise tragen im Paket "Verwaltungsreform" jedes Projekt mit, das zu Bürokratieabbau und schnelleren Genehmigungen führt. Aufgaben gehören dorthin, wo hoheitliche Genehmigungen erteilt werden. In den Landratsämtern und Ratshäusern begegnet der Bürger dem Staat. Die Reform muss deshalb auch vom Bürger und von der Wirtschaft her gedacht werden. Wichtigstes Ziel muss es sein, dem Bürger Genehmigungen und behördliche Dienstleistungen aus einer Hand (One-Stop-Agency) zu liefern.

Wenn die Verwaltungsreform mit "Grünen Zentren", "Technischen Zentren" und "Sozialen Zentren" endet, dann wird zwar die Ministerialbürokratie befriedigt sein, aber im Alltagsleben der vielen Zuständigkeiten und Verfahren wird sich für die betroffenen Menschen und die Wirtschaft nichts verändern. Weniger Verfahren, weniger zuständige Stellen, weniger bürokratische Belastung kann nur dort umgesetzt werden, wo Zuständigkeiten gebündelt sind - nämlich in den Landratsämtern und Ratshäusern. Wer dies bei einer Reform nicht beachtet, verkürzt nicht, spart nicht, sondern stellt nur neue Hinweisschilder auf.

Zu den Behördenverlagerungen:

Einsparungen bergen automatisch die Gefahr der Zentralisierung von Aufgaben, Dienstleistungen und Behörden in den Ballungsräumen. Das wäre ein Armutszeugnis. Bayerns. Entwicklung besteht nicht nur in Urbanität, sondern im Auftrag der Verfassung, die Räume gleichberechtigt zu entwickeln. Dezentralität ist ein absolutes Muss der laufenden Reform.

Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien machen Behörden ortsunabhängig. Die Zentrale Bußgeldbescheidstelle in Viechtach und das Polizeiverwaltungsamt in Straubing sind dafür Beispiele. Weitere Behörden- und Aufgabenverlagerungen aus den Ballungsräumen heraus in die ländlichen Räume müssen ein Ziel der laufenden Reform werden.

Die ostbayerischen Kleinstädte stehen vor gewaltigen wirtschaftlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Osterweiterung der EU. Die notwendige Infrastruktur auf Straße und Schiene lässt noch lange auf sich warten. Die Gefahr des Verlustes an Arbeitsplätzen ist greifbar. Jetzt auch noch die Schließung von Behörden, Ämtern oder Gerichten? Das kann nicht bayerische Politik sein! Am Beispiel der Amtsgerichte ist eindeutig auszumachen, dass eine dezentrale Struktur mit modernsten Technologien effizienter und auf Dauer kostengünstiger ist, als neue, erst noch zu bauende Zentraleinrichtungen.

Es gibt heutzutage keine Gründe mehr, Verwaltungsaufgaben und Sonderbehörden, wie z.B. Direktionen für ländliche Entwicklung oder andere, in großen Städten zu halten. Die Berufsschulorganisation zum Beispiel darf keine Einbahnstraße vom Land in die Großstadt sein. Das wäre überholtes Denken.

Der ländliche Raum ist heute ein dynamischer Lebens- und Wirtschaftsraum. Das darf nicht unterbrochen werden. Jeder Schritt der laufenden Verwaltungsreform muss deshalb von der Frage begleitet sein: Wie wirkt sich die Reform auf den ländlichen Raum aus?