Straubinger, 24.Dez2004

Kirche in Istanbul ohne Bleibe

Gotteshaus wurde an Baugesellschaft verkauft - Bischöfe: Ein" Skandal"

Istanbul/Bonn. (dpa) "Schwarze Weihnachten" für deutsche Christen in der Türkei: Ausgerechnet vor Weihnachten ist die deutschsprachige katholische Gemeinde in Istanbul ihrer Kirche "beraubt" worden. Pfarrhaus, Kapelle, Altenheim und Garten wurden zur Überraschung der nur wenige hundert Mitglieder zählenden Pfarrgemeinde St. Paul im noblen Istanbuler Stadtteil Sisli ohne deren Wissen und Zustimmung an eine türkische Baugesellschaft verkauft. "Dieser Verkauf ist ein Skandal", sagte der Generalsekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, am Donnerstag in Bonn.

Hintergrund ist die türkische Rechtslage, die es nichtmuslimischen Glaubensgemeinschaften in der Vergangenheit verbot, selbst Grundstücke zu erwerben. Die katholische Gemeinde in Istanbul hatte deshalb in den 60er Jahren eine Aktiengesellschaft gegründet, dessen Hauptaktionär formal der jeweilige Gemeindepfarrer war. Anfang Dezember erfuhr die Bischofskonferenz, wie eine Sprecherin am Donnerstag bestätigte, dass der Verwaltungsratsvorsitzende der AG, ein türkischer Anwalt, die Immobilie für 1,5 Millionen Dollar (1, 1 Millionen Euro) veräußert hat zu einem Preis, der für das "Filetstück" als weit unter dem Marktwert angesehen wird.

"Wir werden alles versuchen, um den Kaufvertrag anzufechten und rückgängig zu machen", sagte Generalsekretär Pater Langendörfer, der Mittwoch kommender Woche zu Gesprächen nach Istanbul reisen will. Der Verwaltungsratsvorsitzende habe seine Befugnisse als Treuhänder bei weitem überschritten und gegen die ausdrückliche Anweisung der Deutschen Bischofskonferenz verstoßen. Der dem Vernehmen nach rein juristisch mit allen internen Vollmachten ausgestattete Anwalt hatte den überraschenden Verkauf damit begründet, dass die Gemeinde rund zehn Milliarden Lira (rund 5400 Euro) Steuerschulden habe und weitere 8000 Euro Honorare für den in diesem Jahr ausgeschiedenen Pfarrer nicht gezahlt worden seien.

Eine angekündigte und teilweise eingeleitete Räumung der Gebäude konnte nach Angaben der Bischofskonferenz vorläufig verhindert werden. Bislang ist der Verkauf auch noch nicht ins Grundbuch eingetragen, was die Bemühungen der Bischofskonferenz angesichts der verzwickten Rechtslage noch zusätzlich erschwert hätte.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, hatte sich kürzlich gegen einen EU-Beitritt der Türkei ausgesprochen. Er verwies unter anderem darauf, dass in der Türkei für die christliche Kirche keine richtige Religionsfreiheit herrsche.

"Dialogbereitschaft der Muslime ist mangelhaft"

München. (AP) Der Münchner Erzbischof Kardinal Friedrich Wetter hat in Deutschland lebenden Muslimen mangelnde Dialogbereitschaft vorgeworfen. "Was vielfach bei Muslimen fehlt, ist eine erkennbare Bereitschaft zum Dialog", sagte der Erzbischof von München und Freising. Zudem fehle dem Islam oftmals Toleranz. Zugleich plädierte Wetter für Moscheen und Minarette in Deutschland: "Glaubensfreiheit ist ein menschliches Grundrecht." In einer Bürgergesellschaft müsse man im Frieden miteinander leben und Toleranz üben.

"Natürlich haben die Muslime ein Recht darauf, auch hier nach ihrem Glauben zu leben", betonte der Kardinal. Er habe nichts gegen Moscheen oder Minarette, "wenn sie dort stehen, wo viele Moslems leben und ihren Glauben ausüben". Zugleich stünden sich aber mit Christentum und Islam zwei Welten gegenüber. "Die Geschichte zeigt seit über 1 000 Jahren, dass es nie eine Symbiose zwischen Islam und Christentum gegeben hat. Das Gebiet der heutigen Türkei war einmal ein blühendes christliches Land. Das wurde vom Islam weggeschwemmt. Bis heute sei es schwierig, in der Türkei eine christliche Kirche zu eröffnen.

Der Wert der Toleranz sei mit dem Christentum in die Gesellschaft gekommen, sagte Wetter.

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