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Bau: RUB-Maschinenbauer entwickeln mit Standardbauteilen kostengünstiges neues Verfahren

Meerwasserentsalzung im Do-it-yourself-Verfahren

VDI nachrichten, Essen, 27. 2. 04 -Sauberes Trinkwasser ist vielerorts Mangelware, die Aufbereitung von Meer- oder Brackwasser aufwendig und teuer. So war es bisher, doch das könnte sich rasch ändern, wenn ein Prototyp sich bewährt, den Maschinenbauer der Ruhr-Uni Bochum aus handelsüblichen Standard-Bauteilen für kleines Geld entwickelt haben.

Trinkwasser ist in vielen Ländern der Erde Mangelware: Laut UNO leiden heute bereits mehr als 2 Mrd. Menschen unter diesem Wassermangel, zwölf Mio. Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen von Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser hervorgerufen werden. Während sich die Weltbevölkerung in den vergangenen 70 Jahren verdreifacht hat, ist der Frischwasserverbrauch in dieser Zeit um das Sechsfache gestiegen. Wasser wird im 21. Jahrhundert daher eines der zentralen Themen sein.

Und da setzt die Idee eines Bochumer Maschinenbauers an: Um aus Salzwasser Trinkwasser zu gewinnen, braucht er kein riesiges Kraftwerk an der Meeresküste. In den Werkshallen der Fakultät für Maschinenbau steht ein eher unscheinbarer Prototyp, der mehr kann als heutige Anlagen. Er basiert auf einem neuen Verfahren, das der ehemalige Mitarbeiter Dr. Thomas Brendel an der Ruhr-Universität Bochum entwickelt hat. Dabei nutzt er Sonnenenergie, die in einem geschlossenen System effizient eingesetzt werden kann. Das simple Verfahren könnte in Zukunft die Versorgung in wasserarmen Ländern verbessern.

Das Problem an bisher eingesetzten Verfahren zur Meer- oder Brackwasserentsalzung ist der enorm hohe Energiebedarf der Anlagen. Als Energiequelle dienen meist fossile Brennstoffe wie Öl oder Erdgas - die Belastung des Klimas durch den Ausstoß von Kohlendioxid ist entsprechend hoch. 48 % der weltweiten Anlagenkapazität entfallen auf die Anrainerstaaten des Arabischen Golfs, Meerwasserentsalzung können sich heute fast ausschließlich reiche Länder leisten.

Das neue Bochumer Verfahren hat hingegen gleich mehrere Vorteile: Es entlastet die Umwelt, es ist klein und spart Platz. "Die einzelnen Komponenten des Prototypen sind herkömmliche Produkte aus heimischen Baumärkten", sagt Juniorprofessor Marcus Petermann vom Lehrstuhl für Partikeltechnologie und Partikeldesign. Insgesamt kostete die Anlage 10 000 Euro, je die Hälfte davon entfielen auf Sachkosten bzw. Arbeitszeit. "Bei industrieller Serienfertigung ließen sich die Kosten noch deutlich senken", so Petermann.

Als Trägergas dient Luft, so dass die Anlage insgesamt mit niedrigeren Temperaturen arbeiten kann als herkömmliche Verfahren. Das salzige Wasser wird erwärmt und rieselt durch einen so genannten Verdunstungsbefeuchter, der die einströmende Luft erwärmt und zusätzlich mit Wasserdampf aus dem Meerwasser anreichert. Am Entfeuchter wird die Luft dann kondensiert: Das gewonnene, reine Wasser fließt aus der Anlage heraus, die übrig gebliebene Salzlösung (Sole) wird im Kreislauf wieder der Ausgangsflüssigkeit zugeführt.

Das Verfahren ist nun soweit ausgereift, dass es mit wenigen Sonnenkollektoren arbeiten kann. Bei zehn Sonnenstunden ergibt sich bei diesem Verfahren eine Produktrate von 20 1 Wasser/m2 Kollektorfläche und Tag. "Die Anlage ist zwar für Solarenergie konzipiert", sagt Petermann, "sie lässt sich aber auch mit anderen Energiequellen betreiben wie Abwärme, z.B. von Dieselmotoren. Denkbar wäre damit etwa auch ein Einsatz auf Schiffen, um Trinkwasser zu gewinnen." Derzeit dient der transportable Prototyp im Schülerlabor der RUB als Anschauungsobjekt -

ein echter Härtetest. k/wip