Straubinger, 1.Juni 2005

Landrat fordert Mobilitätserziehung

Kindergärten "in voller Fahrt" auf der Eisenbahn - Ein Projekt mit DB und VLC

Cham. Kinder müssen bereits eine Vielzahl von Wegen zurücklegen. Früh übt sich also auch hier, wenn Kinder selbstständig und unabhängig außerhalb des Elternhauses unterwegs sein sollen. Mobil zu sein ist heutzutage bereits im Kindesalter wichtig. Am besten geht's natürlich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Die rechtzeitige Mobilitätserziehung für Kinder ist auch für das Sachgebiet ÖPNV am Landratsamt besonders wichtig. Darum will die Landkreisverwaltung zusammen mit der DB Regio und der Verkehrsgemeinschaft im Landkreis Cham (VLC) die beliebten Informationsaktionen für Kindergärten bereits im Juni wieder fortsetzen.

Kinder sollen bereits frühzeitig auf die Möglichkeiten des Öffentlichen Nahverkehrs aufmerksam gemacht werden. Auf spielerische Weise überzeugend umgesetzt und als sehr nachhaltiges Lernmittel hat sich das Konzept des ÖPNV-Sachgebiets am Landratsamt Cham erwiesen.

Auf Initiative von Landrat Theo Zellner werden deshalb ab Juni bis in den Herbst hinein wieder landkreisweit kostenlose Bahnfahrten für Kindergärten angeboten. Die nächste Aktion beginnt schon am 8. Juni mit einer Fahrt auf der Waldmünchner Strecke der Oberpfalzbahn mit einer Kindergruppe des Kindergartens Zillendorf. Ziel der jungen ÖPNV-Tester ist der Churpfalzpark in Loifling. Und dazu heißt es am Bahnhof Cham umsteigen in den Bus, der als weiteres ÖPNV-Verkehrsmittel neben der Schiene viel Mobilität gerade für Kinder und Jugendliche vermittelt.

Allein im Jahre 2000 wurden in Deutschland 740 Milliarden Personenkilometer mit dem Auto zurückgelegt und nur 196 Milliarden mit Bus und Bahn, also nur 20 Prozent davon sind öffentlicher Verkehr. Und hier setzt das engagierte Organisationsteam um Reinhold Meier, ÖPNV-Chef am Chamer Landratsamt, gezielt bei dieser Imageaktion zu einer kinderfreundlichen Mobilität an.

Durch die Windschutzscheibe

Denn das Aufwachsen der Kinder ist heute in starkem Maße durch den motorisierten Individualverkehr geprägt. In den letzten Jahren hat der Straßenverkehr stark zugenommen. Durch häufige und intensive Nutzung des Verkehrsraumes vor der eigenen Haustüre kennen die Kinder ihr Wohnumfeld rund ums Elternhaus schon sehr genau. Sie sind tatsächlich Experten. Sie erleben aber ihre Umgebung immer mehr aus der "Windschutzscheibenperspektive" im "Elterntaxi".

Im Sinne einer Bildung für Nachhaltigkeit sollen Kinder möglichst frühzeitig einen verantwortungsvollen und selbstständigen Umgang mit Mobilität erlernen. Es geht um das Kennenlernen nachhaltiger Fortbewegungsmöglichkeiten, das Anbahnen einer "reflektierten Verkehrsmittelwahl" und um die Vermittlung entsprechender Kompetenzen - und dies sinnvollerweise bereits im Vorschulalter.

Zu Fuß und mit dem Fahrrad, aber insbesondere mit den Personenbeförderungsmitteln Bus und Schiene sind die Kleinen nämlich dann gerne und regelmäßig unterwegs und dies dient zuletzt auch einer umweltorientierten Mobilitätserziehung.

Aus diesem Grund setzt der Landkreis Cham wieder mit Unterstützung der DB Region Ostbayern und des VLC die bewährte Aktion "Kinder entdecken den ÖPNV" den ganzen Sommer über bis in den Herbst mit Kindergärten fort. Denn die Kinder können ohnehin noch nicht Auto fahren, sie können aber auf didaktisch spielerische Weise an die selbstständige Benutzung von Bahn und Bus herangeführt werden. Tatsächlich wäre es nicht zu vermitteln, dass Eltern beispielsweise auf die Ausübung ihres Berufes verzichten, weil der Arbeitsplatz nur mit dem Auto zu erreichen ist. Stattdessen werden bei der Aktion Alternativen aufgezeigt und deren Vorteile in den Vordergrund gestellt. So wird bei der Bahnfahrt auch der verkehrserzieherisehen Betreuung ein großer Stellenwert eingeräumt.

Die zuständigen Sachbearbeiter des Bundesgrenzschutzes, Hartmut Rosenhammer und Andi Steinhauser von den Dienststellen Furth im Wald und Waldmünchen, werden mit dem bei den Kindern beliebten Maskottchen "Tonibär" die Kinder und Erzieherinnen während der Fahrt im Zug regelmäßig begleiten.

Bereits im Vorfeld findet dazu eine Verkehrsschulung mit einer Filmvorführung in den Kindergärten statt. Das erlebnisorientierte und vor allem alterspezifisch abgestimmte pädagogische Konzept wird den Kleinen also die Rolle des ÖPNV spielerisch durch aktives Erleben im Rahmen einer modernen Verkehrserziehung aufzeigen. Und daneben haben die Kindergartenkinder sicherlich viel Spaß in den jeweiligen Ankunftsorten. Dort können die Kleinen sich dann in den Freizeiteinrichtungen der Region richtig austoben oder mit der Naturparkrangerin Caroline Stautner in der Natur spielen sowie zahlreiche Sehenswürdigkeiten besichtigen, bevor es mit dem Bus und der Bahn wieder in die Heimatorte zurückgeht.

 

Schlechtes Zeugnis für Tourismus

Behinderte finden im Landkreis schwer eine passende Bleibe –
Seminar soll helfen

Cham. (paa) Ein schlechtes Zeugnis hat am Dienstag Johann Kreiter, Vorsitzender der "Nationalen Koordinationsstelle Tourismus für alle" (NatKo) dem Landkreis Cham bei behindertengerechtem Urlaub ausgestellt. Selbst der Leiter des Tourismusbüros Cham, Josef Daiminger, empfand es selbst als "depremierend", dass er erst nach gut zwei Stunden Suchens eine Bleibe für den Rollstuhlfahrer finden konnte. Kleinert wollte in Cham übernachten, weil am Dienstag ein Seminar von "Neumann Consult", NatKo und dem Deutschen Hotel und Gaststättenverband (Tourismusakademie Ostbayern) für Gastronomen gerade passend zum Thema barrierefreier Tourismus an der Volkshochschule Cham durchgeführt wurde.

Vor dem Seminar erzählte Kreiter der Chamer Zeitung: "Im Internet habe ich gar keine behindertengerechte Unterkunft gefunden. Erst nach zwei Stunden habe selbst der Chef des Tourismusbüros Cham ein Zimmer in einem Hotel in der Gemeinde Traitsching entdeckt. Daiminger kündigte an, dass in den kommenden Monaten dieser Missstand behoben werden soll - vorausgesetzt, die Vermieter spielen mit. Mit seinem Zimmer in Sattelbogen ist Kreiter zufrieden, weil er alles mit dem Rollstuhl erreichen kann. Doch nicht immer enden Anreisen so glücklich. "Ich bin einmal mit einem Rollstuhlfahrer und 13 Bekannten 600 Kilometer weit nach Cham angereist. Doch das zugesagte behindertengerechte Zimmer gab es schlicht und einfach nicht." Das Fazit war, dass die gesamte Gruppe sich abends um 19 Uhr den Rollstuhlfahrern anschloss und ein anderes Hotel wählte. "Damit versaut sich die Tourismusbranche den Markt", ist Kreiter überzeugt.

Dabei liege im behindertengerechten Urlaub Potenzial: "Das ist ein großer Markt mit einem Volumen von rund 3,1 Milliarden Euro das rentiert sich durchaus für Tourismusbetriebe." ln dem Seminar in der Volkshochschule Cham verdeutlichte Kreiter den zehn Teilnehmern die Probleme von Behinderten. Dazu nahmen sie selbst in einem Rollstuhl Platz und stellten fest, wie sich die Perspektive ändert und welche unüberwindlichen Hindernisse es für Behinderte gibt, wie etwa Treppen oder achtlos mit Gegenständen verstellte Rampen. "Wir wollen sensibilisieren und stellen keine großen Sonderansprüche", so Kreiter. Doch müssten Behinderte auch Sehenswürdigkeiten anzuschauen können ("geschlossene Servicekette").

Seminarleiterin Renate Simons (Neumann Consult) zeigte das Marktpotenzial sowie Trends auf und führte die Bedürfnisse und Anforderungen des behindertengerechten Tourismus vor. Laut Kreiter steht die Kommunikation mit Behinderten noch vor architektonischen Änderungen. "Die Voraussetzungen sind oft da, wie etwa ein behindertengerechtes Zimmer, "aber dann ist es im ersten Stock und es gibt keinen Aufzug". Wichtig sei es, mit Behinderten gemeinsam zu planen. Mit Kreiter wolle Simons vor allem die verbale Barriere - Behinderte überhaupt anzusprechen - durchbrechen.

 

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