Straubinger, 16.Febr2005

KOMMENTARE

PR0 POLITISCHE HYGYENE
VON GEORG SPRANGER

Man wird vergebens nach einer politischen Affäre suchen, in der die Sicherheit der Bundesrepublik stärker tangiert war, und in der die Akteure solange die Fakten leugneten. Selbst die Spiegel-Affäre oder die Schützenpanzer-Geschichte von Franz Josef Strauß waren ein Klacks dagegen. Werner Maihofer oder Jürgen Möllemann sind geradezu wegen Lappalien zurückgetreten. Dabei ist die Visa-Affäre nicht das Ergebnis einer Verkettung unglücklicher Umstände, von Geklüngel oder bürokratischem Mahlgang. Sie ist das Produkt der kaltschnäuzigen Umsetzung des Multikulti-Traumes des Grünen Joschka Fischer. Einreisefreiheit vor nationaler Sicherheit.

Aber das ist nur die eine Hälfte des Skandals, die andere ist das Schweigen des Innenministers und des Bundeskanzlers aus Gründen des Machterhalts. Nach allem, was bis heute unwidersprochen als Fakten gehandelt wird, waren sie rechtzeitig informiert, ließen aber um des Koalitionserhaltes willen den Außenminister und dessen eigentlich machtlosen Staatsminister Vollmer werkeln und alle Hinweise empörter Beamter und aufgeschreckter Polizisten abbürsten. Dass Fischer und Bundes-Innenminister Otto Schily schon seit Jahren in inniger Feindschaft verbunden sind, ist zwar nur eine Arabeske, aber an einem desaströsen Bild.

Ob die Betroffenen nun eine Kampagne jenseits des Bedürfnisses nach echter Aufklärung sehen, ist inzwischen unerheblich. Die Opposition erfüllt mit ihrem Insistieren nur ihre Pflicht. Dass sie zeitlich taktiert und die Affäre auch in die Landespolitik von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zu tragen versucht, um das politische Geschäft abzurunden - das ist eben Pech für die Ertappten. Wie wäre wohl im umgekehrten Fall der Grüne Fischer mit den Konservativen umgesprungen?

Es würde die politische Hygiene dieses Landes befördern, wenn der Außenminister nicht damit davonkäme, mit Weltschmerz-Gesicht von möglichen Fehlern und (selbstverständlicher) politischer Verantwortung zu faseln und die hunderttausendfache Kriminellen-Schleusung als Panne ohne seine Beteiligung abzutun.

 

OPTIMISTEN HABEN ES SCHWER
VON KAI ALTENHOF

Es wird wieder sachlicher diskutiert:Nicht einmal Gerhard Schröder nimmt im Moment das Wort "Aufschwung" in den Mund. Denn er würde sich lächerlich machen. Aber es geht noch aufwärts. Dabei ist es Ansichtssache, ob das sprichwörtliche Glas halb leer oder halb voll ist. So sehen Pessimisten die deutsche Wirtschaft am Abgrund stehen, weil der wachstumstragende Export durch die sich abkühlende Weltwirtschaft in Gefahr gerät. Die Optimisten wie die Experten des ifo-Instituts rechnen hingegen nur mit einer Wachstumsdelle. Aber wie auch immer: Auf jeden Fall ist das Licht am Ende des Tunnels noch deutlich zu erkennen. Doch der Schein wird allmählich schwächer. Mit Blick auf die Lage im Inland haben es aber auch Optimisten schwer, ein Lichtlein zu erkennen. Nach den neuesten Zahlen der Wiesbadener Statistiker

Mit Blick auf die Lage im Inland haben es aber auch Optimisten schwer, ein Lichtlein zu erkennen. Nach den neuesten Zahlen der Wiesbadener Statistiker ist die Bereitschaft der Deutschen, Geld auszugeben, zurzeit äußerst gering. Die Firmen investieren nur das Notwendigste, die Verbraucher konsumieren extrem sparsam. Das Rezept gegen dieses wirtschaftliche Siechtum ist bekannt: Steuern runter, Bürokratie weg. Die dazu notwendigen Reformen sind zwar die wichtigsten, aber nicht die einzigen Maßnahmen, die den Standort Deutschland wieder auf Vordermann bringen können. Auch die übrigen Rahmenbedingungen müssen den wirtschaftlichen Erfolg begünstigen.

Eine Branche, die sowohl im In- als auch im Ausland ihre Eisen im Feuer hat, lieferte einen bemerkenswerten Diskussionsbeitrag. Der Telekommunikations- und Informations-Branchenverband BITKOM gab zu bedenken, dass Innovation Staatsziel sein müsse, damit der Standort im globalen Wettbewerb den Anschluss halten könne. Doch während für die Branche anderswo Investitionsanreize geschaffen werden, wirft die Bundesregierung den Unternehmen bürokratische und regulatorische Hindernisse in den Weg. Der Technologie der Zukunft werden die Marktkonzepte der Vergangenheit übergestülpt, beklagt Telekom-Chef Ricke. Wo bleibt eigentlich Schröders Innovationsoffensive?

 

UNTER GENERALVERDACHT
VON HANKO WESTERMANN

Klar, das Bundesfinanzministerium warnt vor "Panikmache". Aber mit dem wohlklingenden Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit (2003) wird die Bevölkerung quasi unter Generalverdacht gestellt. Der Steuerzahlerbund hat die" verdachtsunabhängige Kontenabfrage" nun erneut zu Recht kritisiert. Die Politiker, die sich ebenso schwer tun, ihre Karten offen auf dem Tisch auszubreiten und als Volksvertreter Rechenschaft über ihre Einkünfte abzulegen, gehen sehr großzügig mit dem Daten- und Bürgerschutz um. Das zeigt auch das zunächst ebenfalls positiv anmutende Finanzmarktförderungsgesetz (2002).

In beiden Fällen hat das Bundesamt für Finanzen zu weit gehende Vollmachten. Es kann - im Gegensatz zur Darstellung des Hauses Eichel - in einem automatisierten Verfahren auf Kontenstammdaten der Banken und Sparkassen zugreifen und mit einem Mausklick auf einen Blick erkennen, bei welchen Kreditinstituten die Bürgerinnen und Bürger Konten und Depots unterhalten. Und: Das Bundesamt leitet die Daten automatisch an die Finanzbehörden weiter. Die Zugriffsmöglichkeiten der deutschen Behörden sind in der EU einzigartig! Dennoch hängen sich SPD und vor allem die Grünen das Bürgerrechtsmäntelchen um.

Ferner ist zu bemängeln, dass die Systeme der Kreditwirtschaft so ausgelegt sein müssen, dass sie selbst nicht erkennen können, ob und wann das Bundesamt für Finanzen Einblick genommen hat. Für eine spätere Information der Kontoinhaber gibt es keinen verbindlichen Zeitrahmen. Ein Hauch von Willkür liegt über diesem Land. Denn auch bei den Gesetzen über Alterseinkünfte, Beschränkungen des Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie beim Gesundheitsmodernisierungsgesetz wird der Datenschutz sehr vernachlässigt.

SPD und Grüne sind also nicht die besten Hüter der Bürger- und Freiheitsrechte.

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