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18VDI nachrichten -23. Juli 2004 - Nr. 30

Schutzrechte: Neue Bewertungsmethode öffnet Geldquellen

Patente sichern Hypotheken ab

VDI nachrlchten, Düsseldorf, 23.7.04 -

Erfolgreiche Forschungen und Entwicklungen steigern den Wert von Unternehmen. Doch Patente zu beleihen war bisher kaum möglich. Eine standardisierte Wertermittlung kann das jetzt ändern.

Patente haben Wert. Doch wie bemisst man ihn? Bisher wühlten sich Patentanwälte für Wertgutachten durch Zahlenkolonnen, um die Wertentwicklung von Patenten zu prognostizieren. Langwierig waren solche Gutachten und je nach zugrunde gelegter Datenbasis entweder ungenau und subjektiv oder sehr teuer. Übliche Tagessätze liegen bei 3000 E. Kein Wunder, dass Patente bislang kaum als Sicherheit für Unternehmensfinanzierung in Frage kamen.

Ein neues, standardisiertes Begutachtungsverfahren der Hamburger IP-Bewertungs AG (IPB AG) kann das ändern. Für unter 200 E pro Patent ermittelt das Unternehmen binnen 48 Stunden den jeweils aktuellen Wert ganzer Patentportfolios, auch wenn sie einige hundert Patente enthalten. Dabei müssen die Patentinhaber nicht einmal mitwirken. "Wir erstellen unsere Wertgutachten allein auf Basis allgemein zugänglicher Daten", erklärt IPB Prokurist und Forschungsleiter Stephan Lipfert. Grundlage des neuen Verfahrens ist eine firmeneigene Datenbank mit über 12 000 Datensätzen von Patenttransaktionen. In computergestützten Ähnlichkeitsanalysen vergleicht IPB die aktuellen Patentdaten mit historischen.

Für die vergleichenden Analysen hat das Unternehmen in enger Kooperation mit acht Professoren von deutschen Hochschulen 20 Indikatoren definiert, die jeweils deutlich mit dem Patentwert korrelieren. Darunter die Anzahl der Zitierungen in anderen Patenten oder die Summe der Ansprüche eines Patentes, also was alles der Erfinder an Funktionen festlegen konnte.

Nach mehrjähriger Forschung ist das Verfahren nun sattelfest. Die Wirtschaftsprüftingsgesell- schaft KPMG hat es geprüft und bestätigt die hohe Qualität der Wertgutachten. Laut IPB-Vorstandschef Karsten Müller richtet sich das Angebot vor allem "an etablierte Mittelständler, die wenigstens zehn erteilte, aktive Patente besitzen". Für sie öffnen die Gutachten eine völlig neue Finanzierungsoption: Seit Jahresbeginn erkennt die Vereins- und WestbankAG (VuW), eine norddeutsche Konzerntochter der Hypovereinsbank, IPB-bewertete Patente als Sicherheit an. Laut Müller können Unternehmer dort bis zu 50 % des ermittelten Wertes beleihen.

Klaus Leusmann, Leiter der Unternehmenssteuerung bei der VuW, bestätigt das Engagement seines Hauses: "Bisher handelt es sich um ein auf Norddeutschland begrenztes Pilotprojekt". Es bestünden aber gute Chancen, das man die Praids auf den Süden der Republik ausweite. Ziel sei es, die auf die Patente ausgegebenen Kredite gebündelt zu verbriefen. Man wolle Pakete von jeweils 80 Mio. E bis 100 Mio.E auf dem Kapitalmarkt anbieten. Noch für dieses Jahr ist die erste Verbriefung geplant, obwohl man bisher erst wenige Kredite vergeben hat. Das liegt unter anderem an der strengen Vorauswahl der Bank.

nachgewiesener Expertise in Frage", schränkt der Banker ein. Zudem strebe seine Bank tiefergehende Beratungen der Unternehmen an, um deren Umgang mit den Patentportfolios optimal in ihre Finanz- und Unternehmensstrategien zu integrieren.Derzeit steht die Bank mit der Bundesregierung und dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in Verhandlung über die Rahmenbedingungen der Patentbeleihung. So ist angestrebt, Hypotheken in die Patentrollen dereinzutragen - analog zu der gängigen Praxis bei Immobilien, wo Grundbucheinträge verlässlich darüber informieren, ob ein Grundstück beliehen ist. Zudem möchte man die neuartige Wissensfinanzierung durch steuerliche Begünstigungen anschieben.

Leusmann rechnet damit, dass weitere Banken beim Patentkredit nachziehen, sobald sie über günstige standardisierte Bewertungsverfahren verfügen. Behält er Recht, wäre das laut Wolfgang Müller, Leiter des SteinbeisTransferzentrums in Villingen-Schwenningen, mehr als nur ein Hoffnungsschimmer für den Mittelstand: "Wenn die Banken Patente als Sicherheit akzeptieren, wertet das die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mittelständischer Unternehmen ungeheuer auf." Gerade vor dem Hintergrund von Basel II könne es sich für Betriebe lohnen, den Wert ihrer Patente beziffern zu lassen. Denn hier schlummerten riesige, immaterielle Werte.

PETER TRECHOW www.ipb-ag.com