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Kritik an Vorstoß von Clement zu gelockerter Pressefusionskontrolle

Kartellamtspräsident Böge hat Vorbehalte - Zweifel in allen Parteien

Berlin. (AP) Der Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, zur Rettung wirtschaftlich angeschlagener Zeitungen die Pressefusionskontrolle zu lockern, ist parteiübergreifend auf massive Bedenken gestoßen. Offene Kritik äußerte der Präsident des Bundeskartellamtes, Ulf Böge, in Interviews vom Donnerstag. Kern der Vorbehalte ist, dass die Lockerung genau das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung erziele und Marktbeherrschungen vorantreibe.

Clements Entwurf sieht Erleichterungen bei Fusionen und Kooperationen in der Pressebranche vor, soweit dabei die Vorgaben zur Sicherung der Pressevielfalt eingehalten werden. Die so genannte Altverleger-Regelung soll sichern, dass die redaktionelle Unabhängigkeit trotz Übernahme eines Blattes erhalten bleibt. So soll der Verleger einer Zeitung nach einem Verkauf weiter mindestens 25,1 Prozent der Anteile behalten.

Erhöht werden soll auch die so genannte Aufgreifschwelle für Fusionen. Bisher müssen Fusionen durch das Bundeskartellamt genehmigt werden, wenn der Umsatz der Unternehmen 25 Millionen Euro überschreitet. Der Entwurf sieht eine Schwelle von 50 Millionen Euro vor, während die Zeitungsverleger eine Erhöhung auf 100 Millionen vorgeschlagen hatten.

Die Union bezweifelte die Notwendigkeit der Novelle des seit 1976 bestehenden Gesetzes. Das Bundeskartellamt habe bis 2000 in nur acht von 90 Fällen eine beabsichtigte Fusion untersagt. Unionsexperten befürchten, dass durch die Novelle das bisherige Ziel aufgegeben wird, Pressevielfalt durch wirtschaftliche Vielfalt zu sichern. Bedenken ließen auch die Abgeordneten von Rot-Grün erkennen. Die FDP warf die Frage nach Preiskartellen im Anzeigenbereich auf.

Böge nahm dazu Stellung und verwies auf den Ausnahmetatbestand für Anzeigenkooperationen: "Das, was jetzt frei gestellt werden soll, ist ein Preiskartell im Anzeigengeschäft der Verlage." Dies sei schädlich, da das Anzeigengeschäft als wichtigste wirtschaftliche Säule der Zeitungen mit Rückwirkungen auf den Lesemarkt verbunden sei, meinte der Kartellamtspräsident.