Die Rekordarbeitslosigkeit steigt weiter an

Sozialverband erwartet "heißen Sommer" - Probleme bei Hartz IV - Druck auf Clement wächst

Berlin/Nürnberg. (dpa/AP) Am Arbeitsmarkt zeichnet sich ein neuer Nachkriegsrekord ab. Arbeitsmarktexperten erwarten für Februar bei rund 100000 Erwerbslosen mehr einen Anstieg auf gut 5,1 Millionen. Nach der Kehrtwende der Union wächst der Druck auf Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, die Hinzuverdienstmöglichkeiten für die Bezieher von Arbeitslosengeld II rasch zu verbessern. Der Sozialverband Deutschland (SOVD) rechnet bei vielen Beziehern des Arbeitslosengeldes II mit Leistungskürzungen. "Wir stellen uns deshalb auf einen heißen Sommer ein", sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer am Freitag.

Zu einem Bericht über den sich abzeichnenden Anstieg der Arbeitslosigkeit hieß es bei der Bundesagentur für Arbeit, in der aktuellen Januar-Zahl von 5,037 Millionen seien noch rund

30 000 bis 40 000 erwerbsfähige Arbeitslosengeld-II-Bezieher nicht berücksichtigt. Auch witterungsbedingt müsse im Februar mit weiterem Anstieg gerechnet werden.

Bei den Zuverdienstmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose wollen die Grünen die abwartende Haltung Clements nach einem Zeitungsbericht nicht akzeptieren. Die Korrekturen an der Hartz-IV-Regelung sollten jetzt "so schnell wie möglich" auf den Weg gebracht werden, sagte Fraktions-Vize Thea Dückert. Verbesserte Zuverdienstmöglichkeiten würden Langzeitarbeitslosen mehr helfen als Ein-Euro-Jobs.

Zuvor hatte Clements Sprecherin erklärt, die Bundesregierung wolle trotz des Vorstoßes von CDU-Chefin Angela Merkel vor einer möglichen Änderung zunächst Erfahrungen mit den aktuellen Regelungen sammeln. Das Ministerium sei allerdings für eine Korrektur offen, zumal dies auch das ursprüngliche Ziel von Rot-Grün gewesen sei.

Auch SoVD-Chef Bauer forderte die Regierung zu raschen Nachbesserungen bei der Hartz-IV-Reform und die Behörden zu weniger rigider Auslegung von Ermessensspielräumen auf. Die Reform bereite dem sozialen Abstieg kranker, älterer oder behinderten Menschen den Weg. Offensichtliche Ungerechtigkeiten müssten abgestellt werden.

Nach Einschätzung der CSU-Landesgruppe gibt es bei der Umsetzung von Hartz IV massive Probleme. Viele Empfänger des ALG II in Bayern müssen in den nächsten Monaten mit Kürzungen oder sogar Rückforderungen rechnen, wie der Rosenheimer Abgeordnete Wolfgang Zeitlmann sagte. Im Januar seien weit mehr ALG II-Anträge genehmigt worden als von der Bundesagentur für Arbeit erwartet, sagte Zeitlmann in München. "Entweder gibt es gewaltig mehr Mittel oder Korrekturen."

Bei vielen Kommunen ist nach Angaben der SPD die erhoffte finanzielle Entlastung nicht eingetreten. Einige Städte und Landkreise hätten sogar höhere Belastungen als vorher, klagte der SPD-Landesvorsitzende Ludwig Stiegler in Nümberg.

Die CSU-Landesgruppe und Stiegler trafen sich unabhängig voneinander mit Kommunalpolitikern. Beide Parteien kritisierten die bürokratische Gängelung der Kommunen in den Hartz IV-Arbeitsgemeinschaften durch die Bundesagentur für Arbeit.

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