CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag 1 Aktuelles

Bundestag debattiert über Vorschlag der CDU/CSU zu den Verhandlungen der EU mit der Türkei - Europa reicht nicht bis zum Iran oder nach Wladiwostok - Europa ist auf die Zustimmung der Menschen angewiesen

Die Unionsfraktion hat am Donnerstag ihr Modell einer privilegierten Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Türkei im Bundestag vorgestellt. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble warb dafür, die Verhandlungen nicht auf eine Vollmitgliedschaft zu beschränken, sondern das Modell der CDU/CSU ausdrücklich einzubeziehen. 'Eine privilegierte Partnerschaft ist die richtige Lösung", sagte Schäuble.

Argumente

Das "europäische Einigungswerk" sei auf die Zustimmung und das Vertrauen der Menschen in Europa angewiesen, sagte der Außenpolitiker. Ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entstehe bei den Menschen aus "Gemeinsamkeit in Geschichte und Kultur' und aus "gemeinsamer Verantwortung für die Zukunft in einer Welt der Globalisierung".

Er forderte, in der Türkei nicht den Eindruck aufrecht zu erhalten, dass die Frage einer EU-Mitgliedschaft nur in der Türkei zu entscheiden sei. Es komme auch auf die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union an, unterstrich der Fraktionsvize. Dies ist auch Bestandteil der Beitrittskriterien. die von der EU 1993 in Kopenhagen beschlossen worden sind.

"Europa reicht nicht bis an die Grenzen des Iran oder Irak", stellte er fest. Für Staaten, die nur teilweise zu Europa gehörten, müssten andere Lösungen gefunden werden als die Vollmitgliedschaft. Denn die Antwort im Falle der Türkei müsse auch halten, wenn Russland einen entsprechenden Wunsch äußern sollte. Denn eine Europäische Union, die bis Wladiwostok reiche, sei als "gelingende politische Einheit" nicht vorstellbar.

http://www.cducsu.de/section-1/subsection-5/id-1301 /Meldungen.aspx

06.02.2005

Die EU muss in der globalisierten Welt handlungsfähig sein. Wir wollen und müssen doch mit einer Stimme sprechen, wenn wir in der internationalen Politik Gewicht haben wollen. Tun wir dies? Wir tun es schon jetzt kaum.

Schon jetzt gibt es in der EU überall Desintegrations- und Überdehnungstendenzen. Der Stabilitätspakt wird nicht mehr eingehalten. Es ist fraglich, ob wir den Verfassungsvertrag in Europa unter Dach und Fach bekommen. So vieles ist inzwischen in der EU fragil geworden! Wir haben noch überhaupt keine Erfahrungswerte, wie sich die Aufnahme der zehn neuen Länder auf den Integrationsprozess auswirkt.

http://www.cducsu.de/section-1/subsection-6/id-2775/Meldungen.aspx

06.02.2005

CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag 1 Presse

Eine'Privilegierte Partnerschaft` als Alternative zu einer EU-Vollmitgliedschaft der Türkei

Aktualisierte Fassung des Positionspapiers vom 22.01.2004

Matthias Wissmann

Während die Mehrheit von SPD und Grünen für eine Aufnahme der Türkei in die EU plädiert, wird die Frage, wie man mit der Türkei im Falle eines Scheiterns von Beitrittsverhandlungen umgehen soll, völlig vernachlässigt. Das Modell der Privilegierte Partnerschaft zielt auf eine möglichst enge Bindung zwischen der EU und der Türkei, sagt der Vorsitzende des Europaausschusses, Matthias Wissmann.

Im Oktober 2004 hat die EU-Kommission ihren Bericht über die Möglichkeit von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vorgelegt. Es steht außer Zweifel: Die Türkei hat bereits beeindruckende Fortschritte erzielt. Doch es ist ebenso offensichtlich, dass es gerade im Bereich der Menschenrechte noch großen Nachholbedarf gibt. Zudem gilt es, verabschiedete Reformpakete auch in der alltäglichen Realität umzusetzen. Ein wesentlicher Hinderungsgrund für eine Vollmitgliedschaft der Türkei ist zudem der Zypern-Konflikt. Abgesehen von allen anderen Schwierigkeiten - so lange die Zypernfrage nicht gelöst ist und die Türkei mit starker Truppenpräsenz in Nordzypern vertreten ist, ist eine Vollmitgliedschaft so gut wie ausgeschlossen. Auch stellt sich die Frage, ob die EU eine Erweiterung um die Türkei strategisch verkraften kann.

Während die Mehrheit von SPD und Grünen – durchaus mit klarem Blick auf das türkischstämmige Wählerpotenzial in Deutschland - für eine Aufnahme der Türkei in die EU plädiert, wird die Frage, wie man mit der Türkei im Falle eines Scheiterns von

Beitrittsverhandlungen umgehen soll, völlig vernachlässigt.

Dieses Papier soll diese Lücke schließen und stellt eine Privilegierte Partnerschaft als Alternative zu einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU vor. Dabei geht es darum, der Türkei eine echte Alternative zu bieten, die eine tatsächliche Vertiefung der Partnerschaft mit der EU bedeutet.

1. Ziele einer Privilegierten Partnerschaft

Die Privilegierte Partnerschaft zielt auf eine möglichst enge Bindung zwischen der EU und der Türkei.

Zunächst dient sie der Wahrung und Weiterentwicklung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei. Die Errungenschaften der letzten Jahre würden so vor einem möglichen Rückfall in instabile Verhältnisse, oder, noch schlimmer, in autoritäre und möglicherweise islamistische Regierungsformen geschätzt.

Dies wiederum trüge der wichtigen geostrategischen Position der Türkei Rechnung: Die EU hätte damit in der für Europas Sicherheit entscheidenden Region Nahost einen festen Partner; sie könnte auf alle Stabilisierungsbemühungen, sowohl im palästinensisch-israelischen Konflikt als auch in der Nachkriegssituation im Irak, wichtigen Einfluss ausüben. Gleichzeitig ist auch die Nähe zur energiereichen Schlüsselregion Zentralasien von großer Bedeutung.

Durch die Privilegierung einer moslemischen Gesellschaft als Partner der EU würde dem Mythos von der Unvereinbarkeit westlich-demokratischer Regierungsformen und islamischer Religion und Kultur entgegen gewirkt. Dies wäre ein wichtiger Erfolg in der Vermeidung eines Zusammenstoßes von Westen und Islam als drohendem Grundkonflikt des 21.Jahrhunderts.Die erweiterte und vertiefte wirtschaftliche Kooperation brächte auch der EU wichtige dynamische Wachstumsimpulse.

2. Elemente einer Privilegierten Partnerschaft

2.1 Erweiterung der Zollunion zur umfassenden Freihandelszone (Comprehensive Free Trade Area, CFTA)Im Rahmen des Assoziierungsabkommens von 1963 trat Ende 1995 eine Zollunion in Kraft, die im Prinzip alle Zölle und Tarife sowie Handelsbeschränkungen zwischen der Türkei und der EU abschafft und gemeinsame Außenzölle einführt. Sie betrifft allerdings nur Industriegüter und verarbeitete landwirtschafliche Produkte, nicht aber Dienstleistungen und unverarbeitete Agrarprodukte. Diese Gütergruppen könnten in der CFTA ebenfalls Gegenstand der Zollunion werden. Es entstände dann eine alle Gütergruppen umfassende Freihandelszone. Außerdem könnten z.B. im Textilbereich Handelshemmnisse beseitigt werden, die bisher die EU-Industrie vor der hier sehr konkurrenzfähigen türkischen Industrie weitgehend abschirmten.

Bisher hat die Zollunion Handelsüberschüsse für die EU gebracht, die von der Türkei durch Exportüberschüsse in andere Länder und durch Einnahmen im Tourismusbereich ausgeglichen werden konnten. Bei einer Ausweitung auf unverarbeitete Agrargüter und durch verbesserte Chancen bei Textilien hätte die Türkei mittelfristig eine Perspektive auf einen besser ausgeglichenen Handel.Die CFTA solIte mittelfristig auch auf Kapitalgüter ausgedehnt werden. Eine wechselseitige Lockerung könnte einem verhandelten Zeitplan entsprechend realisiert werden.Möglich wäre weiterhin auch eine Aufhebung aller Beschränkungen im Zusammenhang mit ausländischen Investitionen in allen Sektoren der türkischen Wirtschaft vor und die Aufhebung von Beschränkungen, die den Erwerb von Grundstücken durch EU-Bürger oder juristische Personen in der Türkei betreffen.Weitaus schwieriger (für die EU) ist die Frage der Offnung der Arbeitsmärkte, an der die Türkei mittelfristig hohes Interesse hat. Hier kann nur eine langfristige und schrittweise Öffnung angestrebt werden.Der türkische Sektor nichtfinanzieller Dienstleistungen ist für ausländische Wirtschaftsbeteiligte bisher nur stark eingeschränkt zugänglich. Hier gehen die Vorschläge der EU-Kommission zur Prüfung von Rechtsvorschriften für Aufhebung von Hindernissen in Sachen Niederlassungsfreiheit und Liberalisierung von Dienstleistungen in die richtige Richtung.http://www.cducsu.de/section-2/subsection-3/id-845/Meldungen.aspx

06.02.2005