Landshuter,Straubinger, 28.Oktober 2004

Uraltes Skelett sorgt für Wirbel

Bewohner der Jungsteinzeit wurde vor rund 4500 Jahren bestattet

Es war einmal... der Mensch. "An diese an Informationen reiche Kinderserie fühlte man sich gestern unweigerlich auf einer Ausgrabungsstätte in Altdorf bei Landshut erinnert. Bei Erdarbeiten wurde ein Grab entdeckt, in dem seit Jahrtausenden das gut erhaltene Skelett eines Menschen aus der Jungsteinzeit enthalten ist. Offenbar hat der berühmte "Ötzi" nun einen Nachfolger, den rund 4 500 Jahre alten "Alti" bekommen.

Für die Archäologen ist dies eine Sensation, denn in der gesamten ostbayerischen Region sind bislang nur eine Handvoll derartiger Gräber bekannt. "Wir haben zwar damit gerechnet, dass wir bei unseren Ausgrabungen an diesem Ort auf interessante Dinge stoßen, aber das übertrifft natürlich unsere kühnsten Erwartungen", ist Altdorfs Bürgermeister Josef Sehofer über den Fund begeistert. Dabei schwang auch eine Spur Erleichterung mit, denn die Gemeinde hatte den Acker erworben und die Kosten der Untersuchung in voller Höhe getragen. Umso schöner nun für Sehofer, dass sich die Ausgrabung so schnell bezahlt gemacht hat.

Denn erst vor 14 Tagen wurde von der Landshuter Archäologischen Arbeitsgruppe Arlan sowie dem Bayerischen Landsamt für Denkmalpflege mit den Ausgrabungen begonnen. Und sehr schnell stieß man auf die Fundstelle. "Hier war trotz der vorhandenen Humusschicht ein Hügel deutlich erkennbar. Dies deutete schon auf etwas Außergewöhnliches hin", berichtet Grabungsleiterin Monika Weigl. Das nun frei gelegte Grab sei aber natürlich ein ganz besonderer Glücksfall. Allzu tief graben musste die Gruppe Arlan dazu nicht. Nachdem eine 40 Zentimeter dicke Humusschicht abgetragen wurde, lag das Skelett etwa einen guten halben Meter unter der Oberfläche.

Über den Verstorbenen lässt sich bislang nur sehr wenig sagen. "Wir können derzeit weder über sein Alter noch über seine Größe etwas sagen. Auch nicht, ob er an einer besonderen Krankheit oder Verletzung gestorben ist", erklärt Markus Tremmel, Pressereferent der Gesellschaft für Archäologie in Bayern. Näheres würden erst eingehende wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, die in den nächsten Wochen in der Anthropologischen Abteilung in München durchgeführt würden.

Die Zeit, wann "Alti" ungefähr gelebt hat, lässt sich dagegen schon jetzt relativ genau bestimmen. Dass der Verstorbene in Hockerstellung mit Blick nach Süden hin begraben wurde, deutet auf einen männlichen Bewohner der Jungsteinzeit (2800 bis 2300 vor Christus) hin. Ein weiteres Indiz ist ein ebenfalls im Grab gefundener abgebrochener Spandolch. Die Machart des Dolches legt nahe, dass der Tote aus dem Rhein-Main-Gebiet stammt. "Dieses einfache Steinmesser ist typisch für die sehr frühe schnurkeramische Kultur der Jungsteinzeit", sagt Robert Pleyer, der als erfahrener Grabungstechniker die letzten Handgriffe bei der Freilegung vomimmt.

Im Gegensatz zu "Ötzi" war "Alti" nach Elmar Stöttners Ansicht kein Einzelgänger: "Er wurde offensichtlich sorgfältig bestattet. Ihm wurden ein Tninkbecher aus Ton sowie eine wahrscheinlich aus Vogelknochen hergestellte Kette auf den Weg ins Jenseits mitgegeben. Dies deutet darauf hin, dass er nicht alleine unterwegs war", meint der ausgewiesene Fachmann im Bereich Archäologie. Deshalb könne man auch nicht ausschließen, dass in der näheren Umgebung der Fundstelle weitere prähistorische Dinge ans Tageslicht befördert werden können. "Wir werden auf jeden Fall in den kommenden Wochen weitere Untersuchungen anstellen", verspricht Monika Weigl.

Doch zunächst wartet man natürlich gespannt darauf, welche Überraschungen "Alti" bei der wissenschaftlichen Untersuchung in München noch "ausplaudert". Vielleicht sind dann noch einige weitere Rückschlüsse auf das Leben in Niederbayern vor rund 4500 Jahren möglich. Und möglicherweise wird irgendwann in einer Neufassung von "Es war einmal... der Mensch" die Marktgemeinde Altdorf in einer Folge auftauchen - als Fundstätte eines breiten Sammelsuriums aus längst vergangener Zeit. Bernhard Beez

zurück