Straubinger, 27.Jan2005

Karlsruhe macht den Weg für Studiengebühren frei
Goppel: Obergrenze in Bayern sollten 500 Euro pro Semester sein - Stoiber fordert
Berlin zum Einlenken bei der Föderalismus-Reform auf - Studenten wollen protestieren

Karlsruhe. (dpa/AP) Das Verfassungsgericht hat den Weg für die Einführung von Studiengebühren freigemacht. Das bundesweite Verbot durch die rot-grüne Regierungskoalition verletzt nach Auffassung des Gerichts das Gestaltungsrecht der Länder und ist damit nichtig. Damit werden auch in Bayern Studiengebühren eingeführt. Obergrenze sollten 500 Euro pro Semester sein, sagte Wissenschaftsminister Thomas Goppel am Mittwoch in Karlsruhe. Ministerpräsident Edmund Stoiber wertete das Urteil als "vollen Erfolg für die Länder und schwere Niederlage für die Bundesregierung", die er nun zum Einlenken bei der Föderalismus-Reform aufforderte.

Auch die bayerischen Universitäten begrüßten das Urteil. SPD, Grüne, Gewerkschaften und Studenten wollen dagegen heftigen Widerstand leisten.

"Wir wollen nichts überstülpen", sagte Goppel. Die Staatsregierung werde mit allen Beteiligten reden, Hochschulleitungen, Professoren und Studenten. "Die Mittel dienen zur Verbesserung der Lehre", sicherte er zu. Bis zur Sommerpause will Goppel ein "Vorschaltgesetz" zum Hochschulgesetz durch den Landtag bringen, um die rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Falls die Einführung der Studiengebühren zum Wintersemester nicht zu schaffen ist, soll das Sommersemester 2006 der nächste Termin sein. Noch in der Diskussion ist nach Angaben Goppels, ob zehn Prozent der Einnahmen nicht direkt an die Hochschulen gehen, sondern in neue Studiengänge fließen.

Stoiber betonte, die Bundesregierung müsse die grundsätzliche Zuständigkeit der Länder für die Bildung endlich anerkennen: "Das ist ein klarer Fingerzeig für die Föderalismusdebatte." Die Entscheidung für ein Studium werde weiter "nicht vom Geldbeutel, sondern von "Begabung und Leistung abhängen".

Der Münchner TU-Präsident Wolfgang Herrmann als Sprecher der bayerischen Universitäten sagte, eine "ideologisch gesetzte Fessel" sei gelöst. Herrmann warnte aber davor, Studiengebühren zum Stopfen von Haushaltslöchern zu verwenden. Die Studenten sollten Mitsprache bei der Verwendung der Einnahmen haben.

Die Landtags-SPD warnte vor Bildungsungerechtigkeit. Zudem sei es eine völlige Illusion, dass das Geld bei den Hochschulen verbleibe, sagte Landtagsfraktionschef Franz Maget. "Das Ziel ist, Haushaltslöcher zu stopfen, und dafür wird ein Großteil der Gelder verwendet." Die jetzt geplanten 500 Euro seien nur "Einstiegspreis", es drohten noch höhere Beträge.

Auch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) warnte die Unionsländer vor einer Gebühreneinführung "im Schnellverfahren".

Zuvor müssten wenigstens "Mindeststandards für die soziale Ausgestaltung" sichergestellt werden.

Das Karlsruher Urteil verweist auf die - von den Verfassungshütern bereits mehrmals sehr länderfreundlich interpretierte - Grundgesetzänderung von 1994, mit der die Zuständigkeiten der Länder grundsätzlich gestärkt worden waren. Im Hochschulwesen dürfe der Bundesgesetzgeber nur die allgemeinen Grundsätze regeln und sei deshalb zu einer außerordentlichen Zurückhaltung verpflichtet. Mit dieser Begründung hatte das Gericht erst vor einem halben Jahr auch die Bundesregelung zur Einführung der Juniorprofessur gekippt.

Eine bundesweit einheitliche Studiengebührenregelung ist nach Auffassung des Gerichts weder zur "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse" noch zur "Wahrung der Wirtschaftseinheit" erforderlich.

Das Gericht mahnte aber zugleich die Bundesländer zur Einführung sozialverträglicher Gebührenmodelle. Der Senat habe die Erwartung, dass die Länder bei der Einführung von Gebühren eigenverantwortlich ihrer sozialstaatlichen Aufgabe zur Wahrung gleicher Bildungschancen nachkämen und "den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung tragen werden", sagte Vizepräsident Winfried Hassemer. Die Länder seien verpflichtet, das Studium jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Befähigungen zugänglich zu machen.

Hunderte Studierende in ganz Deutschland protestierten spontan nach dem Urteil, weitere Demonstrationen wurden angekündigt. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) forderte Bulmahn zum Rücktritt auf.

 

Kommentar

NOTWENDIGER SCHRITT

VON LUTZ ROSSMANN

In seiner Entscheidung über die Normenkontrollklage von sechs unionsregierten Ländern hat das Bundesverfassungsgericht dem Bund die Kompetenz abgesprochen, mit einem Verbot der Erhebung von Studiengebühren in die Kulturhoheit der Länder einzugreifen. Das heißt, eine solche Abgabe kann jedes Land in eigener Zuständigkeit gesetzlich regeln. Ob und wie solche Gebühren erhoben werden, stand nicht zur Debatte. Das ist nun Sache der einzelnen Länder. So einhellig die Genugtuung in den unionsregierten Ländern ist, in der Auseinandersetzung um die Reform des deutschen Föderalismus nun das höchste Gericht als Kronzeugen benennen zu können, so differenziert können und werden Studiengebühren in den einzelnen Ländern beurteilt werden.

Für die Bayerische Staatsregierung und die CSU besteht Anlass zur Genugtuung und zum Handeln. Sie wollen Studiengebühren einführen. Einst war ein Wissenschaftsminister Zehetmair dagegen. Doch die Verhältnisse haben sich geändert und wenn heute beklagt wird, die deutschen Hochschulen hätten den Anschluss an die Weltspitze verloren oder drohten ihn zu verlieren, muss auch über Studiengebühren geredet werden. Selbst wenn man den Spruch "was nichts kostet, ist nichts wert", für billig hält.

Die Opposition im Landtag bzw. Rot-Grün sieht das so. Studiengebühren seien nicht sozialverträglich. Ohnehin liege der Anteil von Studenten aus Familien mit niedrigem Einkommen bei nur mehr 13 Prozent und werde weiter fallen. Aber als Alternative für den Ausbau der Hochschulen im globalen Wettbewerb haben SPD und Grüne wenig mehr zu bieten als neue Schulden. Einig sind sich CSU und Opposition nur darin, den Hochschulen mehr Eigenverantwortung für die vom Staat zur Verfügung gestellten Gelder aus welcher Quelle auch immer zu gewähren. Das ist gut so.

Bayerns amtierender Wissenschaftsminister Goppel hat versichert, auch im Interview mit dieser Zeitung, die Studiengebühren - im Gespräch sind 500 Euro pro Semester - würden voll den Universitäten zugute kommen und nicht dem Finanzminister zwecks Stopfen von Etatlöchern; und es werde soziale Absicherungen geben. Wenn das so ist und bleibt, sind Studiengebühren ein zwar unbequemer aber notwendiger Schritt in die Zukunft.

Berlin. (dpa) Rot-Grün und die CDU/CSU-Fraktion haben sich auf eine gemeinsamen Reform der Berufsausbildung geeinigt, die heute im Bundestag verabschiedet werden soll. Nach dem Gesetzentwurf, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde, sollen Jugendliche auch dann einen Gesellenbrief erwerben können, wenn sie einen Beruf nicht im Betrieb, sondern an der Berufsschule erlernt haben. Zudem wird die dreijährige Lehrzeit verstärkt stufenweise organisiert. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass kleinere Firmen im Verbund mit anderen Betrieben eine Lehrstelle bereitstellen können.

Deutsche laut Umfage für genetischen Fingerabdruck ??? --- Siehe dazu unten ( bei DNA-Analyse: Schily gegen Bayern-SPD) den Kommentar von R.Kiehl

Frankfurt/Main. (AP) Die Deutschen sind laut einer Umfrage mehrheitlich für einen genetischen Fingerabdruck auch bei leichteren Straftaten. 61 Prozent der Bundesbürger befürworten eine entsprechende DNA-Analyse, wie eine Erhebung des Instituts Forsa ergab. Dagegen sind 36 Prozent der Ansicht, dass der genetische Fingerabdruck wie bisher nur bei schweren Straftaten und einer richterlichen Anordnung genommen werden darf.

Eine Arbeitsgruppe der Justizminister der Länder hat sich unterdessen für die Aufnahme der DNA-Analyse als Standardmaßnahme der erkennungsdienstlichen Behandlung ausgesprochen.

Union für Senkung der Arbeitslosenversicherung

Berlin.(dpa) Union und Gewerkschaften sehen übereinstimmend Spielraum, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken. Dies wurde auf einer Diskussionsveranstaltung des DGB zur Zukunft der sozialen Sicherung am Mittwoch in Berlin deutlich.

DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer hält es nicht für gerechtfertigt, weiterhin 6,5 Prozent vom Bruttolohn für die Arbeitslosenversicherung zu verlangen, obwohl die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes deutlich verkürzt wurde. CDU-Chefin Angela Merkel sagte, es gebe finanzielle Spielräume, wenn die Qualifizierungsprogramme für Arbeitslose nicht länger von den Beitragszahlern finanziert würden.

Dazu als Kommentar von R.Kiehl der Widerspruch zur AL II-Leistung:

Erweiterung meinesWiderspruch vom 5.Jan 2005 gegen den Al II-Bescheid vom 21.12.2004, Herrn ....

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen den Bescheid vom 21.12.2004 lege ich hiermit Widerspruch ein.

Zunächst einmal widerspreche ich der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes für erwerbsfähige Hilfsbedürftige von 345 Eur: Der angemessene Eigenbedarf von Unterhaltspflichtigen betrug in 2004 laut Sozialamt mindestens 1250 Eur/mtl.

Als nächstes widerspreche ich den Zumutbarkeitsregeln: Mit diesen Regeln wird es (hoch-) qualifizierten Arbeitssuchenden unmöglich gemacht, jemals wieder eine angemessene Stelle zu finden.

Der Mehrbedarf für eine Erkrankung ist zu tief angesetzt (siehe Ärztliches Gutachten: Herr Dr.med..... hat übrigens noch nicht seine Rechnung beglichen bekommen).

Die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung sind mit den Zahlen, die ich dem Arbeitsamt nachgewiesen habe, zu tief angesetzt und vor allem nicht erklärt: was betrifft die Zinsen, die Tilgung, was die Heizung, etc.

Desweiteren möchte ich bemerken, daß beim Sozialgericht immer noch Verfahren aus der Gewährung von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Überbrückungsgeld anstehen, welche noch zu entscheiden sind.

Zusatz zu meinem Widerspruch vom 5.Jan 2005:

In meinen Angaben sind zwei Studierende angegeben, für welche ich Unterhalt zu leisten habe.

Weiterhin widerspreche ich gegen das offensichtliche Fehlen jeglicher Arbeitslosen- und Unfallversicherung für erwerbslose Arbeitsuchende.

Ebenso widerspreche ich gegen den zwangsweisen Verkauf und die Räumung von angesparter Altersvorsorge, welche offensichtlich zur Zeit vom Arbeitsamt forciert wird: siehe angesetzten Versteigerungstermin meines Geschäftshauses, publiziert in den Zeitungen.

Desweiteren:

Widerspruch gegen den Einsatz von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen zur Deckung versicherungsfremder Leistungen allgemein.

Widerspruch gegen das Einsetzen von ersparten Leistungen für die Einrichtung von Kindergarten- oder Grippenplätzen, also gegen das Benutzen für versicherungsfremde Leistungen.

Widerspruch gegen das Ausbauen der Zentralstelle für Arbeitsvergabe in Nürnberg, das Ausbauen der Arbeitsagenturen, etc., das Ausbauen der bürokratischen Strukturen mit den ersparten Geldern, also wiederum für versicherungsfremde Leistungen.

Widerspruch gegen das Schröpfen der Armen zugunsten der immer reicher werdenden Wohlstandsschicht, der Wohlstandsbewahrer und –vermehrer.

Widerspruch gegen das zementieren unseres "kapitalistischen" Systemes zugunsten der Legalisierung bestehender mafiöser krimineller Strukturen.

Widerspruch gegen die Unterstützung von "Leuten", wie den republikflüchtigen M.Schumacher, die es sich leisten können, 10 Mill. US-Dollar nur so nebenbei zu spenden und damit noch Spendenquittungen bekommen, um diese Spende dann auch noch steuerwirksam absetzen zu können.

Widerspruch gegen das Einsetzen der ersparten Arbeitslosengelder und der Arbeitslosenhilfe für versicherungsfremde Leistungen, wie das Unterstützen von reichen Flut-geschädigten Urlaubern unter dem Vorwand der Hilfe für Flut-geschädigte Kinder durch unsere "pleite" jetzige Bundesregierung.

Weitere Argumente zu meinen Widersprüchen inklusive weiterer Widersprüche finden Sie unter meinem E-Journal www.rki-i.com, www.dr-kiehl.net .

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr.Reinhold Kiehl

cc. RA ..............

Neuer Schwung für die Föderalismusreform
Urteil des Verfassungsgerichts zu Studiengebühren stärkt Kompetenzen der Länder

Für Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn war das zweifellos ein schwarzer Tag: Das Bundesverfassungsgericht erklärte ihr mit der sechsten Novelle zum Hochschulrahmengesetz (HRG) erlassenes bundesweites Verbot von Studiengebühren am Mittwoch für grundgesetzwidrig. Für die am Streit über die Zuständigkeiten für die Bildung gescheiterte Reform der Aufgabenverteilung von Bund und Ländern jedoch könnte der Karlsruher Richterspruch neuen Auftrieb bedeuten.

Für Bulmahn war die Niederlage in Karlsruhe auch deshalb gravierend, weil die Hüter der Verfassung ihr schon zum zweiten Mal binnen sechs Monaten bescheinigten, dass ihre hochschulpolitischen Initiativen gegen das Grundgesetz verstoßen. Erst im Juli 2004 hatten sie die fünfte HRG-Novelle kassiert und damit der Junior-Professur den Boden entzogen, die bereits Nachwuchswissenschaftlern im Alter um 30 Jahre eigenständiges Forschen und Lehren ermöglichen sollte.

In beiden Fällen ging es den Verfassungsrichtern nicht um die eigentliche Sache, sondern darum, dass der Bund mit den Entscheidungen seine vom Grundgesetz vorgegebenen Zuständigkeiten überschritten hatte. Bildung, so will es die Verfassung, ist ganz überwiegend Ländersache.

Artikel 91 erklärt den Aus- und Neubau von Hochschulen zur Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern und eröffnet die Möglichkeit für Vereinbarungen über eine gemeinsame Bildungsplanung und die Förderung von Forschungsprojekten von überregionaler Bedeutung. Artikel 75 gibt dem Bund das Recht, Rahmenvorschriften für die Grundsätze des Hochschulwesens zu erlassen - nach Artikel 72 darf er dies aber nur, "wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht". Genau diese Bedingung sahen die Karlsruher Richter in den Fällen der Junior-Professur und der Studiengebühren nicht als erfüllt an.

Genau darum ging es zuletzt auch in der Föderalismuskommission: Die Länder wollten die wenigen Bildungskompetenzen des Bundes an sich ziehen, der Bund wollte, wie es schien, daran festhalten, seine Zuständigkeiten von Fall zu Fall wieder auszutesten. Dass das Bundesverfassungsgericht dem jetzt erneut einen Riegel verschob, könnte in der Bundesregierung aber ein Umdenken auslösen.

Die Chancen für einen neuen Anlauf scheinen nicht schlecht zu sein. Schon in der Endphase der Verhandlungen hatte der Bund die Streichung des Hochschulrahmengesetzes angeboten, wollte nur noch Hochschulzugang und -abschlüsse bundeseinheitlich regeln. In der Studiengebührenfrage sollte das Karlsruher Urteil abgewartet werden.

Bulmahn meinte zwar am Mittwoch, sie glaube nicht, dass sich das Urteil auf die Bemühungen um eine Föderalismusreform auswirke. Eben dies aber erwartet beispielsweise der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber: Das Urteil "sollte die Bundesregierung zum Nachdenken veranlassen, den Grundsatz der Trennung von Zuständigkeiten auch in der Bildung anzuerkennen. Ich erwarte, dass die Bundesregierung sich hier jetzt endlich bewegt", sagte der CSU-Chef. Auch Baden-Württembergs Regierungschef Erwin Teufel (CDU) äußerte die Hoffnung, "dass die Bundesregierung jetzt endlich begreift, dass sie ihre rein ideologisch motivierte Blockade gegen die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung aufgeben muss".

Gefördert werden könnte eine neue Verhandlungsbereitschaft auch dadurch, dass 1,9 Milliarden Euro zur Förderung von Elite-Universitäten auf Eis liegen, solange keine Lösung im Kompetenzstreit gefunden wurde. Viele deutsche Hochschulen warten seit langem ungeduldig darauf, sich um die Teilnahme an diesem von Bulmahn angebotenen Programm bewerben zu können.

Für die Bundesländer bedeutet das Urteil die Pflicht, Finanzierungssysteme zu finden, die verhindern, dass ein Studium vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Und das möglichst bundeseinheitlich über eine Vereinbarung in der Kultusministerkonferenz. Denn unabgestimmte Alleingänge von 16 Bundesländern wurden eben den Grundsatz der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse verletzen, der nach dem Urteil des Verfassungsgerichts dann doch den Bund zum Eingreifen ermächtigen würde. Detlef R u d e 1, AP

 

Bezahlen fürs Studium: Britische Erfahrungen

Von Jochen Wittmann, London

Im Sommer 1997, mitten in der Euphorie des Machtwechsel, fiel es Premierminister Tony Blair noch leicht, den umstrittenen Schritt durchzudrücken: Kurz nach Amstantritt führte die Labour-Regierung erstmals allgemeine Studiengebühren in Großbritannien ein. Seitdem muss jeder Student aus eigener Tasche 1125 Pfund pro Jahr aufbringen. Die meisten nehmen Kredite auf, um sich das Studieren leisten zu können, denn damals wurde der staatliche Zuschuss zum Lebensunterhalt gleich mitgestrichen.

Als man im letzten Jahr die Politik verschärfen wollte, kam es darüber fast zum Sturz des Premiers. Der Grund für eine erneute Hochschulreform war die Finanzierungskrise der Universitäten. Seit 1989 hatte sich die Zahl der Studierenden im Königreich mehr als verdoppelt, während die staatliche finanzielle Förderung um ein Drittel zurück ging. Die Regierung wollte den Universitäten daher gestatten, ab 2006 bis zu 3000 Pfund (ca. 4350 Euro) Studiengebühren pro Jahr zu erheben. Dabei soll es den Hochschulen überlassen bleiben, je nach eigenem Prestige und Studiengang die Gebühren zu staffeln. Labours Hinterbänkler sahen rot. Die Kritiker in der Fraktion nahmen vor allem Anstoß an der Einführung des Marktprinzips in den Bildungsbereich. In Zukunft, so ihr Argument, würden die Elite-Universitäten wie Oxford und Cambridge nur noch Kindern aus reichen Familien offen stehen, während sich der Rest mit mittelmäßigen Lehranstalten zufrieden geben müsse.

Angesichts des erbitterten Widerstands der Hinterbänkler sah sich der damalige Erziehungsminister Charles Clarke gezwungen, eine Reihe von Konzessionen zu machen. Die Studiengebühren müssen in Zukunft nicht mehr vorab, sondern erst nach Beendigung der Ausbildung und beim Erreichen eines Jahresgehalts von 15 000 Pfund zurückgezahlt werden. Zudem werden sie sozial verträglich gestaltet: Studierende aus bescheidenen Verhältnissen bekommen Stipendien bis zur vollen Höhe der Gebühren. Außerdem, versprach der Minister, werde es bis 2010 keine weitere Erhöhung geben. Die Konzessionen brachen dem Widerstand die Spitze ab. Mit dem hauchdünnen Vorsprung von fünf Stimmen konnte Blair vor einem Jahr die entscheidende Abstimmung über seine Hochschulreform gewinnen.

Doch es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich Studiengebühren schlecht vertragen mit den traditionellen Labour-Werten von Gleichheit und Überwindung der Klassengesellschaft. Die Einführung der Gebühren unterstützte das hierarchische System der Erziehung. Großbritannien ist ein Beispiel dafür, wie sich aus der Existenz von Elite-Universitäten auch die Herausbildung eines privaten Schulsektors ableitet. Das eine bedingt das andere, Die Spitzen-Hochschulen brauchen gute Studenten, um sich an der Spitze zu halten, die teuren Privatschulen liefern das Material, und die Eltern zahlen, weil man halt das Beste für den Nachwuchs will. Der Trend, dass es an den wirklich guten Unis immer weniger Studierende gibt, die aus den unteren sozialen Schichten stammen, hat sich seit 1997 unter Labour verstärkt.

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Kommentar von Reinhold Kiehl zu den DNA-Analysen (folgend):

Gegen eine Erweiterung der DNA-Analysen habe ich im Prinzip nicht das Geringste einzuwenden, als Institut für Molekulare Medizin würde es mir eine Menge an Einkommensmöglichkeiten bringen...Es müßte ja im Endeffekt die gesamte Bevölkerung gescannt werden... Aber ich bitte bei dem Ganzen zu bedenken, daß hier von einigen Kollegen zwei Paar Stiefel miteinander verglichen werden: Ein Fingerabdruck ist mit einem Zehenabdruck zu vergleichen – wäre dies auch mit dem genetischen Abdruck so einfach, wäre ich mit den Kollegen vollkommen einer Meinung - aber Blut ist nun mal kein Zehenabdruck --- und ein genetischer Abdruck auch nicht!

Es wäre genauso ein Dammbruch, vermehrt in die DNA-Analysen einzusteigen, wie bei den Forschungen bzgl. embryonaler Stammzellen oder der PID...und irgendwo muß eine Grenze gesetzt werden: Auch eine DNA und ihre Analyse hat etwas mit Menschenwürde zu tun...Nach meiner Meinung ist die jetzige Gesetzeslage vollkommen ausreichend: Der Fall Moshammer wurde ja aufgrund der jetzigen Gesetzeslage erst so schnell aufgeklärt – schneller geht es nun ja wirklich nicht mehr...

Vielleicht denken die Herren Kollegen auch einmal an den Fall O.J.Simpson in den USA: Was wäre, wenn jemand zu unrecht mittels DNA-Analyse verdächtigt würde und aufgrund derer verurteilt wird? Wie kann er sich schützen?? Eine DNA-Analyse lässt sich leichter mißbrauchen, als ein Fingerabdruck oder ein Gebiß-Abdruck!!...Was ist, wenn irgendwelche Beamte zuwenig Geld verdienen und von Versicherungen gesponsert werden, damit diese entsprechende Analysen bekommen? Sie denken, das wäre vollkommen abwegig gedacht??

Ich denke nicht, nach dem, was ich bisher erlebt und gesehen oder gelesen habe...Man denke nur an den Wettskandal durch einige von der Maffia bezahlte Schiedsrichter der höchsten Eliteliga.... oder an die Gründung von Firmen! Die Existenzgründungsinitiativen! Bis jetzt habe ich nicht den Hauch einer Unterstützung bekommen – nein, ich werde mundtot gemacht, meine Patente werden blockiert, man macht mich zum Al II- Empfänger... nun zur DNA und Schily:

DNA-Analyse: Schily gegen Bayern-SPD
Bundesinnenminister ist auf Linie der Staatsregierung – Polizei befürchtet Datenflut

Rein formal ist Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) Mitglied des SPD-Landesverbands Bayern, doch viel davon ist nicht zu merken. In der nach dem Mord an dem Münchner Modeschöpfer Rudolph Moshammer aufgekommenen Debatte um eine Ausweitung der DNA-Analyse bei der Verbrechensbekämpfung haben sich Schily und die Bayern-SPD wieder einmal entzweit. Er sei gegen eine rechtlichen Gleichsetzung von herkömmlichem und dem so genannten genetischem Fingerabdruck, sagte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Franz Maget am Mittwoch in München.

Genau das aber will Bundesinnenminister Schily. Die einfachste Lösung sei es, die DNA-Analyse zum Standard bei erkennungsdienstlichen Behandlungen zu machen, betonte Schily mit Unterstützung von Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Die Gleichsetzung von daktyloskopischen und genetischen Fingerabdruck würde den bislang existierenden Richtervorbehalt automatisch kippen, erklärte dagegen Landtagsfraktionschef Maget. Dagegen habe er Bedenken, denn der genetische Fingerabdruck enthalte ungleich mehr Aussagekraft und biete daher mehr Möglichkeiten zum Missbrauch.

Das wird allerdings vom bayerischen Innenministerium bestritten. Gewonnen und gespeichert werde zum Zwecke der Strafverfolgung keineswegs die Erbinformation, sondern lediglich ein DNA-Identifizierungsmuster, dass aus 16 Zahlenwerten bestehe, berichtete Ministerialrat Peter Dathe am Mittwoch im Innenausschuss des bayerischen Landtags. Erkennen könne man damit nur das Geschlecht des Probengebers. Bezeichnungen wie "Gen- oder Genom-Analyse" sowie "Gen-Test" seien irreführend.

Bereits vor zwei Jahren waren Bayern und Hessen mit einer Initiative gescheitert, die DNA-Analyse zum Fingerabdruck des 21. Jahrhunderts zu machen. Nicht nur der Fall Moshammer zeige den Segen der neuen Krimininaltechnik, heißt es im bayerischen Innenministerium. 14 Monate Ermittlungen und 1 000 DNA-Reihenuntersuchungen hätten im Falle des Sexualmords an einer 38-jährigen Frau in Poing vermieden werden können, wenn das dafür zuständige Landeskriminalamt (LKA) das DNA-Muster des Täters gespeichert gehabt hätte. Der war nämlich bereits als Jugendlicher wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Unterschlagung in Erscheinung getreten und erkennungsdienstlich behandelt worden.

Nach bayerischen Vorstellungen sollte die Polizei in solchen Fällen nicht nur den Fingerabdruck abnehmen, sondern auch ein DNA-Identifizierungsmuster herstellen und speichern dürfen, was nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich ist. So sollte die Polizei selbst entscheiden können, ob ein DNA-Muster hergestellt wird. Bisher muss dies der Richter anordnen.

Moshammers Mörder konnte offenbar nur so schnell gefasst werden, weil die bayerischen Sicherheitsbehörden den vom Gesetz eingeräumten Spielraum extensiv ausnutzt. So hatte der 25-jährigen Iraker Herisch A. anlässlich von früheren Ermittlungen wegen Vergewaltigung und Körperverletzung freiwillig eine DNA-Probe abgegeben, deren Muster gespeichert blieb. Das bayerische Polizeiaufgabengesetz verlange die unverzügliche Löschung nur, wenn der "Tatverdacht" entfallen sei, erläuterte ein Sprecher des Innenministeriums. Dies müsse nicht unbedingt gleichbedeutend mit der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens sein.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter bezweifelte, dass die Polizei eine sprunghaft ansteigende Zahl von DNA-Proben überhaupt verarbeiten könne, zumal im Zuge von Sparmaßnahmen "Mittel und Personal zusammengestrichen" worden seien.

Unterstützung erhielt der SPD-Parlamentarier von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Deren bayerischer Landesvorsitzender Hermann Benker forderte in einem Schreiben an den bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) eine" Verkürzung der Wartezeiten bei der Auswertung von DNA-Tests". Das für die DNA-Analyse zuständige LKA-Sachgebiet sei personell nicht in der Lage, die ihm schon nach derzeitiger Rechtslage zur Auswertung vorgelegten DNA-Proben auszuwerten. Die Ausweitung der DNA-Analyse sei unter diesen Umständen "ziemlich illusorisch". Ralf Müller

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