Straubinger, 17.Jan 2005

Offenbar Kompromiss bei Studiengebühren

Bericht: Hochschulen sollen darüber entscheiden - Bulmahn für Wettbewerb

um SpitzenforschungBerlin. (AP/dpa) Die Entscheidung über die Einführung allgemeiner Studiengebühren soll offenbar den einzelnen Hochschulen überlassen werden. Nach dem Bericht eines Münchner Nachrichtenmagazins wollen die Länder im Streit um allgemeine Gebühren diesen Kompromiss schließen, falls das Bundesverfassungsgericht das Gebührenverbot kippen sollte. Das Bundesbildungsministerium bestritt am Wochenende, dass es sich intern bereits auf diese Situation eingestellt habe und mit mehreren Ländern auf Arbeitsebene entsprechende Verhandlungen führe.

Sechs unionsregierte Länder haben in Karlsruhe gegen das 2002 in Kraft getretene Gebührenverbot im Hochschulrahmengesetz geklagt, weil sie darin eine Kompetenzüberschreitung des Bundes sehen. Die Verfassungsrichter wollen am 26. Januar ihre Entscheidung verkünden. Wenn das Gericht das Verbot für unzulässig erklärt, wäre der Weg für die Länder frei, künftig bereits vom ersten Semester an Studiengebühren zu erheben. Wie das Magazin berichtet, wollen aber selbst die klagenden Länder keine Alleingänge, so dass bereits über eine deutschlandweite einheitliche Regelung verhandelt werde.

Wie allgemein erwartet, geht auch Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) von einem Erfolg der Unionsländer bei ihrer Klage gegen das Studiengebühren-Verbot aus. Studiengebühren sollten aber nicht zu hoch sein. "Ich will möglichst wenig Leuten Sorgen um ihre Hochschulausbildung machen." Gedacht ist an 500 Euro pro Semester.

Grund für Goppels Optimismus ist, dass das Bundesverfassungsgericht bereits der Klage Bayerns und anderer Unions-Länder gegen die Junior-Professuren stattgegeben hat. Auch bei dieser Klage hatten sich die Länder auf ihre Bildungshoheit berufen. "Ich schließe nicht aus, dass das Bundesverfassungsgericht uns bestimmte Auflagen macht, damit die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse gewahrt bleibt." Die sei im Grundgesetz vorgeschrieben.

Wenn die unionsregierten Länder Studiengebühren einführen, werden nach Einschätzung Goppels "unter Garantie über kurz oder lang auch alle SPD-Länder" nachziehen. "Wir erschließen uns eine Finanzierungsquelle, die anderen Hochschulen seit Jahrzehnten zur Verfügung steht."

Unterdessen hält Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) weiterhin eine gemeinsame Bund-Länder-Initiative zum Aufbau von international anerkannter Hochschul-Spitzenforschung für unverzichtbar. "Wir brauchen auch in Deutschland Spitzenuniversitäten mit weltweiter Ausstrahlung wie Oxford, Stanford oder die ETH Zürich. " Die deutschen Hochschulen warteten auf den Wettbewerb um die Spitzenforschung und auf das zusätzliche Geld. Es sei "fatal, wenn die unionsgeführten Länder diese Chance jetzt verspielen", sagte Bulmahn.

Der baden-Württembergische Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) hatte zuvor erklärt: "Das Projekt ist tot." Die Unionsminister wollen heute in Berlin über ihr weiteres Vorgehen beraten. Frankenberg und sein bayerischer Kollege Goppel wollen jetzt auf die seit einem Jahr angekündigte Bund-Länder-Initiative verzichten und die eingeplanten 1,9 Milliarden Euro in die Deutsche Forschungsgemeinschaft umleiten.

 

6 VDI nachrichten - 21. Januar 2005 - Nr. 3

DFG-Präsident Winnacker
"Ein Unglück für die Forschung"

VDI nachrichten, Bonn, 21. 1. 05 -

Das Scheitern in der Föderalismusdebatte ist in den Augen von Ernst-LudwigWinnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), für die Forschung "ein Unglück", für die Länder als Verantwortliche der Hochschulen "ein echtes Eigentor". Seit Jahren hätten Bund und Länder immer einen gemeinsamen Weg zur Forschungsförderung gefunden, nun sei "auch diese Gemeinsamkeit zum Faustpfand beider Seiten geworden, und dies ausgerechnet im Jahr der Innovation 2004", so Winnacker in seiner Rede zum Neujahrsempfang der DFG.

Seit dem Frühsommer säßen alle in den Startlöchern, die sich dem Wettbewerb "Spitzenuniversitäten" verschrieben hätten. Nun lägen aber nicht nur die 150 Mio. Euro zur Förderung dieser Hochschulen auf Eis, sondern auch die geplante regelmäßige Budgetanhebung für die Wissenschaftsorganisationen, da die außeruniversitäre Forschungsförderung an die Idee der Spitzen-Unis gekoppelt sei.

Der DFG-Präsident gewinnt der Lage aber auch positive Seiten ab: Es sei ein gutes Zeichen, "dass man, wenn man schon scheitern musste, ausgerechnet über das Thema Bildung gescheitert ist. Es scheint beiden Seiten am Herzen zu liegen. Vielleicht deutet dies an, dass man sich zu Kompromissen zu öffnen bereit ist".      ws www.dfg.de

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