Straubinger, 8.April 2005

Die Schule soll mehr Spaß machen
Bildungsforum: Thomas Gottschalk lobt Schulsystem in den USA - Clementfür frühere Einschulung und Ganztagsschulen - Hohlmeier: Experimente wichtig

München. (AP/dpa) Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und der Entertainer Thomas Gottschalk haben die meisten deutschen Schulen als zu langweilig kritisiert. Der Unterricht müsse mehr Neugier und Begeisterung wecken, forderten sie am Donnerstag gemeinsam mit Experten auf einem Bildungsforum des Burda-Verlags in München.

Deutschland sei "als Bildungsnation allenfalls noch auf einem Mittelplatz ", sagte Clement. Der Staat habe zu wenig Geld in Kindergärten, Schulen und Hochschulen und damit in die Zukunft investiert. Deshalb müsse er heute Milliarden zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ausgeben. Aber auch die Lehrer sollten stärker die Freude am Lernen wecken, "zu viel geschieht unter Druck und aus einer negativen Haltung".

Außerdem müssten die Kinder in Deutschland früher eingeschult werden. Nach wie vor sei das Durchschnittsalter der ABC-Schützen 6,7 Jahre. "Wir wissen, dass wir im internationalen Vergleich ausgesprochen schlecht dastehen", räumte Clement ein. Das deutsche Bildungssystem werde bisher "zu langsam und mit zu wenig Kraft" reformiert.

Auch müssten die Schüler früher Fremdsprachen lernen und schon nach zwölf Jahren Abitur machen. Die Ganztagsschule sei notwendig, weil viele Eltern berufstätig seien oder ihnen die Erziehung gleichgültig sei.

Gottschalk, der Lehramt studiert hat, lernte durch seine beiden Kinder das Schulsystem in den USA kennen. Dort sei die Schule offener und fröhlicher. Auch halbwegs gute Leistungen würden gelobt und Kinder viel mehr ermutigt. "Bei uns werden die Letzten getragen und die Ersten gebremst".

Der Chef des Deutschen Museums, Wolfgang Heckl, forderte, schon die Kleinsten für Naturwissenschaften zu begeistern. Dass der Physikunterricht in Deutschland erst in der achten Klasse beginne, sei ein Skandal.

Die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier sagte, mit dem neuen Fach Natur und Technik ab der fünften Klasse wollten bayerische Gymnasien das Entdecken, Ausprobieren und Experimentieren in den Vordergrund stellen.

 

Integration ist vor allem eine Herzenssache
MdB Hofbauer informierte sich über "Mutti lernt Deutsch" – Zuschüsse dringend nötig

Mitterdorf. (st) "Aus der Not" geboren wurde vor rund drei Jahren die Initiative des Fördervereins Grundschule Mitterdorf "Mutti lernt Deutsch", denn: Eine gelungene Integration ausländischer Kinder findet nur über die Mütter statt. Wenn zu Hause nur in der Muttersprache eredet wird, weil die Mutter kein oder nur ganz wenig Deutsch versteht oder sprechen kann, dann lehnen auch die Kinder von ausländischen Familien die neue Sprache ab. Nach einem halben Jahr Anlaufzeit wandte sich die Vorsitzende des Vereins, Barbara Attenberger-Haimerl, an den Landkreis Cham und erreichte über die Aktion "Lernende Region" eine zweijährige finanzielle Unterstützung. Da jedoch dieser ganz spezielle Deutschunterricht weiter geführt werden soll, benötigt der Förderverein weiterhin Unterstützung. Aus diesem Grund bat man den Bundestagsabgeordneten Klaus Hof bauer um einen Info-Besuch am Donnerstag.

Mit am Tisch der Grundschule Mitterdorf saßen auch Bürgermeister Franz Reichold, Rektor Peter Kiener und Schwester Ursula vom Kloster der Missionsdominikanerinnen in Strahlfeld. "Zwar ist Integrationsarbeit eine Ländersache, eine Erfolg versprechende Arbeit geht aber über die Kulturangelegenheiten der Länder hinaus", so Barbara Attenberger-Haimerl. Hier müsse dringend ein finanzieller Rahmen geschaffen werden. Das Projekt "Mutti lernt Deutsch" habe über die Jahre gezeigt, dass der Bedarf enorm sei. Rund 15 Nationen haben bereits Kurse besucht, während Mutti lernt, werden die Kinder im Nebenraum betreut. Doch nicht allein die Sprache wird hier gelehrt, die ehrenamtlichen Helferinnen sind stets bereit auch bei Problemen Hilfestellung zu leisten. Sowohl die Lehrtätigkeit und - die Kinderbetreuung als auch alles Organisatorische liegt in den Händen von Ehrenamtlichen, dennoch fallen erhebliche Kosten an. Den Beitrag von 100 Euro für einen Halbjahreskurs muss jede Teilnehmerin selber tragen, dies fällt einigen sehr schwer. Nicht zuletzt dadurch, dass die Ehemänner oftmals nicht das geringste

Verständnis für die Sprachbemühungen ihrer Frauen aufbringen oder dies sogar zu unterbinden versuchen.

"Wir wollen versuchen Parallelgesellschaften mit diesem Projekt aufzubrechen", wandte sich Rektor Peter Kiener an Hofbauer. Bürgermeister Franz Reichold, dem die Integration ausländischer Bürger ebenfalls am Herzen liegt, machte seinen Stolz auf die Vorzeigeeinrichtung deutlich und lobte das unermüdliche ehrenamtliche Engagement als ein Beispiel gebendes Projekt: "Die Integration ausländischer Mitbürger ist lange Jahre vernachlässigt worden und kann nur erreicht werden über die Landessprache. Hier sind noch erhebliche Defizite bis in die dritte Generation erkennbar".

MdB Klaus Hofbauer bedauerte, dass die Diskussion über Integrationspolitik auf Bundesebene bislang nur auf theoretischer Basis geführt wurde, daher sei es außerordentlich wertvoll, mit konkreten Beispielen aufwerten und sich für ein Umdenken einsetzen zu können. Bei einer guten Integrationsarbeit müsse vor allem das Herz dahinter stehen.

"Es geht nicht um große Förderbeträge, ein Pauschalbeitrag, der bedarfsgerecht verwendet werden kann, wäre sehr hilfreich", beteuerte Attenberger-Haimerl.

Die beiden Missionsdominikanerinnen vom Kloster Strahlfeld, Schwester Ursula, die mit Schwester Candida den Unterricht der Anfänger- und Fortgeschrittenengruppe leitet, zeigte Beispiele ihres Unterrichtes auf, der in erster Linie lebenspraktisch und handlungsorientiert ist. "Wir müssen oft mit Händen und Füßen arbeiten", erzählte die Ordensschwester. Doch sei ein solcher Unterricht im Grunde effektiver als ein vom Gesetzgeber vorgeschriebener Pflichtunterricht, der die Teilnehmer überfordert. Ein wichtiger Aspekt besteht darin,' die Frauen auch auf gesellschaftlicher Basis zu motivieren und sie aus ihrer Isolation herauszulösen.

Bei einem Besuch im "Klassenzimmer" hatte der Abgeordnete Gelegenheit mit den lernenden Muttis ins Gespräch zu kommen um entsprechende Eindrücke mit nach Berlin nehmen zu können.

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