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Landshuter,Straubinger, 8.Juli 2004

Zahlen, die skeptisch stimmen

Professor Sinn über "Migration, Osterweiterung und die demographische Krise"

Regensburg. Wenn die Zahlen stimmen, die der Chef des renommierten IFO-Instituts in München, Professor Dr. Hans-Werner Sinn, am Dienstag vortrug, werden die 40-Jährigen von heute dereinst zum Ruhestand entweder die Hälfte der erwarteten (staatlichen) Rente bekommen oder: der Rentenanteil vom Lohn, derzeit rund 20 Prozent, wird auf 40 Prozent verdoppelt - für die, die dann als aktive Arbeitnehmer in den Generationenvertrag einzahlen.

Der Bayerische Unternehmensverband Metall und Elektro hatte den Mann, auf dessen Konjunkturprognosen Deutschland hört, zusammen mit dem Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. nach Regensburg eingeladen.

Dass zwei Drittel aller Zuwanderer aus den osteuropäischen Staaten nach Deutschland ziehen werden, was ab 2011 auf dem Arbeitsmarkt für die einheimischen Arbeitnehmer spürbar werden wird, liegt laut Sinn nicht nur an dem immensen Lohngefälle, sondern auch an fahrlässig for- mulierten Normen in der zu ratifizierenden europäischen Verfassung: jeden Zuwanderer erwarten über die bei uns solidarisch angelegte Sozialhilfe rund 2 500 Euro pro Jahr, die als Lohnersatzleistungen sicher abgegriffen werden.

Der Straubinger Bundestagsabgeordnete Ernst Hinsken, der eigens nach Regensburg gereist war, um die skeptisch stimmenden Statistiken Sinns zu hinterfragen, mochte zunächst nicht glauben, dass der Weg zum Bezug für Sozialhilfe für Immigranten so leicht sei. Aber im Gegensatz zu anderen Ländern, die Immigranten nur die Sozialleistungen gewähren, für die im Land eingezahlt wurde, delegiert Deutschland diese Alimentationspflicht nicht an die Herkunftsländer der Immigranten zurück.

Sinn betonte, dass das Lohngefälle als Migrationsgrund zwar eine ab 2020 bitter notwendige Arbeitsmarktreserve darstellt, nicht aber eine Rentenreserve, wenn zum Beispiel im Jahre 2035 Deutschland das Land mit dem höchsten Altersdurchschnitt ist und die höchsten Rentenausgaben im europäischen Vergleich hat.

"Der Zeitpunkt, an dem der Generationenvertrag nicht mehr aufgeht, ist übrigens seit über 30 Jahren vorprogrammiert", kritisiert Professor Sinn die Politiker aller Parteien, die in Wahlzyklen dächten und handelten, nicht aber nach statistisch beweisbarer Akutverantwortung.

Da aber die Rentnergeneration von morgen ihre Bezüge nicht nach dem Beitragsprinzip erwarten darf, sondern nur nach dem Beitragspotenzial der dann arbeitsaktiven Generation, platze der Wechsel. Zu wenig Reproduktionsanreize habe die deutsche Steuerpolitik geschaffen, Kinderarmut oder Kinderverzicht sei die demographisch und rententechnisch fatale Folge.

Krass sei da der Blick besonders auf die deutschen Akademikerfrauen. 40 Prozent von diesen verzichten auf Nachwuchs. Hinskens entrüstetes Fazit vor den überwiegend oberpfälzischen Unternehmern: "Wo kommen wir da hin, wenn Kinderkriegen eine Angelegenheit für die Dummen wird?"

Des Wirtschaftswissenschaftlers Fazit war weniger emotional. Da die staatliche Vorsorgepolitik die Rentner von morgen unweigerlich enttäuschen werde und ein Drittel der Alten von morgen unter dem heutigen Sozialhilfeniveau ihr Leben beenden, müssten die Arbeitnehmer von heute jetzt schon eigenverantwortlich an morgen denken: durch Sparen, Sparen, Sparen. -web-