In der äußerst polarisierten Debatte um den Umgang mit grüner Gentechnik werden die Entwicklungsländer von der westlichen Welt kräftig unter Druck gesetzt.Welche Möglichkeiten den armen Ländern bleiben, diskutierten Wissenschaftler und Politiker jetzt auf einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Schwellenländer wie China, Brasilien und Südafrika konnten ihren Kurs bislang mehr oder weniger selbst bestimmen. Andere Staaten sind in einer weit schwächeren Position, vor allem die meisten Entwicklungsländer südlich der Sahara, in denen das dringendste Problem die Ernährungssicherung ist. Im Kreuzfeuer der wirtschaftlichen Supermächte versuchen viele Staaten deshalb, eine endgültige Entscheidung über die Rolle der Genmanipulation hinauszuzögern.

"Entwicklungsländer werden kaum in der Lage sein, die für sie jeweils günstigste Politik in punkto grüne Gentechnik zu bestimmen", glaubt Prof Richard Steward, Rechtswissenschaftler von der Universität New York. "In den ärmeren Ländern ist die Regierung häufig schwach, manchmal undemokratisch und anfällig für die Verlockungen der Reichen und Mächtigen."

Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO gehen davon aus, dass über 800 Mio. Menschen weltweit unterernährt sind. Tendenz steigend. Aber gerade dort, wo gute Erträge so dringend benötigt werden, verhageln Überschwemmungen, extreme Dürre oder Schädlingsplagen die Ernte. Zudem halten massive Subventionen in den USA und der EU - 2003 waren es rund 68,3 Mrd. Dollar - die Weltmarktpreise für Agrarprodukte so niedrig, dass die Entwicklungsländer landwirtschaftliche Erzeugnisse importieren mussten. Damit steigt die Abhängigkeit von der westlichen Welt noch.

Inwieweit aber könnten Entwicklungsländer selbst die Einfuhr von genmanipulierten Pflanzen aus anderen Ländern verbieten oder einschränken, um die damit verbundenen Risiken möglichst gering zu halten, ohne dabei gegen das internationale Handelsrecht zu verstoßen? Von den drei in dieser Hinsicht wichtigsten internationalen Institutionen -WTO, Codex Alimentarius und das Cartagena-Protokoll über Biosicherheit zum Übereinkommen über die Biologische Vielfalt - hat bislang keine eine Antwort geliefert.

"Wir brauchen ein internationales Forum für solche Fragen", fordert Prof. Rudolf Dolzer, Völkerrechtler von der Universität Bonn. Er hält die Weltbank für geeignet, da sie mit dem dort angesiedelten Zentrum für internationale Agrarforschung (CGIR) bereits über entsprechende Kapazitäten verfüge.

Das bringt wiederum Dr. Egziabher Tewolde von der Umweltbehörde Äthiopiens auf den Plan: "DieWeltbank ist doch ein Club der Reichen. Hat denn eine Stimme aus den armen Ländern überhaupt eine Chance, dort gehört zu werden?"

Tewolde warnt davor, die Errungenschaften der Gentechnik zu hoch zu bewerten. "Zunächst reduziert sich sicherlich die Menge benötigter Pestizide", sagt er. Bald aber hätten sich neue Resistenzen ausgebildet, die ihrerseits massiven Pestizideinsatz erforderten, wie auch das US-Landwirtschaftsministerium ermittelt hat. Auch ProL Shad Saleem Faruqi ist skeptisch: "Studien in Afrika haben ergeben, dass transgene Pflanzen wie Süßkartoffel, Mais oder Baumwolle keinen Einfluss auf Armut haben." Das Problem in der Dritten Welt liege oft in der Verfügbarkeit von Lebensmitteln: Meist gebe es genügend davon, sie würden aber nicht verteilt. -

In Brasilien sieht es etwas anders aus: Dort ist der Hunger nicht so groß, auch wenn Armut durchaus vorhanden ist. Dennoch mahnt Prof. Mauro Carneiro, Genexperte an der Universität Brazilia: "Wir brauchen in den armen Ländern Lebensmittel zur Schaffung von Arbeitsplätzen, für unsere Wirtschaft, um unabhängig zu werden." Mit Gentechnik ließe sich das aber nicht bewerkstelligen, meint er: "Wir können unsere Produkte nie auf den Markt bringen, weil die Kosten der Patentierung zu hoch sind."

"Die chinesische Regierung hält die Gentechnologie für geeignet, die Landwirtschaft anzukurbeln und die Ernährung zu sichern", erklärt Prof. Zhangliang Chen von der Universität Peking. China steht an dritter Stelle beim Anbau transgener Pflanzen. Dort sind es meist Familienunternehmen, die nur kleine Flächen bearbeiten.

Chen schildert die Vorteile der Genmanipulation- Der geringere Pestizideinsatz bei transgener Baumwolle haben die ZaW an Vergiftungen drastisch reduziert. "Kinder helfen bei der Feldarbeit. Sie laufen mit Eimern über die Felder und bringen die Pestizide mit der Hand aus", erläutert Chen die traurige Praxis. BETTINA RECKTER

 

Wie ein einziger Konzern die Welt regiert
Die Fakten im transgenen Geschäft

99 % der gesamten Anbaufläche für transgene Nutzpflanzen - 2003 waren es weltweit knapp 70 Mio. ha - teilen sich sechs Länder: USA, Argentinien, Kanada, Brasilien, China und Südafrika. Aber auch in Australien, Indien, Rumänien, Uruguay, Mexiko, Spanien, Deutschland, den Philippinen, Kolumbien, Honduras und Bulgarien werden genmanipulierte Feldfrüchte angebaut. Innerhalb der EU ist Spanien das einzige Land mit nennenswerten Kulturen.

Sojabohnen, Mais, Baumwolle und Raps gehören zu den Hauptanbauprodukten. Durch den Eingriff ins Erbgut sollen sie nun tolerant gegenüber Herbiziden oder vor Insektenfraß geschützt sein.

Aus Mangel an öffentlichen Geldern hat sich die landwirtschaftliche Forschung vom öffentlichen auf den privaten Sektor verlagert, der zurzeit von fünf großen internationalen Konzernen beherrscht wird: Monsanto, Dupont, Syngenta, Bayer und Dow; im Jahr 2001 wurden allein 91 % der Gesamtanbaufläche für genmanipulierte Pflanzen weltweit mit Produkten von Monsanto bewirtschaftet. ber

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