Straubinger, 22.12.2005
Weihnachtliche Harmonie im Bundesrat
Länder lassen Steuergesetze anstandslos passieren - Kanzlerin Merkel bedankt sich

So viel Harmonie war schon lange nicht mehr. Im Bundesrat strahlen die neue Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die selbstbewussten Ministerpräsidenten von CDU, CSU und SPD am Mittwoch um die Wette und reichen einander symbolisch die Hand zur Zusammenarbeit. Erst macht die Regierungschefin bei ihrem Antrittsbesuch 29 Tage nach der Wahl zur Kanzlerin eine tiefe Verbeugung vor den Ländern und der bundesstaatlichen Ordnung, dann revanchieren sich die sonst so widerborstigen und auf Selbständigkeit bedachten Länder mit ungewohntem Gefolgsam und lassen alle Gesetzesvorhaben der großen Koalition anstandslos passieren.

Ende gut, alles gut. Zum Abschluss eines turbulenten, manchmal geradezu chaotischen politischen Jahres ist in der letzten Sitzung der Länderkammer nichts mehr vom politischen Streit und den heftigen Auseinandersetzungen der Vergangenheit zu spüren. Bund und Länder, die sich in der Vergangenheit wegen den unterschiedlichen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat gegenseitig blockiert haben und alle wichtigen Gesetze erst nach langem Ringen im Vermittlungsausschuss beschlossen, sind entschlossen, bei den wichtigen Entscheidungen zur Reform des Landes an einem Strang zu ziehen. "Die Menschen haben immer weniger Verständnis für das, was sie als Parteienstreit empfinden", sagt Merkel in ihrer Antrittsrede. Diesen Streit könne man sich einfach nicht mehr leisten. "Wir sind dazu verpflichtet, gemeinsam Erfolge zu haben." Der Föderalismus sei dabei "keinesfalls ein Hemmschuh", wie es manche glauben machen wollten, sondern auch im 21. Jahrhundert ein Vorteil.

Ins gleiche Horn bläst auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen als Präsident des Bundesrates. Es werde nicht immer absolute Übereinstimmung zwischen Bund und Ländern geben, aber man setze "zuversichtlich auf das konstruktive miteinander". Die Länder seien sich ihrer Verantwortung für das "große Ganze" bewusst. Wie zum Beweis dieser These geben die Ministerpräsidenten daraufhin einmütig grünes Licht für alle ersten Gesetzesvorhaben der neuen Bundesregierung.

Im Einzelnen wurde beschlossen:

Eigenheimzulage:Die Eigenheimzulage wird ab dem 1. Januar 2006 für alle Neufälle komplett und ersatzlos abgeschafft. Wer noch in den Genuss der Förderung kommen will, muss bis Silvester einen Bauantrag stellen oder einen Kaufvertrag abschließen. Bereits genehmigte Bescheide sind nicht betroffen.

Abfindungen: Abfindungen und Übergangsgelder werden ab 1. Januar vollständig besteuert, der bisherige Freibetrag wird abgeschafft. Ausnahme: Wenn eine Klage anhängig ist oder die Abfindung bereits beschlossen wurde, aber erst 2006 ausbezahlt wird.

Steuerberatungskosten: Die privat bedingten Steuerberaterkosten können nicht mehr von der Steuer abgesetzt werden.

Steuersparmodelle: Rückwirkend ab dem 1 1. November wird die Verlustverrechnung für so genannte Steuerstundungsmodelle wie Windkraft-, Schiffs- oder Filmfonds eingeschränkt. Verluste der Fonds können nicht mehr mit anderen Einkünften gegen gerechnet werden, sondern nur noch mit Gewinnen aus demselben Fonds.

Immobilien:Vermietete Immobilien können ab dem 1. Januar nicht mehr degressiv, sondern linear mit zwei Prozent pro Jahr abgeschrieben werden. Altfälle sind davon allerdings nicht betroffen.

Ich-AGs: Wer sich als Arbeitsloser selbständig macht ("Ich-AG"), erhält nur noch bis 30. Juni eine staatliche Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit.

58-er Regelung: Die Regelung, dass Arbeitslose über 58 Jahre Arbeitslosengeld beziehen, ohne sich um Vermittlung zu kümmern und ohne in der Arbeitslosenstatistik geführt zu werden, wurde um zwei Jahre verlängert. Ebenfalls verlängert wurde die Regelung, dass Arbeitgeber für über 55-Jährige keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung mehr zahlen müssen.

Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose: Der Bund übernimmt 2005 und 2006 29,1 Prozent der Kosten der kommunalen Träger für Unterkunft und Heizung, um die Kommunen zu entlasten.

Maut: Länder und Kommunen können ab dem neuen Jahr Bundes und Landesstraßen, die von "mautflüchtigen" Lastwagen als kostenfreie Ausweichstrecken genutzt werden, mit einem neuen Verkehrszeichen für Lkw ab zwölf Tonnen sperren.

Bußgeldkatalog: Raser und Drängler werden ab Mai 2006 noch härter bestraft. Das Bußgeld steigt von 150 auf 250 Euro, und das Fahrverbot wird von einem auf drei Monate verlängert. Wer bei winterlichem Wetter wegen ungeeigneter Bereifung den Verkehr behindert, wird künftig mit 40 Euro zur Kasse gebeten. Eine generelle Winterreifenpflicht gibt es allerdings nicht.

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