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Landshuter,Straubinger, 17.Aug 2004

VOLKSFRONTFRAGEN VON PAUL SPREE

Es war vorauszusehen, dass die Demonstranten sich zu weiteren Umzügen ermuntert fühlen, nachdem Rot-Grün erstmals vor dem Druck der Straße zurückwich und ihr bereits beschlossenes Reformprojekt geändert hatte. Was einmal klappte, sollte auch ein zweites Mal gelingen. Aber sie dürften sich täuschen. Der Bundeskanzler, der bald in Sachen "Hartz IV" vor die Presse treten will, kann es sich nicht leisten, ein zweites Mal einzuknicken.

Kaum jemand weiß, dass Hunderttausende von dem neuen Arbeitslosengeld II profitieren. Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund brachte es auf den Punkt: Viele wüssten nicht, dass der Osten dabei gewinnt und von einem Absturz in die Armut nicht die Rede sein könne, wenn sich ein Ehepaar mit zwei Kindern von 1 631 auf 1 661 Euro monatlich verbessert.

Diese ohnehin verwirrte und hysterisierte Debatte wurde von Gerhard Schröder jedoch mit einem Begriff bereichert, den er besser unterlassen hätte: Die Kritiker der Sozialreform hätten sich, so meinte der Kanzler, zu einer "neuen Volksfront" zusammengerottet. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel nannte diese Wortwahl "völlig unpassend". Sie hat Recht. Denn "Volksfront" steht für undemokratische und menschenverachtende Bündnisse. Das war in den zwanziger und dreißiger Jahren so, als die Kommunisten unter diesem Dach kämpften; auch die Nationale Front der einstigen DDR oder die Volksfronten vieler Guerillas sind schwerlich mit unseren Demonstranten, die schlicht mehr Geld vom Steuerzahler wollen, zu vergleichen.

Es ist jetzt höchste Zeit für eine verbale Abrüstung. Sie wird freilich nur gelingen, wenn die Parteien, die das Arbeitslosengeld II verfasst haben, zu ihren Beschlüssen stehen - und die Menschen endlich umfassend über das notwendige Projekt informieren.

Wenn dennoch Zweifel an Hartz IV bestehen, dann deshalb, weil ganze Ursachenbündel ausgeblendet bleiben: das komplizierte Steuerrecht mit seinen Ungerechtigkeiten, die wuchernde Bürokratie, der Mangel an Wettbewerb im Gesundheitswesen, grüne Gängelung in der Energie-, Verkehrs und Chemiepolitik - in summa mangelnde Standortpflege.

 

Siehe dazu bitte die Kommentare, Artikel unter www.rki-i.com, R.Kiehl

 

 

 

19.August 2004

Zahnersatz beschäftigt nun auch Schröder
Bundeskanzler hofft auf Änderungen und Einlenken der CDU –

Merkel gesprächsbereit

Berlin. (dpa/AP) Bundeskanzler Gerhard Schröder setzt bei der von SPD und Grünen geforderten Nachbesserung der umstrittenen Zahnersatz-Pauschale auf das Einlenken der CDU.

Die Regierung werde die getroffenen Absprachen aber nicht "einseitig brechen", versprach Schröder am Mittwoch in Berlin. Zuvor hatte CDU-Chefin Angela Merkel Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Während Schröder für eine "sachgerechte Lösung" warb, verschärfte die SPD-Bundestagsfraktion die Tonlage: Sie stellte die von der CDU durchgesetzte Zahnpauschale grundsätzlich in Frage.

Schröder geht davon aus, dass Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) für Änderungs-Verhandlungen - wie von Merkel gewünscht – ein Konzept vorlegt. "Ich gehe davon aus, dass das geschieht." Er setze auf eine" sachgerechte Lösung". Die von der CDU vor einem Jahr in den Konsensgesprächen zur Gesundheitsreform durchgesetzte Regelung sei "teuer, weil hochbürokratisch". Dem Vernehmen nach wollen sich beide Seiten in der kommenden Woche zusammensetzen. Einen Termin gebe es aber noch nicht, hieß es.

Die SPD-Fraktion erhöhte den Druck auf die Union, die Zahnpauschale fallen zu lassen. Die "Geschäftsgrundlage" für den damaligen Kompromiss - ein Pauschalbetrag von 4,60 Euro - sei "entfallen", meinte SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch. Die SPD-Fraktion halte es deshalb für erforderlich, die einheitliche Prämie "als solche zur Disposition zu stellen". Die Krankenkassen gingen inzwischen von einem deutlich höheren Betrag aus - im Gespräch sind sieben bis acht Euro.

Schaich-Walch plädiert wie Gesundheitsministerin Schmidt für eine prozentuale, einkommensabhängige Lösung. Diese würde Bezieher von Niedrigeinkommen entlasten, deshalb sehen SPD und Grüne in ihr die sozial gerechtere Lösung. Sie wollen auch verhindern, dass ein Direktabzug des Pauschalbeitrags von der Rente oder vom Arbeitslosengeld (ALG) bei den Betroffenen im nächsten Jahr als Renten- oder ALG-Kürzung ankommt.

Der Unions-Sozialexperte Andreas Storm (CDU) wies die Darstellung Schaich-Walchs zurück. Dies sei "unerträgliche Zahlenakrobatik", sagte er. Die 4,60 Euro seien "nie Geschäftsgrundlage" gewesen. Die gesetzlichen Kassen hätten den Betrag als Dumping-Preis gegen die Offerte der Privatkassen gestellt. Er habe aber die Mitversicherung von Familienangehörigen nicht abgedeckt. der Union gehört der CSU-Sozialerte und Vize-Fraktionschef Horst Seehofer zu den prominentesn Kritikern der Pauschal-Regelung. Die Gesundheitsexperten Bert und Karl Lauterbach beurteilen den Streit um die Zahnersatz-Zutzpolice unterschiedlich. Lauterbach sprach sich im RBB-Inforadio für eine einkommensabhängige prontuale Lösung aus. Rürup wies Hinweise auf den bürokratischen Aufwand einer Pauschale im ZDF als „vorgeschobenes Argument" zurück.

 

 

 

 

19.Aug 2004

Das neue Stammzelltherapie-Zentrum macht vielen Krebspatienten Hoffnung

 

Schwerpunkt wird auf Behandlung von Kindern mit Hirntumoren liegenW ü r z b u r g. (dpa) Für- viele Krebspatienten - todkranke Kinder, Jugendliche und.Erwachsene - soll es zu einer neuen Chance werden: Das Stammzelltherapie-Zentrum an der Universitätsklinik Würzburg. Unter einem Dach wollen Kinderklinik und Medizinische Poliklinik dort mit Beginn des kommenden Jahres Transplantationen von Stammzellen aus dem Blut der Patienten oder aus dem von Fremdspendern vornehmen. Die Patienten haben schon eine aggressive Chemotherapie hinter sich. "Wir werden Menschen mit bösartigen Erkrankungen im fortgeschrittenem Stadium behandeln, wo ohne Therapie praktisch keine Aussicht auf Heilung besteht", erklärt Professor Paul-Gerhardt Schlegel, einer der beiden künftigen Leiter des Zentrums.Ein Schwerpunkt liege auf der Behandlung von Kindern mit Hirntumoren, erklärt der Mediziner. Dieser Fokus sei in Deutschland einzigartig und unterscheide das Würzburger Zentrum von ähnlichen Einrichtungen etwa in Erlangen, München oder Tübingen. Bei der Versorgung der Erwachsenen liege das Hauptaugenmerk auf der Transplantation von Patienten mit akuter Leukämie, erklärt Privatdozent Florian Weissinger von der Polikinik, der im neuen Zentrum den Bereich der Erwachsenenbetreuung leiten wird. Zum Einsatz kommen ausschließlich so genannte adulte, also reife Stammzellen des Blutes. "Auch im Forschungsbereich wollen wir aus ethischen Gründen nicht mit embryonalen Stammzellen arbeiten", stellt Schlegel klar.

Der Weg zur Verwirklichung des Stammzellzentrums war streckenweise sehr mühsam. Die Finanzierung des 7,3 Millionen Euro teuren Baus ist letztlich einer wohl beispiellosen Spendenaktion zu verdanken. Der Würzburger Sozialpädagogin und Geschäftsinhaberin Gabriele Nelkenstock gelang es, mit zahlreichen Aktionen vom Benefizkonzert über Kinderfeste und eine Telefonaktion mit Ex-Profifußballer Thomas Häßler eine halbe Million Euro zu sammeln. Diese Anschubfinanzierung sei die Basis für die Finanzierungszusage des Landtages im Oktober 2002 gewesen, heißt es."Es nützt nichts, sich nur über Kürzungen aufzuregen, wir müssen auch etwas tun", sagt Nelkenstock, die für ihr Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Mit dem Geld wurden beispielsweise medizinische Geräte angeschafft. Außerdem soll über einige Monate hinweg ein psychosozialer Dienst finanziert werden. "Ich hoffe, dass ich den Kostenträgern damit den Bedarf klar machen kann", sagt die 45-Jährige. "Ich möchte nicht, dass sich Staat und Krankenkassen zurückziehen. "

Eigentlich sollte das Stammzellzentrum schon zu Beginn dieses Jahres seinen Betrieb aufnehmen. Doch der Streit zweier Baufirmen um den Auftrag verzögerte den Bau. Nun sollen spätestens Ende 2004 Ärzte und Patienten in das dreigeschossige Gebäude einziehen. Neben Pflegezimmern, Nachsorgebereichen und Labors sollen auch zwei Isolierstationen mit fein gefilterter Luft bereit stehen.

34 Transplantationen bei Kindern und etwa 25 bei Erwachsenen werden angestrebt. "Für eine solche Transplantation werden zunächst Zellen, die für die Blutbildung zuständig sind, aus dem Blut der Patienten (autologe Transplantation) oder aus dem von Spendern (allogen) entnommen", erklärt Weissinger. Nach Bedarf werden sie aufbereitet, zwischengelagert und nach einer aggressiven Therapie dem Patienten als Infusion in die Vene zurückgegeben. "Sie finden ihren Weg ins Knochenmark selbst", sagt Weissinger. Eine Operation ist bei dieser Methode nicht nötig.

Für Kinder mit Leukämie, die über keinen passenden Stammzellspender verfügen, werde es eine spezielle Form der Behandlung geben: die so genannte haploidentische Transplantation. "Wenn ein krebskrankes Kind keine Geschwißter hat oder diese nicht als Spender in Frage kommen, können auch Eltern unter bestimmen Bedingungen als Spender einspringen", erklärt Professor Schlegel. Mit einer Stammzell-Transplantation verbessern sich die Heilungschancen bei Erwachsenen mit bestimmten Leukämieformen auf 50 bis 60 Prozent. Bei Hirntumor-Patienten lägen sie um etwa 30 bis 40 Prozent höher, bei Kindern mit Leukämie sogar um etwa 60 Prozent, sagt Schlegel: "Ohne Transplantation hätten diese Kinder praktisch keine Chance zu überleben." Claudia Möbus,dpa_